Aktionäre erwarten großen Wurf von Adidas
Von Joachim Herr, MünchenDer März 2015 wird ein ganz wichtiger Monat für Adidas. Im Kalender der Aktionäre, Analysten und Journalisten sind zwei Termine dick angestrichen: Am 5. veröffentlicht der Sportartikelhersteller seine Jahreszahlen 2014 im Detail, und 21 Tage später wird Vorstandschef Herbert Hainer die Konzernstrategie für die nächsten fünf Jahre präsentieren. Zum Ärger des Managements sind Mosaiksteinchen des Konzepts “Adidas 2020” schon vorab an die Öffentlichkeit gesickert. Das “Manager Magazin” berichtet von dem Plan, den Umsatz von zuletzt 14,8 Mrd. auf 20 Mrd. Euro im Zieljahr 2020 zu steigern. Die operative Umsatzrendite soll dann mindestens 10 % erreichen. In den ersten neun Monaten 2014 lag sie bei 8,3 %, der Wert für das gesamte Jahr wird am 5. März bekannt gegeben. Ob die Planzahlen stimmen, ist aufgrund von Andeutungen aus dem Unternehmen zu bezweifeln. Drei ProblemfelderEin Anstieg auf 20 Mrd. Euro – also um ein Drittel – oder auch auf etwas mehr in sechs Jahren erscheint allerdings realistisch. Klar ist, dass Adidas den Umsatz weiter steigern will und sich nicht mit einem Zuwachs von 2 % wie 2014 begnügt.Das bescheidene Plus und besonders die im vergangenen Sommer kräftig gestutzte Gewinnprognose haben der Aktie gehörig zugesetzt. In den fünf Jahren davor war es mit dem Kurs fast kontinuierlich nach oben gegangen. Doch aus dem Liebling wurde der Prügelknabe. Mit einem Kursverlust von mehr als einem Drittel schnitt Adidas 2014 so schlecht ab wie kein anderer Titel im Dax 30. Immerhin hat sich die Aktie an der Börse nun gefangen. Seit Jahresanfang entwickelt sich der Kurs leicht besser als der Dax.Den im Januar vorab veröffentlichten Jahresumsatz und Nettogewinn (650 Mill. Euro ohne negative Sondereffekte) nahmen Aktionäre und Analysten nach den schlechten Nachrichten in den Monaten zuvor wohlwollend auf. Allerdings hat sich zumindest an zwei der drei Problemfelder für das Unternehmen wenig geändert.Die erste Baustelle ist Russland, für Adidas der drittwichtigste Markt hinter den USA und China. Die Belastung aus den politischen Wirren und dem massiven Verfall des Rubel werde das Unternehmen im laufenden Jahr nicht ganz kompensieren können, vermutet Analyst Fred Speirs von UBS. Etwas optimistischer ist Christian Schwenkenbecher von Hauck & Aufhäuser. Er erwartet, dass Adidas im Russlandgeschäft 2015 gerade noch die Gewinnschwelle erreicht – vorausgesetzt, der Rubel-Kurs stürzt nicht weiter ab. “Die Profitabilität in der Region dürfte aber unter Druck bleiben.”Adidas musste 2014 die Geschäfts- und Firmenwerte in Russland um rund 80 Mill. Euro reduzieren, was im verkündeten Nettogewinn von 650 Mill. Euro noch nicht berücksichtigt ist. Die Expansionspläne für das riesige Land im Osten wurden mittlerweile gestutzt. Eigene Läden hat das Unternehmen geschlossen und weniger neu eröffnet. Unter dem Strich soll die Zahl im Jahr um 30 steigen und nicht wie zuvor um 100 bis 120. Gegen den Rubel-Verfall hat sich Adidas nicht abgesichert. Das Hedging wäre wegen der hohen Kosten auch unsinnig.Im Fall des wegen der Euro-Schwäche stark gewordenen US-Dollar ist das anders. Trotzdem bedeutet dieser Punkt für Adidas das zweite große Risiko. Kurzfristig treibt zwar die aktuelle europäisch-amerikanische Währungsrelation den Umsatz nach oben. Und das Unternehmen hat sich auf Sicht von 12 bis 18 Monaten gegen die Schwankungen des Dollar-Kurses abgesichert. Auf längere Dauer verteuert sich aber für Adidas der Einkauf von Material und Produkten. Denn diese stammen zum allergrößten Teil aus Asien und werden in Dollar bezahlt.Drittes Problemfeld ist die Golfsparte Taylor Made. Der notwendig gewordene Umbau verschlingt viel Geld, unter anderem wurde ein Werk in Texas geschlossen. Und die Nachfrage ist mau: In den ersten neun Monaten 2014 ist der Umsatz von Taylor Made um gut 31 % abgerutscht. Ingbert Faust, Analyst von Equinet, nimmt jedoch an, dass das Schlimmste überstanden ist und Taylor Made 2015 zu einem Umsatzwachstum und positiven Margen zurückkehrt.Abgesehen von den drei Problemfeldern gibt es für Adidas in den USA viel zu tun. Das starke Wachstum in den Schwellenländern hat Investitionen dorthin gelockt, der wichtigste Markt für Sportartikel wurde dagegen vernachlässigt. So vergrößerte sich nicht nur der Abstand zum Branchenprimus Nike in dessen Heimatmarkt und allen Regionen zusammen. In den USA ist der viel kleinere Konkurrent Under Armour an Adidas vorbeigezogen. Reebok mit TrendwendeVon den Wachstumsraten, mit denen Nike zuletzt auftrumpfte, kann Adidas derzeit nur träumen: Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2014/15 (31. Mai) legte der Umsatz des amerikanischen Konzerns um 15 % zu, der Nettogewinn schoss sogar um 23 % nach oben. Immerhin: Nach den Enttäuschungen im Jahresverlauf attestierten Analysten der WGZ Bank Adidas einen “überzeugenden Schlussspurt”. Das sei im Wesentlichen der Marke Adidas zu verdanken. Diese schaffte 2014 einen Umsatzanstieg von 11 % – nach den vorläufigen Zahlen und bereinigt um Währungseffekte. Und die Entwicklung der amerikanischen Tochtermarke Reebok sieht nach einer Trendwende aus: sieben Quartale in Folge ein Umsatzzuwachs und 2014 eine Steigerung um 5 %. Volker Bosse von der Baader Bank rechnet damit, dass Reebok – lange der Schwachpunkt im Konzern – nun eine Stütze für die Wachstumsstrategie von Adidas bleibt.Schwächen in Stärken umkehren und zudem Stärken ausbauen – im ganzen Unternehmen: Das ist nun die große Aufgabe für Vorstandschef Herbert Hainer und sein Team. Die Strategie, die am 26. März vorgestellt wird, muss klarmachen, wie das gelingen soll. Bleibt das Konzept vage, käme der Aktienkurs wohl wieder stark unter Druck.