Die neue Rolle von Alternatives im Portfolio
Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (342)
Die neue Rolle von Alternatives im Portfolio
Im Niedrigzinsumfeld der letzten Dekade haben Anleger liquide alternative Anlagestrategien wie Short-Volatilitäts- oder Long-Short-Strategien als Anleihe-Ersatz eingesetzt. Das sollten sie überdenken. Das primäre Ziel alternativer Anlagen sollte nicht mehr darin bestehen, eine anleiheähnliche Rendite zu erzielen, da diese wieder einfacher und kostengünstiger mit Anleihen zu erreichen ist. Das primäre Ziel sollte nun die Diversifizierung oder Absicherung des Portfolios sein – eine Eigenschaft, die Anleihen nicht mehr zuverlässig bieten.
Anders als in den beiden vorherigen Jahrzehnten weisen Staatsanleihen und Aktien seit 2022 eine hohe positive Korrelation auf. Der Grund dafür liegt in der Rückkehr der Inflation. Im Umfeld höherer Inflation fokussieren die Märkte stärker auf Inflationsveränderungen. Überraschen diese nach oben (unten), wirkt sich dies typischerweise negativ (positiv) auf beide Anlageklassen aus. In Phasen erhöhter und schwankender Inflationsraten erfüllen Anleihen ihre Rolle als Diversifikator von Aktienrisiken nicht mehr zuverlässig. Steht jedoch das Wachstum im Fokus der Märkte und spielt die Inflation kaum eine Rolle, wirken sich Wachstumsüberraschungen meist gegenläufig auf beide Anlageklassen aus.
Trotz des Rückgangs der Inflation im letzten Jahr erwarten wir, dass die Inflation und die Inflationsvolatilität mittelfristig erhöht bleibt. Haupttreiber sind der demografisch bedingte Arbeitskräftemangel und die Rohstoffknappheit. Bei einer Beschleunigung der Weltkonjunktur dürfte die Inflation rasch wieder anziehen. Anleger sollten sich darauf einstellen und Alternativen zur Diversifikation suchen. Ab einer Kerninflationsrate von 3% ist historisch fast ausschließlich eine positive Korrelation zwischen Aktien und Staatsanleihen zu beobachten. Multi-Asset-Portfolios, die rein auf Aktien und Anleihen setzen, werden es in diesem Umfeld schwerer haben, ihre Volatilität effektiv zu reduzieren.
Hierfür gibt es zwei Lösungen. Erstens eine breitere Diversifikation des Portfolios, die wir als „wahres Multi Asset“ bezeichnen, mit höherem Anteil an Sachwertanlagen wie Rohstoffen und Rohstoffunternehmen. Die Rohstoffknappheit durch die Energiewende, zunehmende Mobilität, Bevölkerungswachstum in Schwellenländern, Digitalisierung und die steigenden Rüstungsausgaben trägt zur erhöhten Inflation bei. Wenn die Rohstoffpreise zu Inflationsüberraschungen führen, dann bieten diese eben genau dann einen Absicherungseffekt, wenn Anleihen und Aktien gleichermaßen unter der Inflationsüberraschungen leiden. Dies ließ sich sehr gut im Jahr 2021, im Sommer 2023 und auch im April 2024 beobachten. Eine zweite Lösung ist der Einsatz von zuverlässigen optionsbasierten Absicherungsstrategien, die sowohl von fallenden Märkten als auch von steigender Volatilität profitieren können. Viele andere Diversifikationsansätze, die in stabilen Zeiten unkorreliert erscheinen, weisen in Marktkrisen starke Tail-Korrelationen auf und bieten daher keinen Schutz. Ihre Diversifikation ist oft dann enttäuschend, wenn sie am meisten benötigt wird. Bei optionsbasierten Absicherungsstrategien muss es das Ziel sein, den „negativen Carry“, der die Portfoliorendite in guten Zeiten wie eine wiederkehrende Versicherungsprämie schmälert, so gering wie möglich zu halten. Dies gelingt mit systematischen Ansätzen in der Regel nicht, denn um die Absicherung kostengünstig zu gestalten, muss die Auswahl der günstigsten Absicherungen – also derjenigen mit dem höchsten Absicherungsgrad bei gegebenem Optionsbudget – im Fokus stehen. Hierfür gibt es derzeit nur eine Handvoll investierbarer Investmentansätze am Markt. Diese dürfte weiter stark wachsen, da optionsbasierte Absicherungsstrategien eine sinnvolle Alternative zur Diversifikation des Portfolios darstellen können.