Barclays wird defensiv

Britische Großbank rechnet mit schneller steigenden Zinsen als der Markt

Barclays wird defensiv

hip London – Die Anlageexperten der britischen Großbank Barclays gehen davon aus, dass die Zinsen in den Vereinigten Staaten schneller steigen könnten als am Markt erwartet. “Wir bewegen uns in das Umfeld einer auseinanderlaufenden Geldpolitik hinein, über das schon so lange diskutiert wurde, ohne dass es eingetreten wäre”, sagte Jim McCormick, Head of Asset Allocation Research bei Barclays, bei der Vorstellung des Ausblicks auf den Rest des Jahres.Wie man in Großbritannien sehe, könnten sich Zinserwartungen schnell ändern. Er gehe davon aus, dass der Anstieg der Inflation in den USA von Dauer sein werde. Die Bank habe aus Fixed Income in Cash umgeschichtet, insbesondere in Dollar. “Devisen könnten in den kommenden 6 bis 12 Monaten für Investoren sehr interessant sein”, sagte der Stratege. Inflationsgesicherte US-Anleihen sähen attraktiv aus, denn: “Die Inflation nimmt Fahrt auf.” Es sei im Übrigen nicht damit zu rechnen, dass sich die zuletzt beobachtete niedrige Volatilität im zweiten Halbjahr fortsetze. “Wir glauben, dass es in den kommenden sechs Monaten nicht ganz so gut laufen wird wie im ersten Halbjahr”, sagte McCormick. Kontinentaleuropa bevorzugtEs sei aber noch zu früh, Aktien und andere Risikoassets weltweit unterzugewichten. Man suche nach Kaufgelegenheiten außerhalb der Vereinigten Staaten. Der S & P 500 wird das Jahr nach Einschätzung der Aktienexperten von Barclays auf 1 900 (zuletzt: 1 951) Zählern beenden. Die Schwellenländer seien heute besser aufgestellt als vor einem Jahr. Den MSCI Emerging Markets Index sieht Barclays zum Jahresschluss bei 1 230 (1 048) Punkten. Die Bank bevorzugt Aktien aus Kontinentaleuropa und Schwellenländern. Geht es um Branchen rät sie, Finanzdienstleistungen und Energiewerte überzugewichten. Konsumgüterhersteller und die Gesundheitsbranche werden dagegen von Barclays untergewichtet.Zu den wichtigen Veränderungen zählt McCormick, dass Barclays nun Rohstoffe übergewichtet. Die Bank setzt lieber auf Zink als auf Gold. Der Goldpreis ist aus Sicht des Anlagestrategen noch nicht am Boden angekommen. Die Bank rechnet damit, dass das Wachstum in China im zweiten Halbjahr Fahrt aufnehmen wird. Er rechne annualisiert mit mehr als 8 % Wirtschaftswachstum in der Volksrepublik, sagte Christian Keller, der für Schwellenländer zuständig ist. Das sei sehr wichtig für die Weltwirtschaft insgesamt und mit Blick auf Industriemetalle. “Die Märkte könnten überrascht werden”, sagte Keller. Der Anpassungsprozess, der durch die Ankündigung des US-Notenbankchefs Ben Bernanke, die Anleihekäufe zurückzufahren, ausgelöst wurde, sei erfolgreich verlaufen. Selbst die schwächeren Emerging Markets seien heute robuster als zuvor. Auch wenn es zu einem etwas holprigeren Verlauf komme, habe sich die Stimmung der Anleger dahingehend geändert, dass nicht mehr alles unbesehen aus dem Portfolio getilgt werde wie noch vor einem Jahr, sondern nach Ländern differenziert werde. Was die Auseinandersetzungen in der Ukraine angehe, gebe es mittlerweile die Wahrnehmung, dass die Krise weitgehend ausgestanden sei. Mexiko sei eine “tolle Geschichte” wegen der Anbindung an das US-Wachstum. Peripherie-Bonds unattraktivFür wenig attraktiv hält McCormick Staatsanleihen aus der Eurozonen-Peripherie. Das Wirtschaftswachstum habe dort zuletzt ein bisschen enttäuscht. Es gebe kaum ein Polster, dass die Risiken auffangen könne. “Da sind reichlich gute Nachrichten bereits eingepreist”, sagte McCormick.