Aktienerträge - eine Strategie für unsichere Zeiten
Die Schuldenkrise der Eurozone schwelt weiter; Griechenland bleibt im Rampenlicht. Heute ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass Griechenland den Euro verlassen wird als noch vor ein paar Monaten. Tatsächlich wird die Realität eines Ausstiegs Griechenlands allmählich an den Märkten für Staatsanleihen und Aktien eingepreist. Ziel ist es, einen Domino-Effekt zu vermeiden, wenn umfassende Auswirkungen eines derartigen Ausstiegs aus der Eurozone begrenzt werden sollen. Der wichtigste Aspekt sind die Meinungsumfragen in Italien und Spanien. Das beste Ergebnis wäre, wenn wir einen vollständigen Meinungsumschwung in diesen Ländern erleben würden – durch den eindeutig würde, dass sie dem Beispiel Griechenlands nicht folgen wollen. Dies würde den Bemühungen der spanischen und italienischen Regierung eine stärkere Legitimation verleihen – sie könnten weitermachen und tun, was getan werden muss. Das Umfeld für Aktienanleger dürfte somit auch in den nächsten 12 Monaten sehr schwierig bleiben. Wie wir es bereits in dieser Krise erlebt haben, werden politische Maßnahmen zweifellos die Marktstimmung günstig beeinflussen. Aber die Wirkung wird kurzlebig sein und nur ein, zwei oder drei Monate andauern. Es ist unmöglich vorherzusagen, wann diese Marktrallys auftreten oder wie umfangreich sie sein werden.Derzeit gibt es für die Aktienmärkte einfach zu viele Stolpersteine, die sie daran hindern, langfristig nennenswerte Fortschritte zu erzielen. Wir müssen verschiedene Probleme der Eurozone überstehen. Dazu gehört auch ein Entschuldungsprozess der europäischen Banken, und dies, bevor wir an die Haushaltsprobleme in den USA denken, die im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen nur verschoben wurden. Geduldige Anleger, die langfristig operieren und über die kurzfristigen Verunsicherungen hinausblicken, können allerdings noch immer Substanz in Aktien finden. Anleger müssen jedoch ihren Ansatz überprüfen, wenn sie bisher grundsätzlich auf Kursgewinne gesetzt haben. In einem Umfeld mit niedrigen Renditen und geringem Wachstum sollten Anleger auf dividendenstarke Aktien und Strategien setzen. Dabei dürfte auf die laufenden Erträge künftig ein deutlich größerer Anteil des Gesamtertrags bei Aktien entfallen. Aus der Geschichte wissen wir, dass dividendenstarke Aktien in Phasen schwachen Wachstums – genau damit haben wir es nun zu tun – tendenziell besser abschneiden als andere Vermögenswerte. In den letzten 20 Jahren haben Anleger am Aktienmarkt wegen der Kursgewinne gekauft, aber nun ist es an der Zeit, Aktien wegen ihrer laufenden Erträge zu erwerben.Im derzeitigen Umfeld, in dem die Renditen aus traditionell ertragsgenerierenden Vermögenswerten wie z.B. Staatsanleihen insbesondere bei den sichersten Emittenten stark gesunken sind, stellen dividendenstarke Aktien eine vernünftige Diversifizierung für Anleger dar, die auf laufende Erträge setzen. Die aktuellen Dividendenrenditen liegen über ihren 15-Jahres-Durchschnitten (siehe Grafik), vor allem in Europa. Dort generieren die Aktien mancher Unternehmen eine höhere Rendite als ihre Anleihen. Derzeit bieten die Sektoren Pharma, Telekom und Autos besonders attraktive Renditen.Die Attraktivität der Dividenden wird durch die robuste finanzielle Gesundheit des Unternehmenssektors noch gesteigert. Die Bilanzen sind insgesamt solide, und der freie Cash-flow in den meisten Marktsektoren lässt erkennen, dass die Dividendenrenditen durch Liquidität gut abgedeckt werden. Es besteht auch die Chance, dass Dividenden erhöht werden. Die Ausschüttungsquoten sind weltweit moderat und in den USA auf Rekordtiefs. Dennoch häufen viele Unternehmen überschüssige Liquidität an. Die jüngste Entscheidung von Apple, erstmals eine Dividende zu zahlen, ist für diejenigen Anleger eine willkommene Unterstützung, die im Teich der nun expandierenden Aktienerträge fischen.Aber es geht nicht nur um laufende Erträge. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Investments in ertrags-generierenden Aktien (und die Wiederanlage der Dividende) eine der lukrativsten Möglichkeiten darstellen, auf lange Sicht zu investieren. Dies ist dem Zinseszinseffekt der Erträge zu verdanken. Tatsächlich ist – nutzt man die Zeit als Vorteil – das Investieren in dividendenstarke Aktien eine mächtige Wachstumsstrategie. Betrachtet man die letzten 40 Jahre, so haben die derzeitigen Niveaus der Dividendenrendite in der jeweils nächsten Dekade normalerweise zweistellige Gesamterträge generiert. Die Aktien-Ertragsstrategien sind zudem defensiver als der Gesamtmarkt. Die laufenden Erträge bieten den Anlegern einen wertvollen Schutz gegen weitere Marktvolatilität auf der Kapitalseite. Auch sind die dividendenzahlenden Unternehmen häufig defensive Unternehmen hoher Qualität, mit stabiler und zuverlässiger Umsatzentwicklung, die sich tendenziell in volatilen Marktphasen gut behaupten können. Diese Unternehmen sind normalerweise große, robuste und bekannte Firmen mit starken Cash-flows, wie z.B. Unilever. Angesichts der Anfälligkeit der Märkte, die wir bereits erlebt haben, und der makroökonomischen Probleme, die noch zu überwinden sind, ist der defensive Aspekt der Anlage in Dividenden eine besonders wertvolle Eigenschaft. In den letzten Wochen sind die Anleger wohl etwas selbstgefällig geworden, was sich auch in der historisch niedrigen Vix-Volatilität zeigte. Die Geschichte lehrt, dass derartige Tiefs nicht lange anhalten. Weitere volatile Teilstrecken sind in Zukunft zu erwarten. Derartige Phasen allgemeiner Risikoscheu können für den auf Dividenden ausgerichteten Anleger häufig gute Einstiegspunkte darstellen. Aus meiner Sicht sollten die Anleger diese Phasen vorteilhaft nutzen, um konzentrierte Dividendenstrategien aufzubauen. Auch inflationsbewusste Anleger können sich mit dividendenstarken Aktienstrategien etwas Sicherheit verschaffen. Im Gegensatz zu einer Anlage in Anleihen, in der die Inflation den realen Wert der festen Zinszahlungen und den realen Wert der Anleihe schmälert, können dividendenzahlende Aktien durch die Möglichkeit der steigenden Aktienkurse die Inflation ausgleichen. Dank der Inflation können viele Unternehmen mit Preismacht bei der Lieferung von Rohstoffen oder sogar bei der Lieferung von hergestellten Produkten überproportionale Gewinnsteigerungen erzielen, die sich in ihren Aktienkursen widerspiegeln.