Bei BP sind engere Spreads in den Karten
Von Achim Wittmann*)
Sorgen bezüglich einer gedämpften Ölnachfrage durch die Ausbreitung der Covid-Delta-Variante haben zu einer temporären Schwäche des Ölpreises im August geführt. Mittlerweile haben sich die Preise erholt. Die Rohölsorte Brent notiert wieder über 70 Dollar je Barrel. Auf der Angebotsseite haben die Opec+-Staaten entschieden, ihr Angebot von August bis Dezember um weitere 2 Mill. Barrel pro Tag anzuheben. Zudem dürfte die US-Ölförderung im weiteren Jahresverlauf wieder anziehen. Trotz tendenziell steigenden Angebots sollten die Preise jedoch stabil bleiben. Schließlich herrscht am Ölmarkt weiterhin ein Angebotsdefizit, die weltweiten Lagerbestände sinken. Darüber hinaus könnte die Opec+ bei rückläufigen Ölpreisen auch schnell wieder einen Rückzieher von den geplanten Fördererhöhungen machen. Die Kartelldisziplin ist momentan relativ hoch.
Die Anleihespreads der Branchenunternehmen, gemessen am iBoxx Oil & Gas, bewegten sich in den vorigen drei Monaten im Gleichlauf mit den Spreads des Gesamtmarktes. In den ersten Monaten dieses Jahres hatte sich die Differenz der Spreads zum Gesamtmarkt nach oben hin ausgeweitet. Entgegen der Tatsache, dass sich die Öl- und Gaspreise längst wieder auf Vorkrisenniveau befinden und sich dies mittlerweile auch in den Ertrags- und Finanzkennzahlen der Branchenunternehmen widerspiegelt, markieren die Spread-Aufschläge gegenüber dem Gesamtmarkt ein historisches Hoch. Dies dürfte zum einen an dem überdurchschnittlich hohen Anteil an Hybridbonds liegen. Darüber hinaus preist der Markt hier vermutlich bereits ein Stück weit die enormen strategischen Herausforderungen ein, vor denen die Branche angesichts der Transformation in der Energiewirtschaft steht.
Volatiler Ölpreis
Die Spreads der BP-Bonds haben sowohl im längerfristigen Bereich als auch bei Laufzeiten von fünf Jahren bereits zum Jahreswechsel 2020/21 das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Mit einem volatilen Ölpreis in einer Range zwischen 60 und 75 Dollar je Barrel bewegten sich die Spreads im längerfristigen Bereich im bisherigen Jahresverlauf analog zur Branche seitwärts. Der Spread für den Bond mit Laufzeit 02/26 startete mit knapp 50 Basispunkten (BP) ins Jahr 2021 und liegt gegenwärtig bei rund 40 BP. Positiv auf den Spread-Verlauf dürften sich die Verbesserung der Finanzkennzahlen sowie die strategische Neuausrichtung des BP-Konzerns ausgewirkt haben. Der als Indikation für das aktuelle Marktrisiko dienende Spread für einen fünfjährigen CDS (Credit Default Swap) beträgt gegenwärtig rund 48 BP. BP hat 21 festverzinsliche Bonds mit Volumina von jeweils mehr als 500 Mill. Euro am Bondmarkt ausstehen. Das durchschnittliche Rating der externen Agenturen liegt bei „A“ mit einem stabilen Ausblick bei Moody’s und Fitch.
„Vom internationalen Ölkonzern zum integrierten Energiekonzern“ – so überschreibt BP seine neue strategische Ausrichtung, die gravierende Veränderungen für die nächsten Jahre vorsieht. Der Fokus der Geschäftstätigkeit liegt zukünftig auf den Bereichen „Low Carbon Electricity and Energy“, „Convenience and Mobility“ und „Resilient and Focused Hydrocarbons“. Differenzieren gegenüber dem Wettbewerb will sich BP dabei durch ein hohes Maß an Integration über die gesamte Energiewertschöpfungskette, Kooperationen sowie durch die Digitalisierung getriebene Effizienzverbesserungen.
