Autokreditverbriefungen sind ein sicherer Hafen
Ann-Kristin Möglich und Ralf Raebel *)Nach dem Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Ende Februar über die grundsätzliche Zulässigkeit von Fahrverboten in Städten, einem erheblichen Preisverfall von Diesel-Euro-5-Fahrzeugen nach einer Umfrage des Zentralverbandes Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) sowie Risiken aufgrund einer etwaigen Widerrufswelle von Autokreditverträgen sind die als “sicherer Hafen” geltenden deutschen Autokreditverbriefungen (Auto-ABS) zeitweise in Verruf geraten. Auto-ABS könnten mutmaßlich sogar ihre EZB-Fähigkeit verlieren und wurden schließlich mit US-Subprime-Verbriefungen verglichen.Unbestritten ist die Verunsicherung unter deutschen Auto- und vor allem Dieselfahrern im Hinblick auf künftige Fahrverbote derzeit groß. Insofern sind Ausweichreaktionen auf Benzin-Fahrzeuge oder ein Aufschieben von Fahrzeugneuanschaffungen zu beobachten. Die sinkende Nachfrage nach Dieselfahrzeugen hat wiederum die derzeit angespannte Situation am Gebrauchtwagenmarkt zur Folge. Fraglich ist jedoch, inwieweit die aktuell konstatierten hohen Preisnachlässe für gebrauchte Dieselfahrzeuge beim Weiterverkauf nachhaltig sind. So erwägt die Bundesregierung Presseberichten von Anfang April zufolge einen Milliardenfonds mit Beteiligung der Autoindustrie zur technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen. Sollte es tatsächlich zu einer solchen Lösung kommen, dürfte sich die derzeitige Verunsicherung mittelfristig auflösen und sich der Gebrauchtwagenmarkt damit aus seiner aktuellen Schockstarre befreien. Damit wären die derzeitigen hohen Preisnachlässe nicht von Dauer. Hohe PreisabschlägeWir halten die hohen Preisabschläge aber vor allem aus einem ökonomischen Grund für nicht nachhaltig. Nach einer im Februar publizierten ADAC-Untersuchung konnte mit einem nachgerüsteten SCR-System (Selective Catalytic Reduction) der Stickstoffdioxid-Ausstoß (NOX) von dafür geeigneten Euro-5-Dieselmotoren um bis zu 90 % reduziert werden. Die Kosten für ein SCR-Nachrüstsystem werden inklusive Einbau mit 1 400 bis 3 300 Euro angegeben. Die vom ZDK aktuell erfassten (zusätzlichen) Preisnachlässe von bis zu 50 % vom Schwacke-Wert (Gebrauchtwagenwert), dürften regelmäßig deutlich oberhalb dieser Hardware-Nachrüstungskosten liegen. Betroffene Diesel-Fahrzeughalter würden entweder ihre Fahrzeuge nachrüsten lassen, um einem Fahrverbot zu entgehen, oder ökonomisch maximal einen zusätzlichen Preisabschlag in Höhe der unterlassenen Nachrüstkosten akzeptieren.Aber selbst wenn die aktuellen Preisnachlässe bestehen blieben, wären die Auswirkungen nach Berechnungen der Ratingagentur Fitch für Auto-ABS überschaubar. So hat die Agentur nach dem Diesel-Urteil alle von ihr gerateten, seit 2017 neu emittierten Auto-ABS auf ihre Sensitivität gegenüber einem Preisverfall bei Dieselfahrzeugen überprüft, indem die Dieselkomponente jedes Portfolios um einen zusätzlichen Preisrückgang von 25 % gestresst wurde. Das Ergebnis war, dass einzelne Transaktionen eine eingeschränkte Rating-Sensitivität aufwiesen – mit einem maximalen Herabstufungspotenzial von einer Stufe. Ursächlich für diese nur geringfügige und selektive Reaktion einzelner Auto-ABS ist der Umstand, dass die Ratingagenturen bereits bei der initialen Ratingvergabe gesonderte Stresslevel ansetzen. Eine Senior-Tranche mit einem AAA-Rating muss als am höchsten geratete Tranche dabei auch den höchsten Stressfaktoren standhalten. Die