Banco Popular versucht Befreiungsschlag
Von Thilo Schäfer, MadridEs ist bislang kein gutes Jahr für Spaniens Banken an der Börse. Die Anleger und Aufseher sorgen sich um die schwache Ertragslage, bedingt durch das Niedrigzinsumfeld und den harten Wettbewerb im Lande, sowie die Aktiva aus der geplatzten Immobilienblase, die trotz der beschwerlichen und teuren Aufräumarbeiten der letzten Jahre immer noch in den Bilanzen schlummern. Als Banco Popular dann am 26. Mai überraschend eine Kapitalerhöhung um 2,5 Mrd. Euro bekannt gab, wurde die gesamte Branche in Mitleidenschaft gezogen.Am meisten litt natürlich Banco Popular selbst, die allein in den ersten beiden Tagen nach der Ankündigung ein Drittel ihres Börsenwertes einbüßte. Kein Wunder, denn die neuen Aktien, auf die die bestehenden Teilhaber ein Vorzugsrecht haben, bieten einen Abschlag von fast 50 % auf den Schlusskurs von 2,11 Euro am Tag vor der Verkündung der Kapitalerhöhung. Mittlerweile nähert sich der Kurs mit 1,44 Euro, wie auch der Preis der Vorzugsrechte am Markt, dem Ausgabepreis der neuen Aktien von 1,25 Euro. Am heutigen Freitag endet die Frist, um sich an der Operation zu beteiligen. Der Erfolg gilt als sicher, da die Kernaktionäre, darunter die Allianz mit 3,3 %, bereits ihre Beteiligung zugesagt haben und die Nachfrage am Markt offenbar ausreichend ist.Seit Jahresbeginn ist die Aktie von Banco Popular, mit einer Bilanzsumme von 160 Mrd. Euro die sechstgrößte Bank Spaniens, um 50 % gefallen und in den letzten zwölf Monaten um 64 %. Vor Ausbruch der Krise 2008 war das Papier sogar bis zu 30 Euro wert. Problemkredite vorhandenDas frische Geld aus der Kapitalerhöhung wird in die Risikovorsorge gesteckt, die im laufenden Jahr um 4,7 Mrd. Euro aufgestockt werden soll. Denn Banco Popular hat nach wie vor mehr problematische Aktiva aus der Immobilienblase in den Büchern als die meisten Mitbewerber. Die niedrige Absicherung war Analysten und Aufsehern schon seit langem ein Dorn im Auge. Nun soll die Abdeckungsrate der nicht rentablen Aktiva (Non-Performing Assets, NPA) von 38 % auf 50 % erhöht werden. Bis 2018 plant das Kreditinstitut NPA im Gesamtwert von 15 Mrd. Euro zu veräußern, da diese durch die erhöhte Risikovorsorge unter dem bisherigen Buchwert an den Mann gebracht werden können. Bei der Bekanntgabe der Kapitalerhöhung vor zwei Wochen sagte der langjährige Vorsitzende von Banco Popular, Angel Ron, dass in diesem Jahr wahrscheinlich Verluste geschrieben würden. Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte die Bank einen Reingewinn von 105 Mill. Euro, 68 % weniger als 2014 aufgrund hoher Aufwendungen für die Risikovorsorge. Die Dividende wurde für 2016 gestrichen und kann im nächsten Jahr wieder eingeführt werden, wenn es die Situation der Bank erlaubt. “Wir haben den Stier bei den Hörnern gepackt”, resümierte Ron.Die Analysten bewerteten diesen Befreiungsschlag von Banco Popular positiv im Hinblick auf die Bilanzbereinigung, einige sind jedoch skeptisch, was die Erfolgsaussichten anbelangt. “Wenn wir die Ausgangslage und die Streichung der Dividende einbeziehen, scheinen die Ziele für 2018 ehrgeizig, aber nicht unmöglich, angesichts der starken Position der Bank im Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen und Freiberufler, der wirtschaftlichen Erholung Spaniens und des Immobiliensektors, möglicher Operationen, eines hohen Effizienzgrades und der positiven Effekte des Abbaus der nicht rentablen Aktiva auf die Kapitalkosten”, kommentierte Nuria Alvarez von Renta 4 in Madrid. Vieles hängt davon ab, ob die Bank tatsächlich bis 2018 NPA für 15 Mrd. Euro loswerden kann. Die Lage am Immobilienmarkt in Spanien hat sich zuletzt verbessert, die Preise sind stabil und steigen in einigen Segmenten sogar wieder. Doch bezweifeln viele Experten, dass es für die schlechtesten dieser Aktiva überhaupt Käufer gibt.Rückenwind bekam Banco Popular auch von den Ratingagenturen, die allesamt nach der angekündigten Kapitalerhöhung ihre Einstufungen bestätigten, “B+” im Falle von Standard & Poor’s, “Ba 1” von Moody’s und “BB-” von Fitch. Alle drei erhöhten den Ausblick auf “positiv”, da das frische Kapital der nötigen Säuberung der Bilanzen von Banco Popular dienen wird.Es ist nicht das erste Mal, dass die Madrider Bank den Markt anzapft. Vor vier Jahren hatte Banco Popular für ebenfalls 2,5 Mrd. Euro neue Aktien ausgegeben. Die Kapitaldecke liegt im spanischen Durchschnitt. Ende 2015 betrug die Eigenkapitalquote gemäß CET 1 fully loaded 10,9 % und im laufenden Geschäftsjahr soll dieser Wert nach Angaben der Bank mit 10,8 % abschließen. Bis 2018 will Banco Popular die Eigenkapitalquote dann auf über 12 % erhöhen, so der Plan.Allerdings wirft das äußerst komplizierte Marktumfeld, das auf die Erträge drückt, Fragen auf. Wie die gesamte Branche in Europa tun sich Spaniens Banken mit den Nullzinsen der EZB sehr schwer, und es wird darüber diskutiert, ob und wie man Negativzinsen an die Kunden weitergeben kann. Hinzu kommt ein knallharter Wettbewerb um Einlagen und Kredite, in dem manche Mitbewerber sehr weit gehen. Die spanische Notenbank verfolgt mit Sorge die Kreditangebote für Unternehmen, die teils nicht einmal die Kapital- und Risikokosten decken. Als einer der Marktführer in diesem Segment hat Banco Popular besonders unter dem Konkurrenzdruck zu leiden. Risikofaktor StraßburgDer größte Risikofaktor für das Geldinstitut lauert jedoch in Straßburg. Der Europäische Gerichtshof muss noch dieses Jahr darüber befinden, ob und wie Spaniens Banken ihre Kunden für eine Klausel in den Hypothekenverträgen entschädigen müssen, mit der ein Mindestzins festgelegt wurde. Die spanischen Gerichte haben die sogenannte “cláusula suelo” für unrechtmäßig erklärt, da Hypothekenkunden so nicht von den Niedrigzinsen am Markt profitieren. Es gilt als ausgemacht, dass die Banken zahlen müssen. Nur ist nicht entschieden, ob dies rückwirkend nur bis 2013 oder bis zum Vertragsabschluss geltend soll. Banco Popular hat Rückstellungen von 350 Mill. Euro für die Entschädigungen gebildet, weshalb der Gewinn wie erwähnt fiel.Die Empfehlungen der Analysten nach der Kapitalerhöhung fallen unterschiedlich aus. Caixabank und Mirabaud sehen den Kurs mittelfristig bei 1,90 Euro, während Citi und Berenberg von 1,70 ausgehen.