Konkrete Zielsetzungen für die nächsten zehn Jahre sind unter anderem: Erhöhung der Kapazitäten an erneuerbaren Energien von 3,3 GW auf 50 GW, Produktion von über 100 kb/d an Biokraftstoffen (aktuell: 30 kb/d), 10% Marktanteil im Bereich Wasserstoff. Darüber hinaus soll das Retailnetz insbesondere in Wachstumsmärkten sowie die Infrastruktur für die Elektromobilität (>70000 Ladestationen; 2020: 10100) ausgebaut werden. Finanziert werden soll die strategische Neuausrichtung durch die operativen Mittelzuflüsse aus dem Öl-und Gasgeschäft sowie aus Desinvestitionen, für die bis zum Jahr 2025 ein Volumen von 25 Mrd. Dollar vorgesehen ist. Im Zuge der Desinvestments soll die Öl- und Gasförderung bis 2030 um 40% reduziert werden. Mit Blick auf die CO2-Emissionen strebt BP eine Reduzierung von 35% bis 2030 und Klimaneutralität bis spätestens 2050 in den eigenen operativen Tätigkeiten an. Der CO2-Ausstoß aller vermarkteten Produkte soll bis 2050 um 50% sinken. Die Zielvorgaben für die Rentabilität liegen bei 12 bis 14% (ROACE). Galt der Konzern lange Zeit als Nachzügler beim Thema Nachhaltigkeit, so hat BP mit seiner neuen strategischen Ausrichtung und den damit verbundenen ehrgeizigen Zielen wieder eine Benchmark in der Branche gesetzt.
Freundlicheres Marktumfeld
Ein gegenüber dem Vorjahreszeitraum erheblich freundlicheres Marktumfeld sorgte im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres für deutlich verbesserte Ertrags- und Finanzkennzahlen. So betrug der bereinigte Nettogewinn 5,4 Mrd. Dollar nach minus 5,9 Mrd. Dollar im Vorjahr. Der operative Cash-flow lag nach den ersten sechs Monaten bei 11,5 Mrd. Dollar gegenüber 4,7 Mrd. Dollar im Vorjahreszeitraum. Infolge hoher positiver freier Mittelzuflüsse konnten die Nettofinanzschulden in der ersten Jahreshälfte von 38,9 auf 32,7 Mrd. Dollar und das Gearing von 31,3% auf 26% reduziert werden. Die für das Jahresende avisierte Zielgröße von 35 Mrd. Dollar wurde bereits nach dem ersten Quartal unterschritten. Für die zweite Jahreshälfte zeichnet sich angesichts eines stabilen Makroumfeldes eine weitere Verbesserung der Finanzkennzahlen ab. Strategische Fortschritte mit Blick auf den Transformationsprozess hat der Konzern insbesondere beim Aufbau seiner Kapazitäten im Bereich erneuerbare Energien gemacht. So ist die Pipeline an neuen Projekten mittlerweile auf 21 GW angewachsen.
Als Emittent von Eurobonds war BP zuletzt im Dezember 2020 am Markt. In diesem Jahr steht noch ein Volumen von rund 2,8 Mrd. Dollar zur Refinanzierung an, unter anderem ein auslaufender Eurobond in Höhe von 1 Mrd. Euro. Insgesamt sind die Fälligkeiten relativ ausgewogen verteilt. Die BP-Anleihen bis Laufzeit 06/25 weisen gegenwärtig negative Renditen auf. Die langfristigen Anleihen mit Laufzeiten von zehn bzw. elf Jahren rentieren derzeit mit 0,6% bzw. 0,7%. Da die Branche aufgrund des sich verändernden Energiemix mittel- bis längerfristig vor größeren strukturellen Veränderungen steht, sind diese Laufzeiten jedoch mit größeren Risiken verbunden. Daher lohnt sich eher ein Blick auf Laufzeiten von sechs und sieben Jahren. Die Spreads der entsprechenden Bonds notieren über der Marktkurve, die dem durchschnittlichen Rating der Agenturen entspricht, und sind daher attraktiv gepreist. Die Renditen sind allerdings auch bei diesen Laufzeiten mit rund 0,3% marginal. Das freundlichere Marktumfeld, die weitere Verbesserung der Finanzkennzahlen sowie Fortschritte im Rahmen der eingeschlagenen Nachhaltigkeitsstrategie könnten zu Spread-Einengungen führen.
*) Achim Wittmann ist Senior Analyst für den Sektor Öl & Gas bei der Landesbank Baden-Württemberg.