Analysten erwarten Erholung des Dax

Experten prognostizieren den Index zum Jahresschluss durchschnittlich mit 11 300 Zählern

Analysten erwarten Erholung des Dax

Behalten die Analysten recht, bieten sich den Anlegern auf den aktuell gedrückten Kursniveaus günstige Einstiegsgelegenheiten. Denn sie glauben, dass der derzeitige Rückschlag des Dax nicht allzu lange anhalten wird. Zum Jahresschluss wird der Index im Durchschnitt bei 11 300 Punkten erwartet.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtSeit die Notenbanken auf historisch bislang einmalige Weise weltweit eine extrem lockere Geldpolitik fahren, hat sich an den Aktienmärkten ein widersprüchlicher Reflex eingespielt. Enttäuschende Konjunkturdaten lösen starke Kursanstiege aus, weil die Marktteilnehmer daraus den Schluss ziehen, dass die Aktienmärkte weiterhin von Liquidität und niedrigen Zinsen aufgebläht würden. Robuste Wirtschaftsdaten lösen dagegen gelegentlich Unruhe aus, weil sie Befürchtungen schürten, dass die schöne Party bald enden könnte. Die eigentliche Basis für Aktien – Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinne – hatten eine untergeordnete Bedeutung. In der zurückliegenden Woche war das Marktverhalten jedoch anders. Nachdem die US-Notenbank Fed erklärt hatte, dass sie die erste Leitzinserhöhung seit dem Jahr 2006 weiter hinausschiebt, sackten die Kurse ab. Fed gießt Öl ins FeuerAus zwei Gründen blieb die gewohnte reflexartig positive Reaktion aus. Zum einen bleibt den Märkten die Unsicherheit über den Zeitpunkt des Lift-off erhalten, zum anderen – und das war gravierender – begründete die Fed ihr Zögern mit den Börsenturbulenzen in China sowie der Wachstumsabschwächung in den Schwellenländern insgesamt. Damit goss sie Öl ins Feuer, weil ebendiese Faktoren die Marktteilnehmer schon seit Monaten um das Wachstum der Weltwirtschaft und der Unternehmensgewinne bangen lassen. Weltweites SchlusslichtVor allem der Dax leidet unter den seit dem Sommer anhaltenden Turbulenzen. Unter sämtlichen führenden Indizes der Welt hat er mit einem Minus seit Ende Juli von 15,4 % die schwächste Performance erzielt, wobei er in dieser Woche durch den Absturz der VW-Aktie zusätzlich gelitten hat. Analysten glauben jedoch, dass der Aktienmarkt in absehbarer Zeit seine Schwäche überwinden und der Dax sich wieder über der Schwelle von 10 000 Punkten festsetzen wird. Zum Jahresende wird der Index, am Dienstag bei 9 571 Zählern schloss, durchschnittlich mit 11 300 Zählern prognostiziert. Das würde bedeuten, dass die aktuelle Schwäche eine gute Einstiegsgelegenheit bietet.Die Commerzbank spricht von einer enttäuschenden Reaktion des Markts auf die eigentlich für den Aktienmarkt positive Verzögerung der Leitzinserhöhung. Trotz des monetären Rückenwinds – das Institut erwartet aufgrund der sinkenden Inflation und Inflationserwartungen weitere Lockerungsmaßnahmen der EZB und der chinesischen Zentralbank – fokussierten sich die Anleger auf die Sorgen der Fed über China und die Schwellenländer. In den USA hätten Fedex, Oracle und Adobe enttäuschende Ergebnis-Updates herausgegeben, was möglicherweise eine Blaupause für die bevorstehende Berichtssaison für das dritte Quartal sei. Die Erwartungen für das Wachstum der Ergebnisse je Aktie der S & P-500-Unternehmen seien von 11,6 % vor einem Jahr auf 1,2 % gefallen. Die Commerzbank befürchtet, dass es negativ werden könnte. JahresendrallyDas Institut glaubt, dass es in den kommenden Wochen mit Hilfe des Rückenwinds der Notenbanken zu einer Bodenbildung des Dax um 10 000 Punkte kommen wird. “Allerdings sollte die Volatilität bis Oktober / November hoch bleiben, weil viele Unternehmen wahrscheinlich wenig berauschende Ergebnisse vorlegen werden”. Anschließend erwartet die Bank eine Jahresendrally, getragen von einem robust bleibenden Wachstum im Euroraum und den USA und sich verbessernder Wachstumstrends in China. Zum Jahresende erwartet die Bank den Dax bei 11 800 Punkten.”Auch nach dem US-Zinsentscheid dürfte das Geschehen angesichts der China-Turbulenzen weiterhin von Anspannung und Nervosität geprägt sein”, so die Landesbank Baden-Württemberg. Insgesamt sollte das Schlimmste jedoch hinter uns liegen und der Markt nach und nach an Stabilität gewinnen”. Dafür spreche vor allem, dass das fundamentale Umfeld trotz der Schwäche in China und anderen Emerging Marktes nicht so stark gestört scheine, wie es das momentane Kursniveau suggeriert. Dazu werde wahrscheinlich auch das Liquiditätsargument wieder greifen. Schließlich gebe es nach wie vor kaum attraktive Anlagealternativen. Und nicht zuletzt deuteten saisonale Aspekte auf einen besseren