Ben Bernanke bestimmt abermals die Richtung am US-Aktienmarkt
Von Hanna Henkel, New YorkDer Chairman der amerikanischen Zentralbank, Ben Bernanke, hat sich in der gerade abgelaufenen Woche abermals als Herr über die Aktienkurse an der Wall Street erwiesen. Nachdem Amerikas oberster Währungshüter am Mittwoch signalisiert hatte, dass die Zentralbank nicht so schnell wie vom Markt erwartet mit dem Abbau des Bondaufkaufprogramms beginnen werde, bekamen die Aktienkurse Aufwind. Der S & P 500 Index etwa schloss am Donnerstag auf dem höchsten Stand in seiner Geschichte. In den letzten fünf Tagen hat er 2,2 % zugelegt, der Dow Jones Industrial Average 1,9 % und der Nasdaq 2,8 %; seit Jahresbeginn stehen die Indizes damit 17,5 %, 18 % bzw. 19 % im Plus.An der Wall Street fragt man sich nun, ob die nun wieder aufgenommene Rally die Quartalsberichtssaison wird durchstehen können – oder aber von ihr zu einem abrupten Halt gebracht werden wird. Die Prognosen für die Quartalszahlen von Corporate America jedenfalls sind eher verhalten. Laut Bloomberg gehen die Analysten davon aus, dass die Gewinne je Aktie der im S & P 500 Index enthaltenen Unternehmen im zweiten Quartal im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum um rund 1,8 % gestiegen sind; rechnet man die Finanzkonzerne heraus, dürfte die Ergebnisentwicklung sogar negativ sein.Dahinter steht die Annahme, dass sich bei stagnierenden Umsätzen durch weitere Kostensenkungen kaum noch höhere Margen und damit höhere Gewinne herauspressen lassen; das Kostensenkungspotenzial dürften viele Firmen in den letzten Quartalen bereits zum großen Teil ausgeschöpft haben. Etwas positiver ist der Ausblick für die Banken, die noch einen größeren, aus der Finanzkrise resultierenden Nachholbedarf haben als etwa die Industrie. Die Finanzkonzerne dürften im Quartal dabei von der Auflösung von Rückstellungen für Kreditrisiken und von Kostensenkungsmaßnahmen profitieren.Die Berichtssaison der amerikanischen Unternehmen war am Montag von dem Aluminiumproduzenten Alcoa eröffnet worden. Der Konzern konnte die Ergebnisprognosen der Wall Street übertreffen: Zwar litt sein Geschäft mit der Herstellung von Aluminium weiterhin unter dem branchenweiten Preisverfall, die von ihm hergestellten verarbeiteten Aluminiumprodukte aber trafen auf eine hohe Nachfrage etwa seitens der Flug- und Raumfahrtindustrie.Am Freitag läuteten dann J.P. Morgan Chase und Wells Fargo die Berichtssaison der US-Finanzkonzerne ein. Und auch wenn beide ihren Gewinn deutlich steigern konnten und die Aussichten für die kommenden Quartale positiv sind, so muss das zweite Quartal doch als eher mittelmäßig verbucht werden. Eine nur langsam wachsende Wirtschaft dämpft noch immer die Kreditnachfrage. Die Zinsmargen schrumpfen in dem Niedrigzinsumfeld weiter. Und angesichts des Anstiegs der langfristigen Zinsen musste das bisher boomende Geschäft mit der Refinanzierung von Hypotheken einen Dämpfer hinnehmen.In der kommenden Woche dürfte die Wall Street dann im Zeichen der Quartalsberichte stehen. Am Montag werden die Zahlen von Citigroup erwartet, am Dienstag kommen Goldman Sachs, Yahoo, Coca-Cola und Johnson & Johnson, am Mittwoch Bank of America, Intel und American Express, am Donnerstag dann Morgan Stanley, BlackRock sowie Microsoft und am Freitag schließen State Street und General Electric die Berichtswoche.Möglicherweise wird aber auch Ben Bernanke den Unternehmen abermals die Schau stehlen: Er wird am Mittwoch vor dem Financial Services Committee des Repräsentantenhauses auftreten und am Donnerstag dann vor dem Banken-Committee des Senats. Makroökonomische Daten wie jene zum Einzelhandel (Montag) sowie zu den Konsumentenpreisen und der Industrieproduktion (Dienstag) dürften ebenfalls die Stimmung am amerikanischen Aktienmarkt in der kommenden Woche prägen.