"Alle unsere Bonds gelten als nachhaltig"
Thierry de Longuemar, CFO der AIIB, gibt im Interview der Börsen-Zeitung einen Einblick in die Funding-Aktivitäten der Bank. Eine Emission im Euro sieht er aufgrund der Marktbedingungen zurzeit eher als unwahrscheinlich. Longuemar betont, dass alle AIIB-Bonds nachhaltig sind. Das stehe im Zusammenhang mit dem strengen ESG-Ansatz des Hauses. Herr Longuemar, Sie haben im Mai dieses Jahres den Debüt-Bond der AIIB emittiert, und zwar im Dollar. Warum erfolgte die Emission nicht im Euro oder im Renminbi?Einfach ausgedrückt ist der Dollar die Währung, in der die Rechnungslegung der gesamten AIIB erfolgt. Zudem ist der Dollar auch die Währung, in der das gesamte operative Geschäft der Bank abgewickelt wird. Das ist eine Begründung für den Bond-Auftritt in der US-Devise. Der zweite Grund ist, dass es uns darum ging, die AIIB in einem Bondmarkt mit einer sehr breiten Investorenbasis zu etablieren und das in einem globalen Format. Der Dollar ist nun mal eine der wenigen wahren globalen Währungen. Aus diesen Gründen fiel die Wahl auf diese Währung für die Emission unserer ersten Anleihe. Ich möchte ergänzen, dass der Großteil der Finanzierungsanfragen, die wir bisher von unseren Kunden bekommen haben, momentan auf Dollar lauten. In Verbindung mit den Operationen unserer Bank ist der Dollar insofern bis jetzt die dominierende Währung bei der AIIB. Welche Investorentypen waren bei dem Debüt-Deal involviert?Es waren verschiedene Kategorien von Investoren mit dabei. Zu den Hauptinvestoren in dem Bond gehörten etwa Zentralbanken und multilaterale Institutionen wie Förderbanken. Des Weiteren waren Banken, Assetmanagers und Pensionsfonds bedeutende Käufer unseres ersten Bonds. Aus welchen Regionen kamen die Investoren weltweit betrachtet?49 % der Investoren des Debüt-Deals kamen aus dem Raum Asien. Für rund 35 % der Orders zeichnete die Region Europa, Naher Osten sowie Afrika verantwortlich. 16 % kam aus dem Raum Nordamerika. Ist die AIIB ein aktiver Emittent in anderen Lokalwährungsbondmärkten des asiatisch-pazifischen Raumes?Derzeit noch nicht. Der Dollar-Bond war bekanntlich unsere erste Transaktion in den internationalen Kapitalmärkten überhaupt. Wir beabsichtigen, auch in anderen Märkten aktiv zu werden, um den Namen AIIB auch in diesen Segmenten weltweit bei anderen Investoren zu etablieren. Das beinhaltet auch einige lokale Bondmärkte. Aber das beinhaltet auch einige andere globale Märkte wie etwa den australischen Dollar- oder den Renminbi-Markt. Es gibt durchaus einige Währungen, in denen wir beabsichtigen aktiv zu werden. Aber das ist eine Reise, die durchaus ein paar Jahre in Anspruch nehmen wird. Können Sie etwas über Ihren Fokus in bestimmten asiatischen Währungen sagen?Der Fokus ist ganz klar nachfragegetrieben. Das hängt davon ab, welche Finanzierungen in bestimmten Währungen unsere Kunden benötigen. Wir haben ein Pilotprogramm. Dabei geht es um fünf Währungen, und die sind die indische Rupie, die indonesische Rupiah, der thailändische Baht, der russische Rubel und die türkische Lira. Das ist aber wie gesagt noch im Status des Pilotprogramms. Wir werden in diesen Märkten in diesem Jahr und im kommenden Jahr aktiv sein, aber wir werden uns auch noch andere Märkte ansehen. Wenn wir dort Nachfrage ausmachen können und wir deshalb dort aktiv werden könnten, dann kann es durchaus sein, dass wir in die genannten fünf Währungen aber auch noch andere Währungen gehen. Sie sprechen auch andere Währungen an. Können Sie sich Bonds im Euro vorstellen?Dazu möchte ich zwei Dinge sagen. Wir benötigen in erster Linie Mittel im Dollar. Darüber hinaus streben wir verständlicherweise niedrige Refinanzierungskosten für die AIIB an. Gegenwärtig im Euro zu emittieren und die Gelder dann in Dollar zu swappen, ist nicht kosteneffizient. Im Euro-Bondmarkt aktiv zu werden, um darüber die Investorenbasis für die AIIB zu verbreitern, trägt verständlicherweise zu einer Diversifikation der Investoren der AIIB bei, aber hat für uns eben auch keine Kostenvorteile. Und später?Wir könnten zu einem späteren