Aktionärstreffen im Blick
Von Alex Wehnert, FrankfurtZahlreiche virtuelle Hauptversammlungen stehen in der neuen Börsenwoche im Fokus der Börsianer. Den Anfang unter den Konzernen aus der größeren Dax-Familie macht am Montag der Anlagenbauer Krones, bevor am Dienstag mit der Deutschen Börse ein Mitglied des Leitindex Dax die Aktionäre lädt. Besonderes Interesse dürfte einmal mehr die Deutsche Bank wecken: Bereits im April hatte der klagefreudige Aktionär Karl-Walter Freitag die Abberufung von Aufsichtsratschef Paul Achleitner gefordert, zuletzt sprach sich der Stimmrechtsberater Glass Lewis zumindest gegen eine Entlastung Achleitners auf der Hauptversammlung am Mittwoch aus.Indes möchte der Softwarekonzern SAP auf seinem Aktionärstreffen turbulente Zeiten abschließen: Im vergangenen Oktober hatte Vorstandschef Bill McDermott überraschend seinen Hut genommen, daraufhin folgte die Doppelspitze aus Jennifer Morgan und Christian Klein. Für Morgan war bereits im April wieder Schluss, bei den Anteilseignern sorgt der Schlingerkurs für Diskussionsbedarf. Zwar hatte die SAP-Aktie ab Mitte März zugelegt. Seit dem 20. April, an dem der Konzern die Trennung von Morgan bekanntgab, gerechnet, liegt das Papier aber mit 8,8 % im Minus.Ebenfalls am Mittwoch tagt der geldpolitische Rat der Europäischen Zentralbank, während die US-Notenbank das Protokoll ihrer geldpolitischen Sitzung vom 28./29. April veröffentlicht. Einige Beobachter warnen nach den Kursrückgängen zu Beginn der abgelaufenen Woche davor, dass die Liquiditätsflutungen durch die Notenbanken die Märkte nicht dauerhaft stützen werden. Bedenken für viertes QuartalIn diesem Umfeld stehen die weitere, schwer absehbare Entwicklung der Pandemie und deren Auswirkungen auf die Realwirtschaft besonders im Rampenlicht. Seema Shah, Chefstrategin des US-Investmenthauses Principal Global Investors, beobachtet die Divergenz zwischen den Aktienmärkten und der konjunkturellen Entwicklung jedenfalls mit Unbehagen. Es sei nicht auszuschließen, dass es eine Prognose für das vierte Quartal geben werde, in der eine zweite Welle von Arbeitsplatzverlusten und eine längere Periode von Unternehmenspleiten die Stimmung auf die Probe stelle.Aus Sicht des Vermögensverwalters Federated Hermes geht die Coronakrise derzeit in eine neue Phase über, in der nicht mehr Liquidität, sondern Solvenz der Schlüssel für die Unternehmen sein wird. “Solvenz ist in erster Linie ein Ergebnis von Bilanzstärke und der Widerstandsfähigkeit des Cash-flows – und wird sich wahrscheinlich zunächst auf den Anleihemärkten als Problem erweisen”, prognostiziert Eoin Murray, Head of Investments bei Federated Hermes. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen sowie der Private-Debt-Bereich seien betroffen. Die Zahlungsausfälle stiegen bereits jetzt und lägen derzeit bei etwa 5 % des S&P 1500. Die Rate werde voraussichtlich auf 10 bis 20 % klettern.