TECHNISCHE ANALYSE

Abwärtspotenzial des Dax begrenzt

Von Christoph Geyer *) Börsen-Zeitung, 11.12.2019 Wie immer am Jahresende sprießen sie wie Pilze aus dem Boden. Die Prognosen für das kommende Jahr werden verteilt. Dabei kann keiner wissen, wie irgendein Markt, eine Währung oder ein Rohstoff am...

Abwärtspotenzial des Dax begrenzt

Von Christoph Geyer *)Wie immer am Jahresende sprießen sie wie Pilze aus dem Boden. Die Prognosen für das kommende Jahr werden verteilt. Dabei kann keiner wissen, wie irgendein Markt, eine Währung oder ein Rohstoff am Ende des folgenden Jahres notiert. Weder fundamental orientierte Analysten noch technische Analysten sind dazu nachhaltig in der Lage. Auch wenn der eine oder andere aus beiden Lagern dies immer wieder gerne mit seinen jeweils unumstößlichen Argumenten behauptet. Natürlich kann man Hochrechnungen zu Rate ziehen, die allerdings letztendlich auf historischen Daten beruhen. Es bleiben Erwartungshaltungen, die auf Erfahrungswerte bauen.Trotzdem kommen die Marktteilnehmer ohne diese Prognosen nicht aus, da sie eine Orientierung benötigen, um im neuen Jahr eine vermeintliche Sicherheit bei der Anlageentscheidung zu haben. Ein Mix aus fundamentaler und technischer Betrachtung hat dabei noch niemandem geschadet. Die technische Seite ist dabei sehr statistisch getrieben und hält für einen Jahresausblick auch ein interessantes Werkzeug bereit. Sehr guter Jahrgang Doch zunächst soll das abgelaufene Jahr betrachtet werden. Die Notierung des Dax konnte exakt ab dem Jahreswechsel bis in den Sommer beachtliche Kursgewinne aufweisen. Ende Juli kam es dann zum Trendbruch und der nötigen Korrekturbewegung. Seit Mitte August stand dann mit einer kleinen Unterbrechung wieder ein Aufwärtstrend auf dem Plan. Alles in allem betrachtet war das Jahr 2019 ein sehr gutes Aktienjahr für die Anleger, die auf steigende Notierungen gesetzt haben.Das war auch durchaus nach der Statistik so zu erwarten, stellen doch Jahre, die auf eine 9 enden, durchschnittlich recht gute Börsenjahre dar. Auch der Umstand, dass es sich in den USA um ein Präsidentschaftsvorwahljahr gehandelt hat, ist für das nun ablaufende Jahr ein guter Nährboden gewesen. Statistik wenig berauschendIm nun anstehenden Jahr 2020 ist die Lage nicht ganz so einfach zu beurteilen. Auf der einen Seite sind amerikanische Präsidentschaftswahljahre im Durchschnitt, zumindest bis zum September, recht gute Börsenjahre für den Dax. Betrachtet man aber die Trefferquote, so lagen lediglich vier der letzten sieben Wahljahre im Plus, und bei zwei dieser vier positiven Jahre war es gerade mal eine schwarze Null, die der Dax in diesem Zeitraum gewinnen konnte. Nur wenig verspricht die Statistik der Jahre, die auf eine Null enden. Solche Jahre sind selten besonders positive Börsenjahre. Stärkere SelektionDie reine Statistik lässt also ein eher bescheidenes Börsenjahr erwarten. Sollte man daher den Kopf in den Sand stecken und warten, bis das Jahr vorüber ist? In Zeiten von Minuszinsen ist dies sicher keine gute Wahl. Vielmehr sollte der Anleger stärker selektieren und nach individuellen Möglichkeiten der Investition Ausschau halten. Dies gilt in gleichem Maße für Einzelwerte als auch Märkte. Die technische Analyse bietet hierfür Möglichkeiten zur Entscheidungsfindung. Dabei geht es nicht um die eingangs beschriebenen Prognosen, sondern vielmehr um Signale, die die Märkte im Jahresverlauf immer wieder bereithalten. Es ist meist die Summe aus unterschiedlichen Analyseansätzen. Als Basis kann dabei die schon beschriebene Saisonalität dienen.Präsidentschaftswahljahre verlaufen bis September tendenziell (zumindest mit einem kleinen statistischen Vorteil) positiv. Entsprechend sollten in diesem Zeitraum Shortsignale mit einer gewissen Zurückhaltung betrachtet werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch das Sentiment. Wenn die Stimmung unter den Anlegern zu positiv wird und die Investitionsquote sehr hoch ist, nützt auch die beste Statistik nicht, um den Markt weiter nach oben zu treiben. Dies sind dann oft die Zeiten, in denen der Markt ein Top ausbildet. Ob es sich um ein Top handelt, zeigt die klassische Chartanalyse an. Entsprechende Formationen deuten darauf hin, ob eine Trendwende zu erwarten ist. Am besten lässt man sich dabei von Indikatoren unterstützen, die aus dem Kurs berechnet werden und als neutrale Ratgeber fungieren. Ausbruch nach untenDer Blick auf die aktuelle Lage gibt einen Eindruck, was mit Signalen im jeweiligen Marktumfeld gemeint ist. Im Bereich zwischen ca. 12 400 und 12 700 Punkten hatte sich im Jahresverlauf ein Widerstand herausgebildet, der im Oktober nach oben verlassen wurde. Dieser Ausbruch stellte ein positives Zeichen dar. Der gesamte November dieses Jahres war eine Orientierungsphase für den Index. Ein Ausbruch nach oben oder unten aus der Seitwärtsrange konnte jederzeit erfolgen. Dieser Ausbruch ist nun nach unten erfolgt. Die Indikatoren hatten dies mit Verkaufssignalen und Divergenzen und rückläufigen Umsätzen bereits angekündigt.Damit hat der Dax zunächst Abwärtspotenzial eröffnet. Allerdings sollte sich dies in Grenzen halten, da ab Mitte Dezember nach der Statistik meistens eine Jahresend-Rally einsetzt. Eine Prognose soll damit nicht verbunden sein, sondern vielmehr die Annahme, dass eine recht gute Wahrscheinlichkeit für einen positiven Jahresabschluss besteht. *) Christoph Geyer ist technischer Analyst bei der Commerzbank.