Analysten zweifeln am Opec-Deal

Offizielle des Kartells sprechen gar von einer "Farce" - Brent-Ölpreis legt weiter zu

Analysten zweifeln am Opec-Deal

Analysten bezweifeln, ob sich die von der Opec beschlossene Produktionskürzung in der Realität umsetzen lässt. Sie glauben, dass die demonstrierte Eintracht der Öl produzierenden Länder nicht lange hält.ku Frankfurt – Nach dem starken Preisanstieg bei Rohöl am Mittwochabend infolge der unerwarteten Einigung der Mitglieder der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) auf eine Kürzung der Produktion hat der Preis der Nordseesorte Brent Crude am Donnerstag sein erhöhtes Niveau verteidigen können. Am Abend war die Sorte für 49,44 Dollar je Barrel zu haben (+1,6 %), nachdem sie am Morgen bis auf 49,09 Dollar gestiegen waren. Händler werteten die Tatsache, dass es nicht zu Gewinnmitnahmen gekommen ist, als ein Zeichen dafür, dass der Ölpreis auch in den nächsten Tagen fest bleiben könnte.Die Opec hat sich im Rahmen einer Konferenz in Algier am Mittwochabend darauf geeinigt, ihre Produktion auf ein Niveau zwischen 32,5 Mill. Barrel pro Tag (bpd) und 33 Mill. bpd zu begrenzen. Aktuell fördert das Kartell 33,24 Mill. bpd. Insofern würde die Entscheidung auf eine Kürzung zwischen 240 000 bpd und ungefähr 750 000 bpd hinauslaufen. Allerdings sollen die Details erst im Rahmen des nächsten regulären Opec-Treffens im November festgelegt werden. Dies schafft nach Ansicht von Marktbeobachtern Unsicherheit, weil nicht klar ist, ob die unerwartete Eintracht der Opec-Mitglieder so lange hält.Die Vereinbarung ermöglicht hat Kompromissbereitschaft auf Seiten der beiden Kontrahenten Saudi-Arabien und Iran. Beide Länder akzeptieren offenbar eine Kürzung ihrer Fördermenge. Dies hatte kaum jemand erwartet, weil der Iran mit der Forderung in die Verhandlungen gegangen war, die Produktionsmenge von derzeit 3,6 Mill. bpd auf 4,2 Mill. bpd erhöhen zu wollen. Diese Ausweitung würde unweigerlich auf Kosten des Opec-Schwergewichts Saudi-Arabien erfolgen, das Marktanteile einbüßen würde. Während nun aber der saudi-arabische Ölminister Khalid al-Falih und sein iranischer Kollege Bijan Zanganeh aufeinander zugegangen sind, tun sich an anderer Stelle Probleme auf. So zeigt sich der neue irakische Ölminister Jabar Ali al-Luaibi mit der Übereinkunft nicht zufrieden. Al-Luaibi soll dem Vernehmen nach in der Konferenz heftig protestiert haben, die Organisation würde die aktuelle irakische Produktionsmenge deutlich zu niedrig ansetzen. Insofern sei er nicht mit der neuen Obergrenze einverstanden.Der neue Dissens weckt Zweifel daran, ob der Beschluss bis zu seiner Finalisierung im November hält. Der Irak ist derzeit der zweitgrößte Produzent innerhalb der Opec mit einer Produktionsmenge von 4,7 Mill. bpd. Die irakische Regierung soll eine Ausweitung bis auf 5 Mill. bpd verlangt haben. In diesem Zusammenhang sollen Opec-Offizielle den gesamten Deal als eine “Farce” bezeichnet haben, berichtet Reuters.Derzeit sind noch viele Fragen in Zusammenhang mit der Absprache ungeklärt. So hat sich das Kartell noch nicht auf eine Verteilung der Quoten auf die einzelnen Länder geeinigt und auch die Frage, ob und wie die Einhaltung überwacht und sanktioniert werden kann, wurde noch nicht geregelt. Ein extra zu bildender Ausschuss soll die Details und Quoten