Flugzeugindustrie

Airbus kämpft mit Corona-Kursabschlag

Der von der Pandemie stark gebeutelte Airbus-Konzern ist darum bemüht, Licht am Ende des Tunnels auszumachen. Trotz der mittlerweile dritten Welle des Coronavirus bekräftigte Chief Financial Officer Dominik Asam dieser Tage im Interview der...

Airbus kämpft mit Corona-Kursabschlag

Von Stefan Kroneck, München

Der von der Pandemie stark gebeutelte Airbus-Konzern ist darum bemüht, Licht am Ende des Tunnels auszumachen. Trotz der mittlerweile dritten Welle des Coronavirus bekräftigte Chief Financial Officer Dominik Asam dieser Tage im Interview der Börsen-Zeitung, am Jahresausblick und an der mittelfristigen Prognose festzuhalten. So will die Führung des europäischen Luftfahrtkonzerns in den Jahren 2023 bis 2025 die Branchenkrise vollständig hinter sich lassen. Die abermaligen Kontakt- und Reisebeschränkungen halten den CFO nicht davon ab, für die zweite Hälfte des laufenden Jahres von einer Besserung der Lage auszugehen. Seine Erwartung basiert unter anderem auf der Hoffnung, dass die Impfkampagnen erfolgreich dazu beitragen, die Covid-19-Seuche zu bekämpfen. „Für uns gilt es, nach einem harten Jahr 2020 wieder rasch auf die Beine zu kommen“ (vgl. BZ vom 26. März).

Analysten teilen Zuversicht

Asams Zweckoptimismus für 2021 wird von der Analystengemeinde geteilt. Viele professionelle Beobachter vonseiten institutioneller Investoren halten die Vorhersage des obersten Airbus-Kassenwarts und von Konzernchef Guillaume Faury aber für zu verhalten. In Kurzstudien schreiben einige von einem „konservativen“ Ausblick fürs laufende Jahr. Dazu gehört auch das Analysehaus Independent Research, das dem Boeing-Rivalen nach einem soliden Jahresschlussquartal 2020 mehr zutraut.

In der Tat geht das Management nur davon aus, die Zahl der ausgelieferten Verkehrsflugzeuge konstant zu halten: Auf eine konkrete Prognose für die Finanzeckdaten verzichtet der Konzern. Im vergangenen Jahr brach der Absatz um mehr als ein Drittel auf 566 Einheiten ein. Zu den Optimisten unter den Bankanalysten zählt unter anderen J.P. Morgan. In ihrer jüngsten Einschätzung hält die US-Investmentbank die mittelfristige Planung von Airbus für eine sukzessive Erholung des Ergebnisses für „realistisch“. J.P. Morgan bekräftigte ihr Kursziel für die Aktie mit 120 Euro bei einer Einstufung auf „Overweight“. Die britische Investmentbank Barclays erhöhte kürzlich ihr Kursziel für den Titel von 99 auf 110 Euro – ebenfalls versehen mit der Einordnung „Overweight“. Das Verhältnis von Chancen zu Risiken bei Airbus habe sich ins Positive gedreht, begründete Barclays ihren Schritt. Die Aussichten für eine Zeit nach der Coronakrise seien besser denn je.

In Anbetracht der zügigen Kurserholung der Aktie nach dem Börsencrash im März und im April des vergangenen Jahres sowie der Fundamentaldaten des Unternehmens sind diese neuen Einschätzungen der Geldhäuser kein Wagnis. Die meisten Analysten bewegen sich in dieser Spanne. Goldman Sachs vergibt dem Papier sogar ein Kursziel von 134 Euro. Die Investmentbank aus New York empfiehlt, die Aktie zu kaufen. Um dies zu erreichen, müssten der Titel aber noch einen großen Schritt nach oben machen. Am Donnerstag notierte der Anteilschein an der Pariser Börse zeitweise mit 101,20 Euro 0,7% fester. Das Papier bewegt sich damit derzeit rund ein Viertel unterhalb des Kursziels von Goldman Sachs. Seit dem Kurseinbruch im Frühjahr 2020, als die Seuche sich weltweit verbreitete, hat sich der Wert des Papiers etwas mehr als verdoppelt. Seinerzeit war die Aktie auf zeitweise unter 50 Euro abgestürzt. Allerdings ist der Wert noch weit von seinem Niveau vor Ausbruch von Covid-19 entfernt. Im Februar vergangenen Jahres notierte die Aktie noch bei 138 Euro. Das heißt, der Titel wird am Markt wegen der weiterhin bestehenden Unsicherheit über die Entwicklung der Luftfahrtindustrie und der Airlines mit einem deutlichen Kursabschlag von 27% gehandelt.

Auf Höhe von Daimler

Andere Papiere wie etwa die von Volkswagen notierten mittlerweile weit über dem Niveau vor Ausbruch der Coronakrise. VW hat es ge­schafft, mit ihrer Elektrostrategie von Anlegern nunmehr als Volumen-Tesla wahrgenommen zu werden. Die Dieselmanipulationsaffäre der Wolfsburger ist am Markt längst Geschichte. Zum Vergleich: Der deutsche Leitindex verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Zuwachs um über 6200 Punkte oder 70% auf nunmehr rund 15200 Zähler.

Infolge der Neuordnung des deutschen Börsenbarometers gilt das MDax-Mitglied Airbus als heißer Kandidat für einen Aufstieg in den Dax im September. Mit einer Marktkapitalisierung von 79,4 Mrd. Euro liegt Airbus auf dem Niveau von Daimler und der Deutschen Telekom. Der Stuttgarter Autokonzern war einst Großaktionär der Airbus-Vorgängerholding EADS. In Bezug auf den Streubesitz (74% des Grundkapitals) beträgt der Börsenwert 59 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Boeing bringt am Markt nur noch umgerechnet 126 Mrd. Euro auf die Waage. Mit dem Absturz der Aktie hat sich der Abstand zum Wettbewerber mit Sitz in Chicago verringert. Mit 253 Dollar notiert das Papier mehr als ein Viertel unter dem Kursniveau vom Februar 2020.

Da die Führung von Airbus aufgrund der weiterhin schwierigen Situation der Airlines auf die Sicherung von Barmitteln und die Liquidität ausgerichtet ist, steht noch in den Sternen, ob 2021 der Konzern bereits in der Lage sein wird, nach Steuern wieder in die Gewinnzone zurückzukehren und eine Dividende auszuschütten. Nach zwei Jahren in Folge mit Verlusten in Milliardenhöhe setzte Airbus für 2019 und für 2020 die Dividende aus. Dadurch gingen nicht nur die institutionellen Investoren im Streubesitz leer aus, sondern auch die drei staatlichen Großaktionäre Frankreich, Deutschland und Spanien, die über einen Aktionärspakt mit zusammen 26% über eine Sperrminorität verfügen.

Kein Verwässerungseffekt

Wie CFO Asam in oben genannten Interview ausführte, ist Airbus trotz einer recht dünnen Eigenkapitaldecke nicht auf eine Kapitalerhöhung angewiesen, um das operative Geschäft im erhofften absehbaren Aufschwung zu stützen. Für die Ratingagenturen sei das kein Thema, berichtete er. Der frühere Finanzvorstand von Infineon verlässt sich auf die Liquidität von 30 Mrd. Euro, davon die Hälfte Bankenkredite. Für die Aktionäre ist das eine gute Nachricht. Denn für den Kurs und für das Ergebnis je Airbus-Aktie besteht dadurch nicht das Risiko, durch die Emission neuer Titel verwässert zu werden. Letzteres wäre ein Hindernis für eine weitere zügige Kurserholung.