Herbst hin, denn die drei letzten Kalendermonate gälten als performancestark. “Positives Signal””Trotz der jüngsten Kursverluste gehen wir davon aus, dass der Dax bis zum Jahresende wieder ein Niveau von 11 000 Punkten erreichen kann”, sagte Carsten Klude, Chefvolkswirt von M. M. Warburg, der Börsen-Zeitung. “Die Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen nicht zu erhöhen, halten wir für ein positives Signal, weil die geldpolitische Wende in den USA somit noch später und moderater ausfallen wird als erwartet.” Entscheidend für die Aktienmarktperspektiven sei aber vor allem die Frage, ob sich Anleger auf die nächste Rezession einstellen müssen. Unstrittig sei die Tatsache, dass sich das Wirtschaftswachstum in China deutlich abkühlt. Davon besonders tangiert seien die asiatischen Nachbarländer, aber auch Rohstoffexporteure wie Russland, Brasilien oder Südafrika. In den Kursen enthalten”Dennoch gehen wir davon aus, dass sich das moderate Wachstum der Weltwirtschaft fortsetzen wird, da die Konjunkturlage in den USA und in der Eurozone stabil ist. Auch wenn die deutschen Unternehmen unter der Nachfrageschwäche der Schwellenländer leiden, gleichen dies bessere Geschäfte mit den USA, UK und den Ländern der Eurozone mehr als aus. Die Dax-Gewinne werden 2016 zwar weniger stark ansteigen als bislang erwartet, dieser Effekt sollte aber weitgehend in den Kursen enthalten sein, wie die deutlich gesunkene Bewertung des Dax signalisiert.”Eher skeptisch ist die Helaba, was die Folgen einer ersten Leitzinserhöhung betrifft. Allerdings erwartet auch dieses Haus den Index im Verlauf des vierten Quartals mit 10 700 Punkten auf einem deutlich höheren Niveau. Verglichen mit früheren Zinszyklen erfolge eine mögliche Leitzinserhöhung diesmal extrem spät. In der Vergangenheit habe die US-Notenbank im Durchschnitt 15 Monate nach dem Konjunkturtief bzw. 20 Monate nach dem Tief am Aktienmarkt die Zinsen erhöht. Diesmal seien seit dem offiziellen Konjunkturtief im Juni 2009 bzw. dem Tief des S & P 500 im März 2009 schon 75 Monate bzw. 78 Monate vergangen. “Dies spricht eher dafür, dass Aktien steigende Zinsen nicht so leicht wegstecken würden.” BewertungskontraktionAls problematisch bewertet die Bank die Aussichten der US-Unternehmensgewinne. Betrachte man die derzeitige Bewertungssituation des S & P 500, zeige sich, dass durch die jüngste Korrektur zwar die akute Überbewertung abgebaut wurde. Das KGV auf Basis der Konsensgewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate bewege sich allerdings noch immer am oberen Rand des Normalbandes der vergangenen zehn Jahre. Aktien seien damit eher teuer. Dies und das typische Muster im Zinszyklus spreche für eine weitere Bewertungskontraktion. “Aus fundamentaler Sicht ließe sich somit nur dann Kurspotenzial für Aktien ableiten, wenn Unternehmensgewinne künftig stärker stiegen, als sich das KGV reduziert.” Der Gewinnzyklus für die im S & P 500 enthaltenen Unternehmen habe inzwischen allerdings sichtbar an Dynamik verloren. Nach dem steilen Anstieg von 2009 bis 2011 und den erkennbar moderateren Zuwächsen von 2012 bis 2014 seien die Gewinnerwartungen inzwischen auf einen Seitwärtskurs eingeschwenkt. Es sei nicht verwunderlich, dass Aktien auf den Beschluss, die Zinsen unverändert zu lassen, nicht mit einem Kurssprung reagiert haben. Sofern die US-Notenbank in diesem Zyklus nicht gänzlich auf Leitzinserhöhungen verzichte, würden Aktien im Vorfeld der nächsten FOMC-Sitzungen wieder in den Sog der Zinsdiskussion geraten. Potenzial überdurchschnittlich”Mit unveränderten Leitzinsen hat die Fed eine richtige Entscheidung getroffen, obwohl der Schwenk vom wichtigsten Einflussfaktor Arbeitsmarkt hin zu den internationalen wirtschaftlichen Entwicklungen erstaunlich und ungewöhnlich ist”, so die WGZ Bank. Nichtsdestotrotz werde hier der globalen Verwobenheit der US-Wirtschaft Rechnung getragen, und das sei bei dem sich abschwächenden weltweiten Wachstum uneingeschränkt positiv zu werten. “Daher sollten die Aktienmärkte spätestens mittelfristig freundlich reagieren und ein wenig Volatilität abbauen, größere Probleme mit Wechselkursverwerfungen und beim Schuldendienst sind vorerst weniger wahrscheinlich. Auch wenn in Euroland in den nächsten Wochen und Monaten einige Wahlen anstehen (Griechenland, Katalonien, Spanien, Portugal) sind diese nicht mehr so belastend wie in Vormonaten befürchtet.” Das Institut glaubt, dass der Dax auf Jahressicht überdurchschnittliches Kurspotenzial hat und verweist auf die Bewertungen, darunter das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Konsensschätzungen für 2016 von 11,8.