für die einzelnen Länder klären und vorschlagen. “Akt der Verzweiflung”Die meisten Rohstoffanalysten zeigten sich daher am Donnerstag skeptisch, ob der Deal hält und Wirkung auf das Preisniveau zeigen wird. Die Experten der Commerzbank sehen in der Einigung “eher einen Akt der Verzweiflung”. Saudi-Arabien scheine bereit zu sein, die Hauptlast zu tragen, denn dem Iran, Nigeria und Libyen würden wohl Ausnahmeregelungen zugestanden. Das Problem der Überschüsse sei nicht gelöst, sollten diese Länder ihre Kapazitäten wieder voll ausschöpfen. Zudem stelle sich die Frage, wie Fehlverhalten bestraft werden könne. Das Wichtigste sei aber, dass die Rückkehr zur alten Opec-Strategie der Preiskontrolle über Mengen nicht mehr aufgehen werde. Der Versuch könne sich für das Kartell sogar bitter rächen, befürchten die Analysten. Sie zeigen sich überzeugt davon, dass sich die Opec-Länder nicht an die Vereinbarung halten werden.Die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs haben das Jahresendziel für die wichtigste US-Sorte West Texas Intermediate jetzt bei 43 Dollar je Barrel belassen. Für den Stand per Ende 2017 gehen sie nach wie vor von 53 Dollar je Barrel aus. Sie verweisen auf die hohe Unsicherheit in Zusammenhang mit der Einigung – dabei insbesondere auf die Proteste des Irak und die Ausnahmeregelungen für Libyen und Nigeria. Eine strikte Einhaltung der Obergrenzen würde zwar einen Anstieg des Ölpreises um 7 bis 10 Dollar je Barrel rechtfertigen. Im historischen Durchschnitt habe allerdings die Förderung der Opec um 4,8 % über den offiziellen Quoten gelegen. Wenn man eine Überproduktion in diesem Ausmaß unterstelle, komme man auf eine Gesamtförderung der Opec von 33,7 Mill. bpd. Die Produktion würde damit noch oberhalb des aktuellen Niveaus liegen, warnen die Analysten.Die Rohstoffexperten von Morgan Stanley merken an, es gebe erhebliche Risiken bei der Umsetzung der Vereinbarung. Insofern sei Skepsis angebracht. So habe es bereits im April im Rahmen der Gespräche von Doha die Einigung auf eine Deckelung der Produktion gegeben, was jedoch in der Realität nicht umgesetzt worden sei. Zudem sind die Analysten skeptisch, was Unterstützung für den Deal von außerhalb der Opec betrifft. So habe Russland lediglich die Bereitschaft für eine Deckelung der Produktion, nicht aber für eine Kürzung erkennen lassen. Russland hat mit einer Produktionsmenge von derzeit rund 10,7 Mill. bpd auf dem Weltmarkt ein genauso großes Gewicht wie Saudi-Arabien. Teufel steckt im DetailDie Experten der britischen Großbank Barclays sprechen von einer Maßnahme, mit der die Opec das Gesicht wahren will. Die Barclays-Analysten argumentieren zudem, die Übereinkunft habe nur den Status quo festgeschrieben. So sei eh damit zu rechnen, dass im Herbst die Exporte Saudi-Arabiens fallen, weil das Land mehr Energie für eigene Zwecke benötigt. In anderen Ländern wie Angola würden zudem Förderanlagen für Wartung und Reparaturen abgeschaltet. Allerdings schreiben die Analysten auch, der Deal habe dennoch eine gewisse Bedeutung, weil Saudi-Arabien und der Iran in der Lage seien, die Ölpreispolitik von ihren sonstigen Konflikten zu trennen. Was die Implementierung betrifft, so gelte, dass der Teufel stets im Detail stecke. Immerhin sei es der Opec aber gelungen, ihre Relevanz für den Ölmarkt zu bestätigen.