Im GesprächLuke Barrs, Goldman Sachs Asset Management

„Jetzt am US-Aktienmarkt breiter aufstellen und auch in Small Caps investieren“

Big Tech entwickelt sich sehr stark. Trotzdem sollten sich Investoren jetzt am US-Markt breiter aufstellen, sagt Luke Barrs von Goldman Sachs Asset Management. Denn die Bewertungsdifferenz im Vergleich zu Small Caps habe historische Ausmaße erreicht. Global gefällt dem Profi vor allem der indische Aktienmarkt.

„Jetzt am US-Aktienmarkt breiter aufstellen und auch in Small Caps investieren“

Im Gespräch: Luke Barrs

„Jetzt am US-Aktienmarkt breiter aufstellen“

Goldman-Sachs-Portfoliomanager stellt historisch hohe Bewertungsdifferenz des Gesamtmarkts im Vergleich zu Small Caps heraus

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Die Aufwärtsbewegung des Technologiesektors in diesem Jahr ist gut fundiert, davon sind die Analysten von Goldman Sachs Asset Management (AM) überzeugt. „Big Tech entwickelt sich insgesamt sehr stark, die großen Tech-Unternehmen generieren sehr viel Cash und zeigen ein starkes Wachstum“, sagt Luke Barrs, Global Head of Fundamental Client Portfolio Management bei Goldman Sachs AM, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung in Frankfurt. „Die Situation ist daher eine völlig andere als bei der Dotcom-Blase Anfang des Jahrtausends, als manche Werte nicht profitabel waren oder dreistellige Multiples aufgewiesen haben.“

Insofern rät Barrs Investoren jetzt auch nicht, sich jetzt komplett vom Tech-Sektor zu verabschieden. „Die Kurse der Big-Tech-Aktien könnten vielleicht eine Pause nach dem starken Anstieg einlegen, vielleicht sehen wir auch eine gewisse Konsolidierung, doch langfristig dürfte sich die Aufwärtsbewegung von Tech fortsetzen“, erläutert Barrs. „Was wir allerdings sehen, ist eine Differenzierung bei den Einzelwerten im Tech-Bereich. Wir haben bei einzelnen Titeln unterschiedliche Herausforderungen. Das ist gerade die Aufgabe, die wirklich guten Stories zu finden.“

Katalysator Zinssenkung

Doch sollten Investoren nach Ansicht des Goldman-AM-Experten auch auf die Bewertungen der einzelnen Segmente am Aktienmarkt schauen. „Am US-Aktienmarkt besteht aktuell eine signifikante Bewertungsdifferenz zwischen Small-Caps-Aktien und dem Gesamtmarkt inklusive Tech“, erklärt Barrs. „Diese Differenz hat inzwischen historische Ausmaße erreicht.“ Vor diesem Hintergrund rät Goldman Sachs AM Anlegern jetzt, nicht allein in Tech zu investieren. Barrs wörtlich: „Wir empfehlen daher Investoren, sich jetzt am US-Aktienmarkt breiter aufzustellen und auch in Small Caps zu investieren.“

Allerdings haben im laufenden Jahr vor allem die Aktien der Technologiewerte zugelegt, während der breite Markt eher zurückgeblieben ist. Das könnte sich jetzt aber ändern. Einen Auslöser dafür sieht Barrs in der Geldpolitik. „Ein Katalysator für die Normalisierung der Bewertungsdifferenzen dürften die erwarteten Zinssenkungen der Fed sein“, erläutert der Aktienexperte.„Historisch betrachtet haben Small Caps immer schon besonders stark von Zinssenkungen der Fed profitiert.“

Auch im Technologiesektor gelte es genau hinzuschauen. „Für die Bewertungen der Tech-Aktien erwarten wir eine stufenweise Normalisierung.“

