Rohstoffe

Angst wegen Ukraine-Kriegs kehrt zurück

Der Ölmarkt hatte die Sorgen wegen des Ukraine-Kriegs schon wieder weitgehend abgeschüttelt. Am Donnerstag sind sie jedoch zurückgekehrt, nach einer Warnung der Internationalen Energieagentur.

Angst wegen Ukraine-Kriegs kehrt zurück

ku Frankfurt

Einen Tag nachdem die Internationale Energieagentur eine Warnung wegen des möglichen Ausfalls russischer Erdöllieferungen ab April ausgesprochen hat, hat der Markt darauf deutlich reagiert. Der Preis der Rohölsorte Brent Crude zog kräftig um 8,3% auf 106,20 Dollar je Barrel an. US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate verteuerte sich um 7,7% auf 102,40 Dollar.

Die Energieagentur IEA hatte gewarnt, dass aufgrund der Sanktionen und der freiwilligen Boykotte russischen Öls ab April dem Markt 3 Mill. Barrel pro Tag (bpd) entzogen werden könnten. Die Lieferausfälle könnten damit deutlich größer ausfallen als der von der Agentur vorhergesagte Rückgang der Nachfrage aufgrund der drohenden weltweiten Rezession von 1 Mill. bpd. Damit rutsche der Markt ins Defizit.

Ähnlich äußerten sich die Analysten der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley. Die Analysten der Bank rechnen zwar nur mit einem Rückgang der russischen Exporte um 1 Mill. bpd. Da die weltweite Nachfrage gemäß den Erwartungen der Bank aber nur um 0,6 Mill. bpd sinken soll, wird ebenfalls von einem Defizit am Markt ausgegangen. Morgan Stanley hebt daher die Prognose für den Brent-Ölpreis im dritten Quartal um 20 Dollar auf 120 Dollar je Barrel an. Der bekannte Hedgefonds-Manager Pierre Andurand rechnet sogar mit einen noch deutlich dramatischeren Anstieg. Er erwartet für das Jahresende einen Ölpreis von 200 Dollar je Barrel. Andurand geht davon aus, dass dem globalen Ölmarkt bereits jetzt rund 4 Mill. bpd an russischem Öl entzogen sind. Die anderen Mitglieder des Kartells Opec plus sowie die amerikanischen Schieferölproduzenten würden große Schwierigkeiten haben, derartig große Mengen zu ersetzen.

200 Dollar erwartet

An den Märkten war zuletzt darauf gesetzt worden, dass es zu einem Waffenstillstand und dann zu einem raschen Ende des Ukraine-Kriegs kommen könnte. Andurand warnt jedoch, dass auch in diesem Fall das russische Öl nicht an den Weltmarkt zurückkehren werde. Viele politische Beobachter des Ukraine-Kriegs halten es für weitgehend ausgeschlossen, dass es zu einer baldigen Einigung der Konfliktparteien kommt, weil deren Positionen noch zu weit auseinanderliegen. Ferner haben bisherige Sanktionen gegen andere Länder gezeigt, dass es in der Praxis sehr schwierig ist, diese wieder aufzuheben, weil im Fall der USA in der Regel beide politischen Parteien und in der EU sämtliche Regierungen zustimmen müssten. So haben sich beispielsweise die seit 60 Jahren verhängten US-Sanktionen gegen Kuba und die seit mehr als 20 Jahren bestehenden Sanktionen gegen Venezuela als dauerhaft erwiesen.

Zudem haben sich Hoffnungen auf umfangreichere Öllieferungen aus dem Iran und Venezuela zerschlagen. Der Iran soll bereits rund 3 Mill. bpd vornehmlich an China liefern, womit er kaum in der Lage wäre, seine Produktion weiter auszubauen. Die jüngsten Verhandlungen zwischen den USA und Venezuela haben zu keiner Einigung geführt. Die venezolanische Ölindustrie ist außerdem aufgrund ihres desolaten Zustands kaum in der Lage, kurzfristig die Fördermenge zu steigern.

Am zweiten Tag nach der Wiedereröffnung des Nickelhandels an der London Metal Exchange (LME) haben die Schwierigkeiten dort angehalten. Die Börse hatte am Mittwoch zur Wiedereröffnung nur noch maximale tägliche Preisveränderungen von 5% zugelassen. Derartig restriktive Begrenzungen führen dazu, dass Marktteilnehmer abwandern oder den Handel einstellen, wenn sie den Eindruck haben, dass die an der Börse gezeigten Preise die tatsächlichen Gegebenheiten nicht hinreichend widerspiegeln. Aktuell ergeben sich an der LME deutliche Diskrepanzen zum Nickelpreis an der Shanghai Futures Exchange. Am Donnerstag erweiterte die LME die maximal zulässige tägliche Preisveränderung auf 8%. Der Nickelpreis an der LME konnte aufgrund der Beschränkungen dennoch nur bis auf 41495 Dollar je Tonne fallen, während er in Schanghai umgerechnet 34550 Dollar betrug. Daher gab es in London keine Transaktionen, und es konnte kein offizieller Settlement-Preis ermittelt werden.

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