GASTBEITRAG ZUR SERIE ANLAGETHEMA IM BRENNPUNKT (58)

Anlegerbeitrag zum Klimaschutz

Börsen-Zeitung, 9.2.2019 Der Druck auf die Unternehmen wächst: Umweltschutz wird nicht zuletzt wegen des Pariser Klimaabkommens und steigenden Investorendrucks auch für die Privatwirtschaft immer wichtiger. Dekarbonisierung ist untrennbar mit der...

Anlegerbeitrag zum Klimaschutz

Der Druck auf die Unternehmen wächst: Umweltschutz wird nicht zuletzt wegen des Pariser Klimaabkommens und steigenden Investorendrucks auch für die Privatwirtschaft immer wichtiger. Dekarbonisierung ist untrennbar mit der Energiewende verbunden und soll die Klimaerwärmung sowie deren Auswirkungen auf die Erde bekämpfen. Investoren und Wirtschaft müssen umdenken. Unternehmen verfolgen neben ihrer legitimen Absicht, Gewinne zu erwirtschaften, häufig das Ziel, sich von ihren Konkurrenten abzugrenzen und in ihrem Markt eindeutig aufgestellt sein.Künftig wird es aber nicht ausreichen, besonders innovativ oder kundenorientiert zu sein. Sie werden mehr und mehr nach ihrem ökologischen Fußabdruck beurteilt werden. Das Pariser Klimaabkommen, das die Obergrenze der Erderwärmung auf 2 Grad festlegt und auch die zunehmende Sensibilisierung der Investoren für nachhaltige Themen erhöhen den Druck. Fußabdruck messenIm Portfoliomanagement ist “Dekarbonisierung” Teil eines nachhaltigen und verantwortungsbewussten Investmentprozesses. Zunächst wird hierbei der CO2-Fußabdruck eines Anlageportfolios gemessen. Dazu berechnet man die CO2-Emissionen der Tätigkeiten und Produkte der Unternehmen, in die das Portfolio investiert ist. Danach wird dann das Engagement des Portfolios in Unternehmen mit den höchsten CO2-Emissionen reduziert und in Unternehmen, die Lösungen für die Energiewende liefern, verstärkt.Um den völligen Ausschluss bestimmter Sektoren zu vermeiden, werden Anlagen in Unternehmen mit den geringsten Emissionen bevorzugt und Aktienbestände von Unternehmen mit sehr hohen Emissionen so weit wie möglich begrenzt. Durch diese “Dekarbonisierungsstrategie” können Anleger stärker in Unternehmen investieren, die sich besonders um die Reduzierung ihrer CO2-Emissionen bemühen, und gleichzeitig Anreize für Unternehmen mit den höchsten Emissionen geschaffen werden, Maßnahmen zur Begrenzung ihrer Umweltauswirkungen zu ergreifen.Bestärkt durch das Pariser Klimaabkommen, mit dem die Klimaerwärmung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts auf 2 Grad Celsius begrenzt werden soll, interessieren sich immer mehr Anleger für die Strategie von Unternehmen in einer kohlenstoffarmen Welt. Immer drängender wird das Engagement der Aktionäre bei Unternehmen, die in hohem Maße den Risiken durch die Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft ausgesetzt sind. Immer mehr Aktionärsverbände nutzen ihre Rechte, um kohlenstoffintensive Unternehmen, vor allem im Bereich fossiler Energien, zu einer Veränderung ihres Geschäftsmodells zu bewegen.Als Symbol für die Klimaerwärmung stehen Erdölgesellschaften hierbei an erster Stelle. Im Jahr 2015 verlangten fast alle Aktionäre der beiden bedeutendsten Vertreter dieser Branche mehr Transparenz über die Auswirkungen des Kohlenstoffrisikos auf ihre Anlagen. Im Jahr 2017 wurde ein weiteres Branchenschwergewicht aufgefordert, die finanziellen Auswirkungen der Energiewende auf seine Aktivitäten zu bewerten.Mehr als 100 Anleger