Bei Aktien drohen jetzt weitere Abverkäufe
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Bei Aktien drohen weitere Abverkäufe
Von Werner Rüppel
Am 28. Juli hat der Dax noch mit einem Schlusstand von 16.470 Zählern ein Allzeithoch erreicht, und die Perspektiven erschienen günstig. Jetzt stehen die weltweiten Aktienmärkte unter Druck, und der deutsche Leitindex ist unter die Marke von 15.000 Punkten gefallen. Die Gründe für die Kursrückgänge sind leicht ausgemacht. Da ist vor allem die plötzlich mit dem Überfall der Hamas ausgebrochene kriegerische Auseinandersetzung im Nahen Osten. Aufgrund der explosiven Lage dort setzen die Anleger auf Sicherheit und trennen sich von Risiko-Assets. "Sichere Anlagehäfen sind gefragt: Aktien verlieren, Gold, Öl und der Schweizer Franken legen kräftig zu", stellt die Helaba fest.
Da sehr viel Öl aus dem Nahen Osten kommt, hat der Ölpreis kräftig angezogen und droht weiter zu steigen. Welche Auswirkungen ein plötzlicher Kriegsausbruch sowie stark ansteigende Energiepreise auf Börsen haben, wissen Anleger aus jüngster Vergangenheit. Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat zu einem massiven Einbruch an den Aktienmärkten geführt. Und jetzt haben wir erneut eine vor allem von der Politik bestimmte Börse.
Hinzu kommt noch ein zweiter Aspekt. Die Notenbanken haben die Zinsen inzwischen kräftig erhöht und es lohnt wieder, Geld an den Zins- und Anleihemärkten anzulegen. "Der Reiz, Aktien teilweise in Bonds umzuschichten, nimmt zu", sagt Uwe Streich, Aktienstratege bei der LBBW. Hohe Zinsen gibt es auch am risikoarmen kurzen Ende. Infolge höherer Energiepreise und einer doch bei gewissen Gütern sich verfestigenden Inflation könnten auch die Notenbanken gezwungen sein, nach einer Zinspause noch einmal zu straffen. Auch dies lastet auf den Aktienmärkten.
Im Grunde hat sich das von den Strategen erwartete Szenario binnen weniger Tagen komplett ins Negative gedreht. "Entscheidend für die weitere Entwicklung der Weltkonjunktur und der Börsen wird die Frage sein, ob sich der Krieg ausdehnt auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem Iran", meint der renommierte Investor Jens Ehrhardt. Für politische Börsen muss die Antwort politisch ausfallen. Beruhigt sich die Auseinandersetzung in Nahost, könnten auch die Aktienmärkte in den kommenden Wochen wieder deutlich anziehen. Ansonsten drohen weitere Abverkäufe.