GELD ODER BRIEF

Apple mutiert zum Dividendenwert

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 18.11.2016 Die Aktie des iPhone-Herstellers Apple ist wieder einmal einer der Lieblinge der Analysten. Von den 54 für Apple zuständigen Aktienexperten, die die Nachrichtenagentur Bloomberg auf ihrem...

Apple mutiert zum Dividendenwert

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie Aktie des iPhone-Herstellers Apple ist wieder einmal einer der Lieblinge der Analysten. Von den 54 für Apple zuständigen Aktienexperten, die die Nachrichtenagentur Bloomberg auf ihrem Radarschirm hat, plädieren 44 bzw. 82 % für den Kauf der Aktie. Lediglich sieben Häuser raten dazu, den Titel zu halten und gerade einmal drei Experten raten zum Verkauf. Die Analysten von Independent Research merken beispielsweise an, dass die langfristigen Wachstumsperspektiven des Unternehmens intakt seien. Niedriges KGVFür eine Kaufempfehlung spricht einiges, denn die Aktie ist derzeit ungewöhnlich preisgünstig. Auf Basis der Konsensschätzungen für die kommenden zwölf Monate beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) schlappe 12,1. Dies hängt mit der wenig auffälligen Kursentwicklung im laufenden Jahr zusammen. Seit Ende Dezember 2015 hat sich der Apple-Kurs gerade einmal um 4,6 % verbessert. Er liegt mit derzeit rund 110 Dollar um rund 17 % unter dem Allzeithoch von 133 Dollar, das Mitte Februar vergangenen Jahres erreicht worden ist. Zum Vergleich: Der US-Benchmark-Index S & P 500 kommt auf ein Jahresplus von knapp 9 % und der relevantere Nasdaq Composite auf einen Anstieg von 7 %. Immerhin ist Apple aber mit einer Marktkapitalisierung von rund 581 Mrd. Dollar immer noch der wertvollste Konzern der Welt. Von Samsung profitierenUnd es gibt noch einen Faktor, der für Apple sprechen könnte: Erzrivale Samsung hat mit seinem konkurrierenden Smartphone Galaxy Note 7 einen Super-GAU erlitten, der die Koreaner sogar dazu zwang, das Gerät wegen der erheblichen Feuergefahr komplett vom Markt zu nehmen. Was läge da angesichts des ruinierten Image von Samsung für Kunden näher, als beim nächsten Smartphone-Kauf auf das Produkt des US-Konzerns aus Cupertino zu wechseln?So einfach ist die Welt jedoch nicht. So darf bezweifelt werden, dass Apple in nennenswertem Ausmaß von der Misere des koreanischen Mitbewerbers profitiert. Dies liegt daran, dass die Kunden durch ihre Benutzungsgewohnheiten und noch mehr durch den Kauf von Apps zumeist auf ein Betriebssystem festgelegt sind und daher nicht ohne besonderen Grund von Android auf iOS wechseln, wenn es im Android-Segment noch jede Menge attraktiver Angebote anderer Hersteller gibt. Insofern ist nicht zu erwarten, dass sich durch die Probleme bei Samsung ein messbarer Schub für Apple ergibt. So gesehen waren die Kursgewinne der Apple-Aktie nach dem Bekanntwerden der Probleme bei Samsung wohl etwas voreilig.Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass Apple die Dynamik der Ära unter der Ägide des legendären Steve Jobs und damit auch seine Magie ein gutes Stück hinter sich gelassen hat. Dies ist auch an den jüngsten Zahlen des Konzerns klar ablesbar. Im vierten Quartal ist der Umsatz das dritte Mal in Folge geschrumpft, mit der Folge, dass sich auch im Gesamtjahr (per Ende September) zum ersten Mal seit 2001 ein Umsatzrückgang ergeben hat. Mit 9 % auf 47 Mrd. Dollar ist der Umsatzrückgang im Quartal beachtlich, der Gewinn schrumpfte sogar um fast ein Fünftel auf 9 Mrd. Dollar. Es lässt sich aber einwenden, dass das neue iPhone erst zwei Wochen vor Ende des Quartals auf den Markt gekommen ist. Gemischte ZahlenZudem liegt die Zahl der von Apple im Quartal verkauften Geräte mit 45,5 Millionen über dem Durchschnitt der Erwartungen. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Verkäufe im gleichen Vorjahreszeitraum höher lagen. Vor allem im wichtigen chinesischen Markt zeigt Apple derzeit Schwäche. Ausgeglichen wird dies zu einem gewissen Grad dadurch, dass das Unternehmen mit Dienstleistungen wie Apple Music, dem App-Store und Cloud-Angeboten mit 6,3 Mrd. Dollar gut ein Fünftel mehr Umsatz macht als vor einem Jahr. Nach wie vor entfallen allerdings auf das iPhone fast zwei Drittel der Erlöse, und hier war ein Umsatzrückgang von 13 % zu beklagen. Schwäche zeigt auch die Laptop- und PC-Sparte, die aktuell in den drei Monaten mit 5,7 Mrd. Dollar 17 % weniger einspielte. Das Geschäft mit Tablets stagnierte bei rund 4 Mrd. Dollar. Alles in allem bietet die Zahlen also ein bestenfalls gemischtes Bild.Kurzfristig sind die Aussichten für die Aktie ebenfalls eher durchwachsen. In den Jahren seit 2005 hat die Aktie im Dezember meist eine schwache Performance gezeigt, und dies dürfte auch diesmal nicht viel anders sein, wenn man bedenkt, dass die Absatzzahlen danach aussehen, als habe das iPhone bereits 2016 seinen Höhepunkt überschritten. Allerdings hoffen viele Analysten und Anleger, dass dem Unternehmen im kommenden Jahr mit dem iPhone 8 der große Wurf gelingt, so dass Apple also endlich wieder die Innovationsführerschaft bei Smartphones übernehmen würde. Ob das gelingt, steht aber in den Sternen. Hohe AusschüttungDer relativ niedrige Aktienkurs hat aber auch seine Vorteile: die Dividendenrendite ist mit derzeit 2,1 % im historischen Vergleich ungewöhnlich hoch. Man könnte und sollte Apple vielleicht als “Value Stock” ansehen, geeignet zum Beispiel für ältere US-Privatanleger, die von den Dividenden leben und weniger vom Kursverlauf ihrer Aktien abhängig sein wollen. Die von diesen Aktien im Allgemeinen verlangte konsistente Ertragsentwicklungen bietet Apple in der längerfristigen Betrachtung jedenfalls. Apple müsste ihre Dividende noch anheben, wenn die Aktionäre dies verlangen. Eine Verdopplung sollte die Ertragslage zulassen. Als ein Wachstumswert ist Apple wohl inzwischen nicht mehr anzusehen. Ob dem großen Innovator Steve Jobs eine solche Rolle für Apple wohl gefallen hätte? 20 Prozent PotenzialDie von Bloomberg erfassten 54 Analysten haben für die Apple-Aktie im Durchschnitt ein Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten von 131,63 Dollar ausgegeben. Bezogen auf den aktuellen Kurs von rund 110 Dollar wäre das immerhin ein Anstieg von etwas weniger als 20 %. Für einen Dividendenwert ist das durchaus keine schlechte Perspektive.