Baisse der Versicherer steht vor dem Ende
Von Sophia Wurm *)Die mehrjährige relative Schwäche des europäischen Versicherungssektors (Stoxx Insurance) ist in den vergangenen Wochen bzw. Monaten ausgelaufen. Während sich die technische Situation in Europa verbessert und die Bodenbildung weit fortgeschritten ist, gibt es auch an der Wall Street deutliche Verbesserungen in diesem Segment. Musterbeispiel hierfür ist die im Dow Jones Industrial gelistete Travelers. Diese hat im laufenden Jahr ihre zehnjährige Seitwärtsbewegung abgeschlossen, eine technische Neubewertung etabliert und zuletzt neue Höchststände erreicht.Der Stoxx Insurance vereint die führenden europäischen Versicherungen bzw. Rückversicherungen und umfasst aktuell 33 Titel. Eingeführt wurde der Sektorindex Ende 1991 mit einem Wert von 100 Punkten. Nach der Bilderbuch-Hausse der neunziger Jahre (Gesamtkursanstieg von 84,5 Punkten im August 1992 auf die bisherigen Allzeithochs um 473,7 Punkte im November 2000) war der Sektorindex ab dem Jahr 2000 in eine langfristige, ausgeprägte Baisse-Bewegung übergegangen.Der zentrale Trend dieser Bewegung, der bis heute Bestand hat, liegt aktuell um 200 Punkte. Innerhalb dessen geriet der Stoxx Insurance – nach einer Zwischenerholung in den Jahren 2003 bis 2007 – im Zuge der Finanzmarktkrise erneut kräftig unter Druck und ist mit einem Wasserfalleffekt auf historische Tiefstkurse um 73,8 Punkte (März 2009) zurückgefallen. In dieser Phase etablierte der Sektor eine ausgeprägte relative Schwäche gegenüber dem Stoxx Europe 600. Der Sektoranteil des Stoxx Insurance am Stoxx Europe 600 reduzierte sich ausgehend von etwa 7,3 % Ende 2006 auf 5,0 % Ende Februar 2009. Die übergeordnete Baisse-Bewegung lief erst nach einem Sell-off im Frühjahr 2009 aus und der Sektorindex ging in eine langfristige technische Bodenformation über. Diese wird durch eine Widerstandszone bei 166 bis 182 Punkten begrenzt.Innerhalb der übergeordneten Bodenformation ergab sich ab Sommer 2011 eine Aufwärtsbewegung, welche den Stoxx Insurance im Spätsommer 2012 bis an bzw. in die langfristige Widerstandszone (166 bis 182 Punkte) hineingeführt hat. Diese positive Entwicklung wird von einer ansprechenden technischen Marktbreite begleitet, was bedeutet, dass diese von vielen Sektortiteln mitvollzogen wird. Neben einer verbesserten technischen Lage beim Sektor-Leader Allianz (Indexgewicht ca. 13,9 %), die eine vergleichbare Gesamtlage aufweist wie der Sektorindex selbst, sind insbesondere die britische Prudential (Nr. 3 im Index, Gewicht ca. 8,7 %) sowie die Rückversicherer Munich Re, Swiss Re und Hannover Re aus mittel- und langfristiger technischer Sicht attraktiv. Auch im Bereich der mittelgroßen und kleineren Sektorwerte gibt es mit Sampo, Standard Life, Forsikring und Top Danmark Aktien, die sich in intakten Hausse-Bewegungen bzw. technischen Neubewertungen befinden.Aktuell durchläuft der Stoxx Insurance eine Konsolidierung im direkten Umfeld der langfristigen Widerstandszone bei 166 bis 182 Punkten. Diese sollte aus technischer Sicht einen trendbestätigenden Charakter nach oben aufweisen. Aufgrund des langfristigen Charakters dieser Widerstandszone sollte es allerdings nicht überraschen, wenn der Sektorindex mehrere Versuche benötigt, um diese mit einem neuen Investment-Kaufsignal zu überwinden. Vor dem Hintergrund der ansprechenden technischen Marktbreite sollten die technischen Chancen allerdings gut stehen, dass der Stoxx Insurance die langfristige technische Bodenformation abschließt und damit die Aufarbeitung der zwölfjährigen Baisse in Schwung kommt. Das nächste technische Etappenziel sollte dann das Heranlaufen an den zentralen Baisse-Trend um 200 Punkte sein. Kurs läuft seitwärtsMit Blick auf die (größeren) Indexmitglieder ist u. a. die technische Lage bei Munich Re, die sowohl im Dax als auch im Euro Stoxx 50 enthalten ist, besonders interessant. Diese hatte ab März 2003 eine Hausse durchlaufen und erreichte im Juni 2007 Kurse um 142,80 Euro. Ab Mitte 2008 war die Aktie dann in eine mehrjährige Seitwärtsbewegung hineingelaufen. Diese wurde durch eine Unterstützungszone um 76 Euro auf der einen und die wiederholt getestete Widerstandszone von 123 Euro bis 126 Euro auf der anderen Seite begrenzt.Innerhalb dieser langfristigen Seitwärtsbewegung lag ein Wechselspiel aus mittelfristigen Auf- und Abwärtstrends vor. Der letzte intakte Aufwärtstrend, der im September 2011 bei ca. 77,80 Euro startete und dessen Aufwärtstrendlinie aktuell bei ca. 108 Euro liegt, hat die Aktie wieder in bzw. leicht über die langfristige Widerstandszone (122 Euro bis 126 Euro) geführt. Da die Aktie nun am nachhaltigen Überwinden dieser Zone mit einem neuen Investment-Kaufsignal arbeitet, bietet sich ein (Zu-)Kauf in Munich Re an, die darüber hinaus eine geschätzte Dividendenrendite von ca. 5,0 % aufweist. Da sich als nächstes mittelfristiges Etappenziel der Aufwärtsbewegung in Munich Re ein Test der Widerstandszone um 142,70 Euro (stammt aus 2007) andeutet, sollte die Munich-Re-Position bei einer technischen Bestätigung des Investment-Kaufsignals (liegt bei Kursen um 129 Euro vor) noch weiter ausgebaut werden. —-*) Sophia Wurm ist technische Analystin im Bereich Corporates & Markets Technical Analysis & Index Research der Commerzbank.