Wahl erhöht Vola

Die Präsidentschaftswahl in den USA sehe derzeit nach einem engen Rennen aus.„Die US-Wahl könnte im Vorfeld zu einer höheren Volatilität führen“, meint Barrs. „Dagegen hilft eine breite Diversifikation des Portfolios.“ Die Frage sei, warum man sich jetzt im Vorfeld auf einen bestimmten Politiker konzentrieren soll. Besser sei es darauf zu schauen, welche Aktien unter einem neuen US-Präsidenten (oder Präsidentin) profitieren dürften, unabhängig davon, wer dann letztendlich die Wahl gewinne. So gebe es den Trend der Repatriierung des verarbeitenden Gewerbes in den USA, der für beide Kandidaten gelte. Unternehmen, die davon profitierten, würden interessanter. Auch etliche US-Small-Caps würden von dieser Entwicklung profitieren.

Gelegenheiten in China

Von der Bewertung her seien aber nicht allein amerikanische Small Caps interessant. Auch in China habe eine Bodenbildung eingesetzt und die Bewertungen in China seien zum Teil inzwischen niedrig. „Am chinesischen Aktienmarkt sehen wir inzwischen wieder Gelegenheiten“, erklärt Barrs. „Ausgewählte chinesische Aktien stufen wir wieder als attraktiv ein.“

Insgesamt seien die Schwellenländer auf der Aktienseite wieder attraktiv. „Besonders gefällt uns Indien“, sagt der Goldman-AM-Experte. „Denn die indische Wirtschaft dürfte in den kommenden Jahren mit einer jungen und wachsenden Bevölkerung kräftig wachsen.“ Indische Aktien würden vielleicht von den Multiples her nicht günstig erscheinen, doch gelte es dabei eben stets auch das Wachstumspotenzial der indischen Wirtschaft für die kommenden Jahre und die stark wachsende Bevölkerung in Indien zu berücksichtigen.

Hohe Korrelation

Deutsche Aktien seien vergleichsweise niedrig bewertet. Doch stelle sich stets die Frage, ob es einen Auslöser, einen Katalysator für eine Höherbewertung gebe. Abgesehen von der Verlangsamung der inländischen Investitionen sei ein Teil der Wachstumsschwäche in Deutschland darauf zurückzuführen, dass die deutsche Wirtschaft tendenziell eine hohe Korrelation mit der chinesischen Wirtschaft aufweise. Diese beruhe sowohl auf dem Wachstum der Exporte als auch auf der anhaltenden Verlangsamung der Nachfrage Chinas nach deutschen Gütern.

Die Sektoren Automobile, Chemie und Industrie seien die Hautopfer der Chinaschwäche und des schwachen Wachstums in Deutschland selbst. Dies sollte sich nach Ansicht Barrs aber verbessern, sobald wir eine gewisse Verbesserung in China sehen würden, die bisher aber nicht sehr überzeugend gewesen sei. Eine andere Lösung, um das BIP etwas anzukurbeln, könnte laut Barrs eine fiskalische Lockerung sein, da das niedrige Haushaltsdefizit weiterhin einen Puffer biete.

Small Caps übergewichtet

Der deutsche und der europäische Aktienmarkt gehören allerdings derzeit nicht zu den Favoriten von Goldman Sachs AM. „In einem weltweiten Portfolio gewichten wir derzeit Small Caps, US-Aktien, Japan und Emerging Markets wie insbesondere Indien über“, erklärt Barrs „Der europäische und der deutsche Aktienmarkt sind zwar von der Bewertung her attraktiv. Doch müssten wir, wenn wir diese Märkte übergewichten wollten, Katalysatoren für eine Höherbewertung finden.“

Big Tech entwickelt sich sehr stark. Trotzdem sollten sich Investoren jetzt am US-Markt breiter aufstellen, sagt Luke Barrs von Goldman Sachs Asset Management. Denn die Bewertungsdifferenz im Vergleich zu Small Caps habe historische Ausmaße erreicht. Global gefällt dem Profi vor allem der indische Aktienmarkt.

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