Anleger trifft Verbot von Inlinern

Deutscher Derivate Verband (DDV) hält Definition der ESMA von binären Optionen für "zu weitgehend"

Anleger trifft Verbot von Inlinern

Aufgrund eines Produktverbots der europäischen Finanzmarktaufsicht können Privatanleger keine Inline-Optionsscheine mehr kaufen. Henning Bergmann vom DDV sagt, dass die Missstände, die von der ESMA als Grund für das Verbot aufgeführt werden, gerade auf deutsche Inliner nicht zutreffen. wrü Frankfurt – Seit Anfang Juli dürfen am deutschen Derivatemarkt keine Inline- sowie keine Stay-High- und Stay-Low-Optionsscheine an Privatanleger mehr verkauft werden. Sowohl der Deutsche Derivate Verband (DDV) als auch mehrere Emittenten berichten über zahlreiche Beschwerden von Anlegern. Offensichtlich hat das Produktverbot die in diesen Papieren aktiven privaten Anleger überrascht.Hintergrund ist der Beschluss der europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA, ab 2. Juli die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von binären Optionen an Retail-Anleger in der gesamten EU zu verbieten (vgl. BZ vom 6. Juni). Binäre Optionen, auch digitale Optionen genannt, sind eine Alles-oder-nichts-Konstruktion. Entweder erhält ein Anleger einen vorher exakt fixierten Rückzahlungsbetrag oder eben gar nichts. Wie die ESMA in einer Analyse ausführt, werden binäre Optionen auch intraday aufgelegt. So kann ein Anleger zum Beispiel morgens um 9.30 Uhr darauf wetten, dass ein bestimmter Index bis nachmittags um 16 Uhr gestiegen ist. Hinzu komme ein aggressives Marketing mancher Anbieter von binären Optionen. Auch sei die Preisbildung für Privatanleger schwerlich nachvollziehbar.Am deutschen Markt werden Inline-Optionsscheine, die darauf setzen, dass sich zum Beispiel ein Index wie der Dax oder eine einzelne Aktie innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegt, übrigens von der Commerzbank, der Deutschen Bank, der Société Générale und der Unicredit (HypoVereinsbank) angeboten. “Allerdings ist die Ausstattung anders als bei den von der ESMA vornehmlich angeprangerten Produkten”, sagen Emittenten. So handle es sich nicht um OTC-Produkte, sondern um verbriefte Derivate, die an Börsen gehandelt würden und deren Laufzeit meist mehrere Monate betrage.Inliner sind übrigens eher ein Nischenmarkt. Laut Settlement-Daten hat der Umsatz in diesen Produkten im ersten Halbjahr rund 300 Mill. Euro betragen, wird berichtet. Das sei weniger als 1 % der Umsätze aller Hebelprodukte. Allerdings gebe es bei Privatanlegern eine bestimmte Klientel, die Inliner schätze und die in der Regel mit diesen Produkten auch gut vertraut sei. “Wir halten die Definition der ESMA von binären Optionen für zu weitgehend, denn danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Inline-Optionsscheine erfasst sind”, erklärt Henning Bergmann, Geschäftsführer und Jurist des DDV. “Aber die Missstände, die von der Aufsichtsbehörde als Grund für das Verbot aufgeführt werden, treffen auf die am deutschen Zertifikatemarkt gehandelten Inliner gerade nicht zu.” Vor diesem Hintergrund hat der DDV der ESMA in einem Gespräch noch einmal ausführlich dargelegt, warum Inline-Optionsscheine von der Maßnahme ausgenommen werden sollten. “Wir bleiben im Dialog mit der ESMA, um eine baldige Klarstellung zu erreichen”, so Bergmann. Das Produktverbot der ESMA gilt zunächst für drei Monate, kann aber verlängert werden. Insofern besteht die Chance, dass Privatanleger am deutschen Zertifikatemarkt im Oktober wieder Inline-Optionsscheine erwerben können. Professionelle Investoren können das ohnehin, für sie gilt das Produktverbot nicht.—– Wertberichtigt Seite 6