Zeitpunkt einmal auf dem Euro-Bondmarkt mit Emissionen aktiv werden, wenn es einmal Nachfrage für Euro-denominierte Finanzierungen von Infrastrukturprojekten geben sollte. Aber das ist im asiatischen Raum praktisch nicht der Fall. Das könnte einmal passieren, wenn wir Projekte in Nordafrika und in Westafrika finanzieren. Dort gibt es Nachfrage für in Euro denominierte Infrastrukturfinanzierungen. Momentan ist es für uns einfach günstiger, in Dollar zu emittieren und dann die Gelder in Euro zu swappen als eine Emission im Euro vorzunehmen. Eine Euro-Emission ist also nicht absehbar?Sie ist unwahrscheinlich. Wenn sich die Bedingungen an den Märkten wie den Swapmärkten ändern sollten, dann werden wir uns eine Euro-Emission sicher noch einmal ansehen. Wollen Sie auch im kurzfristigen Laufzeitenbereich, also bei den Geldmarktpapieren, aktiv werden und sich dort einen Markt aufbauen?Wir haben eine Plattform vorbereitet für die Emission von Euro Commercial Paper – ECP. Diese Instrumente sollen dem Treasury der AIIB im Management der Gelder zu mehr Flexibilität verhelfen. Sie dienen nicht dazu, als eine Art Ergänzung für die langfristigen Finanzierungsaktivitäten der Bank zu fungieren. Wir haben diese Instrumente für die Bank implementiert, um ein gutes und reibungslos funktionierendes Treasury der AIIB einzurichten. Als AIIB sind Sie als eine sehr grüne Institution ausgerichtet. Planen Sie auch grüne und nachhaltige Anleihen zu emittieren?Wir haben einen anderen Ansatz, was Nachhaltigkeit betrifft. Der Ansatz basiert auf dem Prinzip, dass alle Finanzierungen der AIIB mit dem strengen ESG-Ansatz unseres Hauses konform sein müssen. Bei anderen Emittenten gibt es einen Top-Down-Approach, und sie versehen dann am Ende ihre Emissionen mit einem bestimmten grünen oder nachhaltigen Zertifikat. Wir sagen Investoren, dass alle Erlöse aus Anleihen in Projekte fließen, die sich als grün beziehungsweise nachhaltig qualifizieren. Wir brauchen deshalb kein bestimmtes grünes oder nachhaltige Label, das genau diese Aspekte dann ausweist. Es liegt bei den Investoren, zu entscheiden, ob unsere Politik und Ausrichtung, die ja öffentlich bekannt ist, mit ihren eigenen internen Kriterien hierzu konform ist. Die Entscheidung liegt dann also bei den Investoren?Ja, die Investoren müssen dann entscheiden, ob sie unsere Bonds ihren Green-Bond-Portfolios zuordnen oder eben nicht. Unser Debüt-Bond hat eine klare Dokumentation dafür, wie die Anleiheerlöse verwandt werden. Wir werden bei der AIIB also nicht unterschiedliche Kategorien von Anleihen bekommen. Alle unsere Bonds gelten damit als nachhaltig beziehungsweise sind konform mit der ESG-Ausrichtung der AIIB. Das ist ein neuer Ansatz. Ich möchte ergänzen, dass es eine Reihe anderer Institutionen gibt, die nicht so verfahren können. Der Grund liegt daran, dass sie Alt-Portfolios haben, die diesen Kriterien nicht entsprechen. Sie haben zum Beispiel Finanzierungsprojekte, die man als “braun” bezeichnen muss. Oder es sind andere Aspekte, die eben nicht als nachhaltig eingestuft werden können wie die Unterstützung eines bestimmten Budgets oder Finanzierungen der Politik eines Landes. So etwas macht die AIIB nicht. Deshalb ist unser Ansatz anders. Luxemburg hat ein grünes Covered-Bond-Gesetz geschaffen. Können Sie sich vorstellen, auf dieser Grundlage zu emittieren und damit den Markt auch weiter voranzubringen?Nicht wirklich, denn es ist nicht unsere Aufgabe, in einzelnen Ländern bestimmte Märkte voranzubringen. Außerdem werden wir unsere Anleihe ja nicht mit einem grünen Label versehen. Das bedeutet dann ja auch, dass unsere Bonds nicht in diesem speziellen Segment wie der grünen Börse in Luxemburg gelistet werden können. Wir haben insgesamt nicht die Absicht, in diesem speziellen Marktsegment in Luxemburg zu partizipieren. Wir begrüßen diese Entwicklung aber sehr. Wir haben aber wie dargelegt einen anderen Ansatz, was das Labelling oder eben das Nicht-Labelling unserer Bonds betrifft. Ist Ihr erster AIIB-Bond in Luxemburg gelistet?Nein, er ist in London an der LSE gelistet. Planen Sie Listings in