Berkshire Hathaway: Buffett verblüfft erneut Investoren
Geld oder Brief
Das „Orakel von Omaha“ verblüfft erneut die Investoren
Von Tobias Möllers, Frankfurt
Gegen den Strom zu schwimmen, das ist für den US-Milliardär Warren Buffett nichts Ungewöhnliches. Während zahlreiche Analysten die Aktie des taiwanesischen Chipherstellers TSMC zum Kauf empfehlen, stieß Buffetts Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway die Papiere des Chipriesen zuletzt im großen Stil ab. Die Reduzierung der Bestände des Halbleiterherstellers um satte 86% verunsicherte Investoren und Anleger, lag der 92-jährige Buffett, der als erfolgreichster Investor der Welt gilt, in seiner langen Anlagekarriere doch immer wieder richtig. Dieser legendären Spürnase verdankt Buffett den Spitznamen „Orakel von Omaha“.
Buffett hat Vorliebe für Apple
Seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway haben Buffetts auch mal unkonventionelle Entscheidungen nicht geschadet. Ganz im Gegenteil: Die Holdinggesellschaft erwirtschaftete 2021 einen Nettogewinn in Höhe von knapp 90 Mrd. Dollar, 2022 ging es in turbulentem Marktumfeld allerdings um 22,8 Mrd. Dollar nach unten. Berkshire Hathaway mit Sitz im amerikanischen Omaha gehören über 80 Unternehmen aus so unterschiedlichen Branchen wie Erst- und Rückversicherung, Energie, produzierendes Gewerbe oder auch Schienengüterverkehr. Auch Pralinen, Metallschneidewerkzeuge oder professionelle Luftfahrtschulungen gehören zu dem extrem diversifizierten Portfolio. Mit diesem gehört Berkshire heute zu den zehn größten Unternehmen der USA und beschäftigt mehr als 370.000 Menschen.

Buffetts Lieblingswert ist seit einigen Jahren Apple. Anders als bei TSMC stockte „das Orakel“ seine Beteiligung hier weiter auf. Auch diese Entscheidung liegt quer zur Einschätzung vieler Analysten. Denn der Tech-Riese litt im turbulenten Börsenjahr 2022 ebenso wie die meisten Unternehmen der Branche, was sich zuletzt durch Massenentlassungen äußerte. Buffetts Holding kaufte davon unbeeindruckt im Schlussquartal 2022 dennoch rund 21 Millionen Aktien des iPhone-Herstellers zu. Apple bleibt damit mit einem Anteil von fast 40% die mit Abstand größte Position im Berkshire-Portfolio. Auf den Plätzen folgen aber auch einige konservative, manche würden sagen langweilige Werte. So ist Berkshire zu knapp 10% bei Chevron investiert. Auch Coca-Cola, Kraft Heinz und General Motors gehören zum Portfolio.
Berkshire Hathaway ist mit einigem Vorsprung die teuerste Aktie der Welt. Am 18. April hatte sie einen Preis von 452.000 Euro. Buffett wollte mit diesem hohen Preis dafür sorgen, dass nur langfristig engagierte Investoren auf die Aktie setzen. Gleichzeitig macht ein derartiger Preis den Einstieg für Kleinaktionäre unmöglich, so dass ab dem Jahr 1996 neben den A-Aktien auch B-Aktien gehandelt werden. Diese „Baby-Berkshires“ haben allerdings nur ein Stimmrecht von 1/10.000, dafür ist ein Einstieg deutlich erschwinglicher. Zuletzt notierte die B-Aktie am 14. April bei etwa 290,40 Euro und durchbrach damit die 200-Tage-Linie nach oben. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis wird für das Geschäftsjahr 2023 von den Analysten bei etwa 22 gesehen.
Weniger Aktienrückkäufe
Das Betriebsergebnis lag im vierten Quartal 2022 nach Bloomberg-Daten größtenteils über den historischen Durchschnittswerten. Für Berkshire Hathaway spricht neben Buffetts Spürnase die breite Aufstellung der Beteiligungsgesellschaft, was Buffetts Unternehmen weniger empfindlich für Marktturbulenzen macht. So konnte Berkshire auch den Rückgang des Marktwerts von Apple recht gut wegstecken. Berkshire tätigte im vierten Quartal 2022 Aktienrückkäufe in Höhe von 2,6 Mrd. US-Dollar. Diese lagen über den 1 Mrd. Dollar der vorhergehenden beiden Quartale, aber unter den 7 Mrd. Dollar des Jahres 2021 pro Quartal. 2022 kaufte das Unternehmen insgesamt 1,2% seiner ausstehenden Aktien zurück. Bloomberg-Analysten gehen nach Warren Buffetts Jahresbrief davon aus, dass Berkshire in diesem Jahr zurückhaltender mit Aktienrückkäufen umgeht. Zwar schätze Buffett grundsätzlich die Vorzüge von Aktienrückkäufen, allerdings weist der Investor zugleich darauf hin, dass nicht wertsteigernde Käufe dem Unternehmen nicht helfen.
Investitionen vor Rückkäufen
Hinzu komme, dass die Aktie Mitte 2022 auf etwa dem aktuellen Niveau lag, ohne dass die Rückkäufe wesentlich erhöht wurden. Berkshire stufe Investitionen und Übernahmen aktuell höher ein als Rückkäufe, sei aber in einem inflationären Umfeld traditionell gegen das Halten von Barmitteln, so die Einschätzung von Analysten. Die Aktienkäufe im ersten Quartal übertrafen die früheren Quartale bei weitem, haben sich aber seitdem abgekühlt.
Die Nettoaktienverkäufe von Berkshire beliefen sich im vierten Quartal 2022 auf über 14 Mrd. Dollar, was darauf hindeutet, dass Berkshire einige Verkäufe – nach Einschätzung von Analysten möglicherweise auch die von Taiwan Semiconductor – zu einem günstigen Zeitpunkt getätigt hat. Bei TSMC hatte Berkshire eine untypisch kurze Haltedauer von nur etwa einem Vierteljahr. In den vergangenen zehn Jahren hat Berkshire Hathaway 12,7% pro Jahr zugelegt und gehört damit zu den erfolgreichsten und sichersten Werten der Welt. Alle drei Analysten, die sich zuletzt mit der Aktie beschäftigten, raten bei Berkshire Hathaway zu „Kaufen“.
Widerstandsfähiges Geschäft
Analysten schätzen, dass Berkshire Hathaway auch 2023 seine Ertragskraft beibehalten kann. Demnach könnten die Gewinne trotz inflationären Gegenwinds und eines schwächeren makroökonomischen Hintergrunds sogar wachsen. Gerade das Versicherungs- und Energiegeschäft sei in schwierigeren Zeiten widerstandsfähig. Anleger sind in der Vergangenheit extrem gut mit Berkshire gefahren, die Aktie hat sich langfristig sehr positiv entwickelt und den S&P 500 geschlagen. Investoren sollten aber auch eine gewisse Ruhe mitbringen, wenn Buffett das nächste Mal eine Investitionsentscheidung trifft, die vielen Marktteilnehmern zunächst unverständlich bleibt.