Manuela von Ditfurth, Invesco

„Atomkraft und Gas sind nicht nachhaltig“

Invesco hat ESG in einen faktorbasierten Investmentansatz integriert, erläutert Nachhaltigkeitsexpertin Manuela von Ditfurth im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Investments in Atomkraft und Gas sind für von Ditfurth nicht nachhaltig.

„Atomkraft und Gas sind nicht nachhaltig“

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Bei Invesco hat nachhaltiges Anlegen Tradition und ist nichts Neues. „Schon 1990 haben wir einen Nachhaltigkeitsfonds mit ESG-Kriterien aufgelegt“, erläutert Manuela von Ditfurth, Senior Portfolio Managerin im Team Invesco Quantitative Strategies, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung „Insofern sind wir Pioniere“, sagt die Expertin für nachhaltige Geldanlage, die seit 1998 für Invesco tätig ist. Der Einstieg in die nachhaltige Geldanlage sei damals vor allem auf Wunsch kirchlich geprägter Kunden erfolgt.

Von Ditfurth arbeitet seit 1998 für Invesco und hat daher reichlich Erfahrung bei nachhaltiger Geldanlage und ESG-Integration. „Früher war die Datenlage eher schwierig“, sagt die Nachhaltigkeitsexpertin. „Im Laufe der Zeit hat sich das aber deutlich gebessert. Wir verwenden Daten von mehreren Datenanbietern, die wir verfeinern. Auch kennen wir die Datenanbieter und haben eine Vorliebe für bestimmte Adressen, die entsprechende Qualität liefern.“

Das Besondere an Invesco Quantitative Strategies (IQS) ist der faktorbasierte Ansatz. Dieser wird inzwischen um die Komponente Nachhaltigkeit ausgeweitet, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage von Investoren und Regulierungsbehörden nach nachhaltigen Geldanlagen. „Wir haben einen ESG-integrierten Investmentprozess ins Leben gerufen, der neben den bekannten Faktoren, die wir anwenden, also Qualität, Bewertung und Momentum, ESG-Kriterien integriert“, erläutert die Portfoliomanagerin. „Und dies sowohl auf Einzeltitelebene als auch auf Portfolioebene und im Risikomanagement.“

Das Grunduniversum, das IQS betrachtet, beziffert von Ditfurth auf weltweit 6000 Einzeltitel. „Bei unserer Auswahl arbeiten wir zum einen mit verschiedenen Ausschlüssen, zum anderen nehmen wir nur Aktien, die ein entsprechendes ESG-Rating aufweisen, ins Portfolio“, erläutert von Ditfurth. „Aber auch die ökonomische Komponente, sprich die Faktoreigenschaften müssen stimmen. Es geht nicht allein darum, möglichst nachhaltige Unternehmen auszuwählen.“

Ausschluss von ESG-advers

Bei der Auswahl schließe Invesco auch sogenannte ESG-adverse-Unternehmen aus. Dies seien Firmen, die gerade eine deutliche Herabstufung in Sachen Nachhaltigkeit erhalten hätten. „Wir haben beobachtet, dass Firmen nach einer Herabstufung deutlich schlechter performen als eine Vergleichsgruppe oder der Gesamtmarkt“, sagt die Nachhaltigkeitsexpertin. „Daher lohnt es sich für Investoren, diese Titel auszuschließen.

Insgesamt plädiert von Ditfurth für eine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse. „Das E ist derzeit in aller Munde“, erklärt sie. „Doch sind auch das S und das G wichtig. Nur wer alle drei Faktoren betrachtet, erhält ein ganzheitlich nachhaltiges Portfolio.“

Eine Besonderheit der Faktorstrategie mit ESG-Integration sei, dass trotz der Einbeziehung von Nachhaltigkeit die Faktoreigenschaften erhalten blieben. „Der Multi-Faktor-Prozess von IQS setzt auf den Austausch von Aktien mit negativen ESG-Werten durch alternative Aktien mit einem besseren ESG-Profil und wahrt dabei zugleich die Faktoreigenschaften und damit die Risiko- und Renditeerwartungen des Portfolios“, erklärt die Nachhaltigkeitsexpertin von Invesco. „Insofern kombiniert der Multi-Faktor-Ansatz mit ESG-Integration das Beste aus beiden Welten: die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei gleichzeitiger Beibehaltung der Faktorexposures.“ Insgesamt könne durch diesen Ansatz das Mehrertragspotenzial von faktorbasierten Portfolios erhalten und zugleich ihr ESG-Profil verbessert werden.

Es gebe natürlich auch Zusammenhänge zwischen bestimmten Faktoren und ESG. So seien qualitativ hochwertige Aktien, sprich der Faktor Quality, auch häufig in Sachen ESG gut aufgestellt. Gleichwohl gelte es gerade auch bei nachhaltigen Investments Klumpenrisiken zu vermeiden und Portfolien mit attraktiven Risiko-Ertrags-Profilen zu bauen.

Die Integration von ESG mit einem faktorbasierten Investmentansatz kommt bei Invesco zum einen in drei Publikumsfonds zur Anwendung, die von Manuela von Ditfurth mit gesteuert werden. Zum anderen verwalten die Nachhaltigkeitsexpertin und das Invesco-Team weitere nachhaltige Publikumsfonds und etliche Mandate von institutionellen Kunden.

„Die Wünsche sind dabei durchaus unterschiedlich“, sagt von Ditfurth. „Dies betrifft sowohl Ausschlüsse als auch zum Beispiel den CO2-Fußabdruck eines Portfolios. Aufgrund unserer langjährigen Expertise und unseres umfassenden Nachhaltigkeitsresearchs können wir fast alle Wünsche auch berücksichtigen.“

Externe Zertifizierung

Die Nachhaltigkeitsfonds von Invesco würden auch extern zertifiziert, dies sei nicht zuletzt wichtig, um die Plausibilität des Investmentansatzes zu belegen. „Wir arbeiten mit der Initiative Febelfin Towards Sustainability zusammen und auch mit dem Österreichischen Umweltabzeichen sowie in Deutschland dem Forum nachhaltige Geldanlagen“, sagt von Ditfurth. „Wichtig ist ein hohes Maß an Transparenz.“ Daher veröffentliche man auf der Website auch die jeweiligen Fondsfactsheets mit den entsprechenden ESG-Ratings. Zudem stelle man auch für die Berater eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung. Hinzu kämen Schulungen, damit diese für die nachhaltige Geldanlage gut gerüstet seien.

Doch wie sieht es mit Atomkraft und Gas bei den nachhaltigen Invesco-Produkten aus? „Aus meiner Sicht, und das trifft auch auf die Gestaltung unserer nachhaltigen Publikumsfonds zu, sind Atomkraft und Gas nicht nachhaltig“, erklärt von Ditfurth. „Das waren sie früher nicht und sie werden es auch in Zukunft nicht sein. Da gibt es einfach zu viele negative Aspekte, die man bei diesen beiden Energieträgern berücksichtigen muss.“

Bei Atomenergie sei dies zum Beispiel u.a. der Atommüll, der entsteht, und das daraus resultierende Problem der Endlagerung. Bei Gas stelle sich u.a. die Frage der Förderung, wie gefördert werde etc. Die Nachhaltigkeitsexpertin wörtlich: „Das sind alles Dinge, die ich nicht als nachhaltig betrachte. Daher finden Atomkraft und Gas in unseren nachhaltigen Portfolien auch keine Berücksichtigung.“

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