IM INTERVIEW: DAVID ZAHN, FRANKLIN TEMPLETON

"Anleihen dürften gut abschneiden"

Portfoliomanager: Umfeld für europäische Staatstitel günstig - Italien und Spanien bieten noch Gelegenheiten

"Anleihen dürften gut abschneiden"

Die europäischen Staatsanleiherenditen haben Tiefen erreicht, die sich zum zurückliegenden Jahreswechsel kaum jemand vorstellen konnte – und zwar sowohl in den Kern- als auch in den Peripherieländern. Für Investoren stellt sich immer dringlicher die Frage, wo sie in der Region noch vernünftige Anlagemöglichkeiten finden können. Die Börsen-Zeitung hat David Zahn, Head of European Fixed Income und Portfoliomanager von Franklin Templeton, zu seiner Einschätzung befragt.- Herr Zahn, haben die europäischen Anleihemärkte noch Aufwärtspotenzial?Das Wachstum ist niedrig, und die Inflation liegt mit 0,3 % auf einem sehr niedrigen Niveau und damit deutlich unter dem Zielwert der EZB. Wir haben eine Zentralbank, die möglicherweise nicht nach dem Geschmack der deutschen Öffentlichkeit ist und eine sehr akkommodierende Politik betreibt. Das muss sie unserer Meinung nach auch tun, denn alle Regionen Europas haben derzeit schwer zu kämpfen. Unserer Einschätzung nach wird die Notenbank noch jahrelang eine lockere Geldpolitik betreiben müssen. In so einem Umfeld sollten sich europäische Anleihen gut entwickeln. Das gilt umso mehr, wenn man den Vergleich mit anderen Regionen zieht, etwa den USA und Großbritannien, in denen die Wirtschaft begonnen hat, sich besser zu entwickeln. Auch relativ zu anderen Ländern dürften europäische Anleihen gut abschneiden.- Wie wirkt sich die Währungsentwicklung aus?Ein Problem, das wir bei den europäischen Anleihen bei einer abermaligen Lockerung der Geldpolitik wahrscheinlich sehen werden, ist, dass der Euro nochmals gegen den Dollar unter Druck geraten wird. Das ist allerdings auch nicht unbedingt eine Überraschung.- Aber für die US-Investoren als eine wichtige Anlegergruppe ist es doch ein Problem.Für amerikanische Investoren auf jeden Fall. Aber die meisten Investoren in unseren europäischen Anleiheprodukten sind Europäer. Aus ihrer Sicht kommt es darauf an, bis zu einem gewissen Grad außerhalb des Euro in andere europäische Währungen zu diversifizieren. Es ist auch sicherzustellen, dass die geografische Verteilung der Emittenten im Portfolio breit genug und nicht auf Europa beschränkt ist, denn die Region wird noch einige Zeit ein langsames Wachstum und keine Inflation haben. Das ist nicht gerade ein berauschendes ökonomisches Umfeld. Aber für Anleihen ist das sehr gut.- Wo in Europa sehen Sie derzeit gute Gelegenheiten?Einige. Vor dem Jahr 2008 bewegten sich die europäischen Anleihemärkte ziemlich im Gleichklang. Das hat sich seit der Krise geändert. Daher kann man, auch wenn man denkt, dass Bundesanleihen überbewertet sind, Bereiche in Europa finden, die günstig sind.- Sie sehen noch Spielraum für eine positive Performance der Peripherie-Anleihemärkte.Für eine bescheidene Performance. Aber letztlich läuft es auf die Frage hinaus, wo die Alternative liegt. Die Kasse wirft nun negative Erträge ab, die meisten Banken berechnen Ihnen Gebühren dafür, dass sie Ihre liquiden Mittel halten. Die Rendite von Bundesanleihen ist bis zur vierjährigen Laufzeit negativ. Damit stehen Sie vor der Wahl, jemanden zu bezahlen oder wenigstens etwas zu verdienen. Das wird die Peripherie stützen.- Wo sehen Sie denn noch günstige Gelegenheiten?Wir glauben, dass Italien und Spanien noch Gelegenheiten bieten, obwohl die Renditen bereits so stark gesunken sind. Vor allem Spanien hat große Reformfortschritte gemacht, der Schuldenstand bewegt sich auf einem vernünftigen Niveau. Uns gefällt auch Italien. Das Reformtempo ist langsamer als in Spanien, aber sie haben zum Beispiel jetzt die Arbeitsmarktreformen durchgesetzt.- Ist das Arbeitslosigkeitsproblem nicht unverändert gravierend?Die Arbeitsmärkte in Europa entwickeln sich mit Ausnahme Deutschlands sehr schlecht. In Deutschland ist die Arbeitslosigkeit gesunken, sie ist niedriger als vor zehn Jahren, während sie in anderen Ländern deutlich gestiegen ist. Das andere gravierende Problem ist das Segment der unter 25-Jährigen. In Spanien liegt die Arbeitslosigkeit in dieser Bevölkerungsgruppe bei mehr als 60 %, und das ist ein Zustand, der so nicht lange haltbar ist. Das Problem muss angegangen werden. Aber Probleme wie diese werden einen Deckel auf der Inflation halten. Hinsicht der Lohnentwicklung sind wir relativ gelassen.- Welche Rolle spielen die Leistungsbilanzen?Der Euroraum hat nun insgesamt einen Leistungsbilanzüberschuss. In vielen Ländern wurden die Ungleichgewichte ein gutes Stück weit korrigiert. Die Ungleichgewichte haben sich allerdings ein Jahrzehnt lang aufgebaut, und es wird noch einige Zeit dauern, sie zu beheben. In den Peripherieländern sind die Löhne vor der Krise stark gestiegen, während es in Deutschland ein Jahrzehnt ohne Lohnwachstum gab. Aber nun steigen sie auch in den Peripherieländern nicht mehr, sondern stagnieren. Aber in Deutschland haben sie begonnen zu steigen. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Peripherieländer gegenüber Deutschland wettbewerbsfähiger werden können.- Wie beurteilen Sie Frankreich?Frankreich will weiterhin nicht so schnell Reformen durchführen, wie sich der Markt dies vorstellt. Derzeit scheint der Markt den französischen Anleihemarkt dafür aber nicht bestrafen zu wollen. Frankreich gehört zu den Märkten, die uns zurzeit nicht gefallen. Französische Anleihen sollten unserer Meinung nach nicht zu so niedrigen Renditeaufschlägen zu Bundesanleihen gehandelt werden, wie das gegenwärtig der Fall ist.- Wie sind Sie in einem globalen Portfolio aufgestellt?In Europa haben wir eine lange Duration von sieben Jahren, weltweit jedoch insgesamt eine kurze.—-Das Interview führte Christopher Kalbhenn.