Anleger bejubeln EZB-Maßnahmen

Geldpolitische Lockerung hebt Dax über 9 700 Punkte - Euro fällt auf tiefsten Stand seit 14 Monaten

Anleger bejubeln EZB-Maßnahmen

Die Finanzmärkte haben gestern überwiegend sehr positiv auf die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die angekündigten Bondkaufprogramme reagiert. Die Aktien lagen im Plus. Der Euro zeigte die von der EZB gewünschte Schwäche und fiel sogar unter 1,30 Dollar. Bei den Bundesanleihen gab es zunächst auch positive Reaktionen. Allerdings setzten hier später Gewinnmitnahmen ein, so dass die Papiere später wieder ins Minus abrutschten.kjo/ku/sts Frankfurt – EZB-Chef Mario Draghi hat geliefert, was die Märkte wollten, und er hat sogar noch etwas oben draufgelegt. Viele Marktteilnehmer waren davon ausgegangen, dass die europäischen Währungshüter ein Bondkaufprogramm auflegen werden. Erwartet wurde ein Kaufprogramm für Asset Backed Securities (ABS), was die EZB gestern auch verkündet hat. Darüber hinaus will die EZB aber auch Pfandbriefe ankaufen. Des Weiteren wurden die Leitzinsen für die Eurozone nochmals gesenkt, was für viele Marktteilnehmer überraschend kam. Der Hauptrefinanzierungssatz sinkt um 10 Basispunkte (BP) auf nunmehr 0,05 %. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wurde um ebenfalls 10 BP auf 0,30 % zurückgenommen, und der Zins für Einlagefazilität liegt mit minus 0,20 % nun noch 10 BP tiefer im negativen Bereich.Draghi hielt sich angesichts der zunehmenden Deflationsrisiken aber auch die Tür für weitere sehr umfangreiche Wertpapierkäufe offen. Sollte eine zu lange Phase niedriger Inflation drohen, sei der EZB-Rat zu weiteren unkonventionellen Maßnahmen entschlossen, sagte der Notenbankchef. Es könnte somit zu einem sehr ausgeprägten Quantitative Easing kommen. Hierzu könnte die EZB laut Draghi beispielsweise öffentliche Schuldtitel wie etwa Staatsanleihen oder auch private Papiere in großem Stil aufkaufen. Auch ein Programm zum Ankauf beider Wertpapierarten sei möglich, betonte Draghi. Der Rat hatte laut Draghi ein breites Wertpapierkaufprogramm diskutiert. Das treibt am Markt die Spekulationen auf weitere Maßnahmen der EZB an. Nahe RekordhochAm Anleihemarkt schoss der Bund-Future kurz nach Beginn der Pressekonferenz der EZB ins Plus. Die Maßnahmen wurden sehr positiv aufgenommen. Der September-Kontrakt kletterte bis auf 151,49 % und war damit nah am Rekordhoch von 151,83 %, das er am 28. August dieses Jahres erreicht hatte. Später kam es allerdings zu Gewinnmitnahmen, die den Zinskontrakt dann wieder ins Minus beförderten. Im späten Handel lag der Bund-Future bei 150,70 % und war damit 14 Ticks tiefer als tags zuvor. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel von 0,95 % im frühen Handel bis auf 0,90 % zurück. Bis zum Handelsschluss ging es dann wieder bis auf 0,97 % herauf. Bis auf 1,2920 DollarAm Devisenmarkt hatten sich die Anleger zwar auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik eingestellt. “Die EZB hat die Märkte allerdings erneut überrascht”, sagte Eric Weisman, Portfolio Manager beim Vermögensverwalter MFS. Schon seitdem Draghi kürzlich während der Notenbanker-Konferenz von Jackson Hole entsprechende Ankündigungen gemacht hatte, stand der Euro unter Druck. Allerdings hatten die Spekulationen in den vergangenen Tagen nachgelassen. Entsprechend deutlich fiel daher der Kursrutsch des Euro dann nach der Zinssenkung, der Nachricht von Aufkäufen von ABS-Papieren und Covered Bonds sowie Draghis Ankündigung einer deutlichen Ausweitung der EZB-Bilanzsumme aus. Am Abend lag der Euro 1,6 % im Minus bei 1,2920 Dollar. Dies war zugleich das Tagestief und der niedrigste Stand seit 14 Monaten. Schon während der EZB-Pressekonferenz am Mittag war der Euro-Kurs erstmals seit Juli 2013 wieder unter die Marke von 1,30 Dollar gefallen. Mit dem Kursrutsch nähert sich der Euro zunehmend dem Bereich an, in dem er nach Einschätzung von Analysten fair bewertet wäre. Seit Anfang Mai, als Draghi wegen deflatorischer Tendenzen in der Eurozone erstmals eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt hatte, verlor der Euro bereits rund 10 US-Cent zum Dollar.Die Euro-Schwäche könnte auch die Schweizer Nationalbank unter Druck bringen. Der Kurs fiel gestern auf 1,20443 Franken und damit nahe an die von der Notenbank festgelegte Untergrenze von 1,20 Dollar, mit der diese eine Deflation in der Schweiz verhindern will.Der Dax kletterte bis auf 9 732 Punkte. Aus dem Handel ging er dann mit einem Plus von 1 % bei 9 724 Zählern. Mit Blick auf die EZB hatte der Index in den vergangenen Tagen bereits deutlich zulegt. Seit Ende August ist er um rund 400 Indexpunkte vorangekommen. Fest zeigten sich insbesondere die Finanzwerte. Der Stoxx-Branchenindex für die europäischen Bankenwerte zog kräftig um 3,3 % an. Der italienische Bankenindex verzeichnete sogar einen Sprung von 5 %. Auch im Inland legten einige Werte deutlich zu. So rückten Commerzbank um 5,6 % vor. Die EZB-Entscheidung und die Aussicht auf eine Waffenruhe in der Ukraine trieben an der Wall Street sowohl den Dow Jones als auch den S & P 500 auf Rekordhochs von 17 162 bzw. 2 011 Punkten.