Anlagethema im BrennpunktGastbeitrag

Aktienmärkte: Roter Oktober, goldener Herbst?

Nach einer positiven Entwicklung in den ersten sieben Monaten des Jahres 2023 befinden sich die globalen Aktienmärkte seit Anfang August im Rückwärtsgang. Viele spricht aber für ein versöhnliches Ende des Börsenjahres.

Aktienmärkte: Roter Oktober, goldener Herbst?

Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (310)

Aktienmärkte: Roter Oktober, goldener Herbst?

Von Carsten Klude *)

Nach einer positiven Entwicklung in den ersten sieben Monaten des Jahres 2023 befinden sich die globalen Aktienmärkte seit Anfang August im Rückwärtsgang. Die Kursverluste der letzten drei Monate summieren sich für die meisten Indizes mittlerweile auf rund 10%, wobei die Rückgänge bei den Small und Mid Caps deutlich stärker ausfielen. Eine Ursache für die zuletzt schwache Börsenentwicklung ist der Krieg im Nahen Osten nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel. Die wirtschaftlichen Folgen des Konflikts sind derzeit jedoch begrenzt. Der Ölpreis hat sich trotz der Unruhen kaum bewegt, wichtige Transport- und Schifffahrtswege sind nicht blockiert und das wirtschaftliche Gewicht der Konfliktregion für die Weltwirtschaft ist gering. Solange der Iran nicht aktiv in den Konflikt involviert ist, dürften die Kapitalmärkte kaum auf neue Nachrichten aus der Region reagieren.

Wesentlich wichtiger für die Aktienmärkte sind fundamentale Einflussfaktoren, darunter vor allem Inflations- und Konjunkturdaten. Starker Gegenwind für Aktien kam zuletzt von der Zinsentwicklung. In den USA stieg die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen Ende Oktober erstmals seit 2007 wieder auf fünf Prozent, zehnjährige Bundesanleihen rentierten bei 3%. Diese Entwicklung ist vor allem auf die gebetsmühlenartigen Aussagen der amerikanischen und der europäischen Zentralbank zurückzuführen, dass die Leitzinsen noch für längere Zeit auf einem hohen Niveau bleiben müssen. Doch werden die Notenbanken ihren Worten auch Taten folgen lassen?

Da ihre Prognosen zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung zuletzt wenig treffsicher waren, bleiben Zweifel am weiteren geldpolitischen Kurs. Da die Inflationsraten sowohl in den USA als auch im Euroraum noch über der Zielmarke von 2% liegen, ist es verständlich, dass die Federal Reserve und die EZB noch nicht das Erreichen ihres Ziels verkünden konnten. In den letzten Monaten sind sie diesem Ziel aber deutlich näher gekommen. In der Eurozone ist die Gesamtinflationsrate im Oktober auf 2,9% gesunken und hat damit erstmals seit August 2021 wieder eine Zwei vor dem Komma. Ab Mitte nächsten Jahres könnte die Inflation wieder bei zwei bis zweieinhalb Prozent liegen. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch in den USA ab. So sind die Preiskomponenten der nationalen und regionalen Einkaufsmanagerindizes in den vergangenen Monaten deutlich gesunken. Sie liegen mittlerweile auf Niveaus, die in der Vergangenheit mit Inflationsraten von 2% und weniger einhergingen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass weder die Federal Reserve noch die EZB ihre Leitzinsen weiter erhöhen werden. Auch wenn beide Notenbanken derzeit betonen, dass es noch nicht an der Zeit sei, über Zinssenkungen zu sprechen, wird dieser Zeitpunkt kommen, wahrscheinlich eher früher als später. Schließlich zeigt die konjunkturelle Entwicklung im Euroraum bereits deutliche Bremsspuren mit leicht rezessivem Charakter. Die US-Konjunktur bislang robuster, aber das starke Wachstum im dritten Quartal dürfte ein positiver Ausrutscher gewesen sein, der sich nicht wiederholen wird. Damit dürfte die Geldpolitik 2024 nicht mehr Gegen-, sondern Rückenwind für die Aktien- und Rentenmärkte bringen.

Rückenwind für die Aktienmärkte kommt von den Unternehmensgewinnen. Die Berichtssaison läuft gut. Vor allem in den USA konnten erneut mehr Unternehmen als sonst die Gewinnerwartungen übertreffen. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Prognosen entgegen der sonstigen Gewohnheit im Vorfeld nicht gesenkt wurden und damit die Hürde höher lag als in den Vorquartalen. In Europa verlief die Berichtssaison dagegen wie gewohnt mit weniger positiven Überraschungen. Dennoch mussten die Gewinnerwartungen nicht nach unten korrigiert werden, so dass die Ertragsprognosen sowohl für den Dax als auch für den Euro Stoxx 50 nahezu auf Rekordniveaus liegen. Damit sind deutsche und europäische Aktien derzeit deutlich günstiger bewertet als im Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Hinzu kommt, dass die schlechte Börsenstimmung darauf hindeutet, dass die meisten verkaufswilligen Investoren ihre Bestände bereits reduziert haben. Ein weiterer Ausverkauf ist daher unwahrscheinlich. Bei besseren Nachrichten dürften hingegen Positionen wieder aufgestockt werden. Insofern spricht dies für ein versöhnliches Ende eines schwierigen Börsenjahres 2023.

*) Carsten Klude ist Chefvolkswirt von M.M.Warburg & Co.

Carsten Klude

Chefvolkswirt von M.M.Warburg & Co.