Athen wahrt Chance auf Einigung in letzter Minute

Rendite der zweijährigen griechischen Staatsanleihe fällt um 3,5 Prozentpunkte

Athen wahrt Chance auf Einigung in letzter Minute

fed/ms/lz/ck Brüssel/Frankfurt – Griechenlands Regierung hat Hoffnungen geweckt, die drohende Pleite in letzter Minute doch noch abwenden zu können. In der Nacht zum Montag hatte die Regierung in Athen einen Vorschlag an die Kapitalgeber übermittelt. Dieses Angebot enthält erstmals konkrete Zusagen für Rentenanpassungen sowie klare Ansagen für die Anhebung der Mehrwertsteuer – bislang rote Linien für Premier Alexis Tsipras.Der Vorschlag wurde von den Euro-Finanzministern grundsätzlich positiv aufgenommen und zur Basis weiterer Verhandlungen erklärt. Allerdings sahen sich die Minister nicht in der Lage, die Einzelheiten des Angebots bereits gestern Nachmittag zu prüfen. Deshalb vertagten sie sich auf spätestens Donnerstag. Bevor die Regierungschefs am Abend zusammentrafen, dämpfte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Erwartungen. Mangels einer Entscheidungsvorlage könnten die Premiers nur beraten, nicht beschließen. Bis Redaktionsschluss dauerten die Beratungen noch an.Unterdessen nickte die Europäische Zentralbank eine erneute Aufstockung der Notfallkredite ELA für die Hellas-Banken ab. Der EZB-Rat stimmte einer Anhebung des Rahmens für die Emergency Liquidity Assistance (ELA) um rund 2 Mrd. Euro zu, verlautete aus Notenbankkreisen. Diese beläuft sich damit auf knapp 88 Mrd. Euro. Bereits am heutigen Dienstag wird sich der EZB-Rat aber erneut mit der Frage beschäftigen, wie es mit ELA weitergeht. Das soll auch für Druck auf die politischen Verhandlungen sorgen. EZB-Präsident Mario Draghi dürfte den Rat dann detaillierter über die jüngsten Entwicklungen in Brüssel unterrichten.Im EZB-Rat wächst der Unmut über die Hilfen. Bislang scheuen die Notenbanker aber mehrheitlich davor zurück, die ELA zu stoppen oder zu begrenzen. Die Sorge ist, dass das die Banken in die Pleite schlittern lassen könnte, die dann auch die Wirtschaft als Ganze mitziehen würden – und dass sie so am Ende für einen Euro-Austritt (Grexit) verantwortlich sein könnten. Die griechischen Banken sind aktuell zum Überleben auf ELA angewiesen, weil sie unter enormen Kapitalabflüssen leiden und derzeit keinen Marktzugang haben.Die neuen griechischen Reformvorschläge und die damit verbundenen Hoffnungen auf einen Kompromiss zwischen Athen auf der einen und den anderen Euro-Staaten sowie der EZB und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf der anderen Seite haben gestern an den europäischen Finanzmärkten zu teilweise drastischen Kursgewinnen geführt. Vor allem die griechischen Märkte haussierten. So fiel die Rendite der zweijährigen Staatsanleihe des Landes um 3,5 Prozentpunkte. An der Athener Börse sprang der Index der Bankenaktien um 20,8 %, der griechische Hauptindex befestigte sich um 9 %. Auch an den Finanzmärkten der übrigen Peripheriestaaten legten die Staatsanleihen und Bankenaktien deutlich zu. So stieg die zehnjährige portugiesische Staatsanleihe um 2,1 Prozentpunkte, wodurch sich ihre Verzinsung um 24 Stellen auf 2,81 % verringerte. Banco Santander waren mit einem Gewinn von 5,9 % Spitzenreiter im Stoxx Europe 50, außerhalb des Large-Cap-Index legten u.a. die Aktien des italienischen Banco Popolare Emilia (7,5 %) und des portugiesischen Banco Comercial (6,4 %) überproportional zu. Der Euro Stoxx 50 gewann 4,1 % auf 3 596 Punkte. Allerdings konnte der Dax durchaus mithalten. Der Index stieg um 3,8 % auf 11 461 Punkte und erzielte damit seinen höchsten Tagesgewinn seit rund drei Jahren. Die positive Stimmung war auch an der Wall Street bemerkbar. So kletterte der Nasdaq Composite erneut auf ein Rekordhoch.Als sicher geltende Anlagen wie Bundesanleihen und Gold gaben indes nach. So erhöhte sich die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe um 13 Stellen auf 0,89 %. Der Euro stieg bis auf 1,1410 und lag am Abend mit einem Plus von 0,2 % bei 1,1372 Dollar.—– Berichte Seiten 7 und 17