implizit kalkulierten Wertverluste der Pool-Fahrzeuge sind für AAA-Senior-Tranchen auf kumulierter Basis über die Laufzeit der Transaktion entsprechend hoch. Dadurch sollten Restwertrisiken bereits hinreichend abgefedert werden. Würde nun ein zusätzlicher Preisschock von 25 % zu einer Herabstufung einzelner Auto-ABS-Senior-Tranchen (welche lediglich EZB-fähig sein können) von AAA auf AA+ führen, wäre hiermit kein Verlust der Notenbankfähigkeit verbunden, da der Rating-Schwellenwert der EZB aktuell bei A- liegt. Es bestünde also noch ein Downgrade-Puffer von fünf Stufen. Nachrüstung kommt voranDerweil schreitet die Nachrüstung betroffener Dieselfahrzeuge “im Kern der Dieselaffäre”, also bei VW-Dieselmotoren des Typs EA 189, planmäßig voran und dürfte bald vollständig abgeschlossen sein. Per Ende Februar hatte VW mitgeteilt, dass inzwischen 74 % aller europäischen und 93 % aller deutschen Fahrzeuge mit EA-189-Motoren durch ein Software-Update nachgerüstet wurden. Auf die Performance von (VW) Auto-ABS hatte die Dieselthematik nach Angaben von Moody’s bislang keinen beobachtbaren Einfluss. Eine Stornowelle von Verträgen infolge einer Sachmangelhaftung blieb zumindest bislang aus. Aufgrund der kurzen Laufzeit bei Auto-ABS sind Alttransaktionen mit höherem EA-189-Anteil schon deutlich zurückgeführt worden. Zudem steigt hier im Zeitverlauf die Höhe der Kreditbesicherung sukzessive an. Neue VW-Verbriefungen haben hingegen nur noch einen geringen initialen Anteil der betroffenen Aggregate. Sollte es dennoch zum Untergang einer Kreditforderung kommen, weil ein Autokäufer aufgrund eines Sachmangels am Fahrzeug vom Vertrag zurücktritt, haftet der Forderungsverkäufer (Originator/Autobank) gegenüber der Verbriefungszweckgesellschaft dafür. Das Gleiche gilt, wenn die Kreditforderung infolge eines Vertragswiderrufs nichtig wird und damit untergeht. Auf die Möglichkeit eines Widerrufs hatte Stiftung Warentest in einem Artikel vom 9. März hingewiesen. Bei der Überprüfung von Kredit- und Leasingverträgen einiger Autobanken hat sich herausgestellt, dass diese im Hinblick auf das Widerrufsrecht fehlerhaft seien und Kunden, die solche Verträge nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen haben, diese infolgedessen zeitlich unbeschränkt widerrufen dürfen. Allerdings dürfte ein Großteil dieser Kredite angesichts einer durchschnittlichen Laufzeit von weniger als vier Jahren bereits vollständig abgewickelt sein. Zudem musste bei den bislang im Sinne von Kunden getroffenen Urteilen im Falle von Widerruf bei Auto-Kredit- und Leasingverträgen (nach unseren Recherchen gibt es aktuell vier Urteile), die nach dem 13. Juni 2014 abgeschlossen wurden, in allen Fällen Wert- bzw. Nutzungsersatz geleistet werden, was das ganze Unterfangen aus Kundensicht unattraktiver macht. Wie häufig ein etwaiges Widerrufsrecht künftig in Anspruch genommen wird, bleibt daher fraglich und dürfte eine Einzelfallentscheidung bleiben. Durch die Anwendung des Widerrufsrechts könnte eine Forderung gegenüber dem jeweiligen Originator entstehen, da dieser das Veritätsrisiko trägt und im Falle von nichtigen Forderungen u. a. zu deren Rückkauf verpflichtet ist. Hierdurch könnte es im Extremfall zu einer hohen Cash-Quote und zu einer frühzeitigen Amortisation der Anleihen einzelner deutscher Auto-Verbriefungen kommen. Ein erhöhtes Exposure gegenüber dem Originator stellt jedoch nur einen hypothetischen Grenzfall dar.—-*) Ann-Kristin Möglich und Ralf Raebel sind ABS-Analysten bei der DZ Bank.