weltweit mit einem Gesamtvermögen von über 10 000 Mrd. Dollar setzten sich 2015 dafür ein, den CO2-Fußabdruck ihrer Portfolios zu messen und zu veröffentlichen. Zwei einschlägige Initiativen formalisieren die diesbezüglichen Bemühungen der Anleger: der Montréal Carbon Pledge und die Portfolio Decarbonization Coalition, die von den Grundsätzen für verantwortungsbewusstes Investment (PRI) und der Finanz-Initiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP FI) ins Leben gerufen wurden. Frankreich ist weiterAuch wenn es sich um eine globale Bewegung handelt, geht Frankreich noch einen Schritt weiter: Das Energiewendegesetz verlangt inzwischen von institutionellen Anlegern, Klimarisiken bei ihren Investments zu berücksichtigen, indem beispielsweise die Messung der Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit den gehaltenen Vermögenswerten und ihr Beitrag zum Kampf gegen die Klimaerwärmung und zur Förderung der Energiewende veröffentlicht werden. Für die “Dekarbonisierung” der Portfolios besteht also Grund genug, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen, auch wegen ihrer Chance auf Rendite.Eine Studie der Universität Hamburg mit dem Titel “Wesentlichkeit von CO2-Emissionen für Investitionsentscheidungen” hat 4 000 Unternehmen dahingehend untersucht, ob sich die Höhe der Treibhausgasemissionen auf deren Aktienkurse und Unternehmenskennzahlen auswirkt. Analysiert wurde in der im Mai 2016 erschienenen Studie von Professor Alexander Bassen sowie von weiteren Autoren außerdem, wie sich die Gewinne CO2-intensiver Unternehmen entwickeln, wenn die Klimakosten verursachergerecht auf diese Unternehmen verteilt würden.Im Rahmen der Studie haben die Forscher die Unternehmen verschiedenen Aktienportfolios zugeordnet, abhängig davon, wie viel Kohlendioxid sie ausstoßen. Das Ergebnis: Eine Anlagestrategie, die auf Aktien von Unternehmen mit niedrigen CO2-Emissionen setzt, ist klar im Vorteil. Während das Portfolio aus Aktien der kohlenstoffärmsten Unternehmen eine Mehrrendite von 0,39 % p.a. gegenüber dem Vergleichsindex erzielt, weist das CO2-intensivste Portfolio eine Minderrendite von 0,38 % p.a. auf.Mit anderen Worten, durch die Strukturierung von Portfolios nach CO2-Intensitäten kann ein Anleger im Durchschnitt eine Uäêberrendite von rund 0,8 % p.a. erreichen (Untersuchungszeitraum: 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2014). Vergleicht man das Marktwert-Buchwert-Verhältnis der Unternehmen, werden die Unterschiede noch auffälliger. Bei Unternehmen mit einem niedrigen Ausstoß an Kohlendioxid lag der Wert im Schnitt um 30 % höher als bei solchen mit hoher CO2-Emission. Demnach bewertet die Börse kohlenstoffarme Unternehmen durchweg positiver und betrachtet offenbar den CO2-Fußabdruck als einen aussagekräftigen Indikator dafür, über welche Wachstumschancen und Wertschöpfungspotenziale ein Unternehmen verfügt.Beispielsweise weist seit seinem Start vor zehn Jahren auch der über einen ETF investierbare Low Carbon 100 Europe Index eine Outperformance in Höhe von 13,23 % gegenüber dem MSCI Europe Index auf – und dies bei einer leicht niedrigeren Volatilität.—-Zuvor erschienen:- Am Rande der Rezession (57), M.M. Warburg & CO- Januareffekt – Irrationalität mit Aussagekraft (56), Hauck & Aufhäuser Privatbankiers —-Claus Hecher, Leiter ETF & Indexlösungen (D/A/CH) bei BNP Paribas Asset Management