Luxemburg?Wir sind dabei, ein EMTN-Programm aufzulegen. Und das wird dann in Luxemburg gelistet sein. Das wird hoffentlich bis Ende kommenden Jahres realisiert sein. Als grüne Institution haben Sie einen langfristigen Fokus. In welchen Laufzeitenkategorien wollen sie als Emittent aktiv sein. Mit anderen Worten: Was wird die längste Bond-Laufzeit aus Ihrem Hause sein, auf die sich die Investoren einstellen können?Wir müssen immer abwägen zwischen den Anforderungen auf der Investorenseite und der angestrebten Kosteneffizienz. Die durchschnittliche Laufzeit von vergleichbaren Emittenten liegt bei vier oder fünf Jahren. Wir wollen uns von diesem Punkt ebenfalls nicht so weit weg bewegen, denn wir wissen, dass in diesem Laufzeitenbereich die geringsten Refinanzierungskosten liegen, die wir erreichen können. Es mag immer mal wieder Fälle geben, und die treten dann in bestimmten Märkten auf wie etwa dem Austral-Dollar-Markt, in denen die Kosteneffizienz in längeren Laufzeiten realisiert werden kann, so zum Beispiel in zehnjährigen Laufzeiten. Aber wenn man sich die Praxis der Emissionstätigkeit von supranationalen Adressen ansieht, dann emittieren viele oftmals nicht jenseits der Marke von zehn Jahren. Der Grund ist die Kosteneffizienz?Ja, der Grund ist die Kosteneffizienz. Denn es ist immer zu berücksichtigen, dass wir die Finanzierungen und damit die Finanzierungskosten an unsere Kunden selbst wiederum weiterreichen. Und unsere Kunden sollen ja gerade von den geringsten Refinanzierungskosten profitieren. Deshalb schrecken wir geradezu vor diesen sehr langen Laufzeiten von 30, 40 oder noch mehr Jahren zurück. In diesen Laufzeitenspektren werden wir nicht vertreten sein, weil die Kosten schlichtweg zu hoch sind. Planen Sie nur öffentliche Benchmark-Deals, oder können Sie sich auch kleinere Volumina vorstellen, die via Private Placements kommen?Das ist Teil unserer Bestrebungen, die mittels des EMTN-Programmes realisiert werden sollen. Das EMTN-Programm soll der Bank ermöglichen, auch Private Placements durchzuführen. Damit wollen wir einen bestimmten Bedarf bei den Investoren abdecken. Das können bestimmte Währungen oder Produktstrukturen sein. Das werden wir also selbstverständlich machen. Denn es erlaubt uns, die Kosten der Refinanzierung der Bank zu reduzieren. Das ist ein positiver Effekt, den wir uns von Private Placements versprechen. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Verbreiterung der Investorenbasis, denn manche Investoren sind sehr an maßgeschneiderten Lösungen interessiert. Wir stellen da einen klaren Match auch zu ihren Bedürfnissen her. Haben Sie auch die deutschen Namensschuldverschreibungen im Blick?Der Punkt ist hierbei, dass die Papiere in Euro denominiert sind. Wenn wir beim Swappen in Dollar feststellen, dass es einen positiven Effekt für die Refinanzierungskosten der AIIB hat, dann werden wir so ein Produkt im Funding sicherlich einsetzen. Wenn wir diesen Vorteil nicht erzielen, dann werden wir auch das Produkt nicht nutzen. Triebfeder sind also letzten Endes immer die erzielbaren Refinanzierungskosten, und zwar in unserer Hauptwährung US-Dollar. Die Fed ist in den Zinssenkungsmodus übergegangen, und an den Märkten stellen sich viele auf weitere Quantitative-Easing-Runden der großen Zentralbanken ein. Damit wird auch die Jagd der Anleger nach Rendite anhalten. Sehen Sie darin einen positiven Effekt für Ihre Bonds?Der Effekt ist für uns neutral. Das Pricing unserer Bonds erfolgt im Vergleich zu den US-Staatsanleihen. Die Renditen der US-Treasuries könnten in diesem Umfeld vielleicht heruntergehen. Das ist nicht unbedingt sicher. Wir bieten einen leichten Pick-up gegenüber den US-Treasuries. Unser Debüt-Bond lieferte einen Pick-up von knapp 10 Basispunkten gegenüber der fünfjährigen US-Staatsanleihe. Die Zinsen unserer Anleihen folgen dem Trend der US-Treasuries. Das hat keinen direkten Einfluss auf die Nachfrage nach unseren Bonds. Den Einfluss der Politik der Zentralbank auf unsere Bonds und damit auf unser Funding erachte ich deshalb als sehr begrenzt. Das Interview führte Kai Johannsen.