GASTBEITRAG

Bitcoin über 4 000 Dollar - Was steckt dahinter?

Börsen-Zeitung, 6.9.2017 Die Kunstwährung Bitcoin hat jüngst für Schlagzeilen gesorgt, da sie erstmals den Kurswert von 4 000 Dollar übersprungen hat. Noch zu Beginn des Jahres lag der Kurs bei ca. 1 000 Dollar. Vergleichbare Entwicklungen sieht man...

Bitcoin über 4 000 Dollar - Was steckt dahinter?

Die Kunstwährung Bitcoin hat jüngst für Schlagzeilen gesorgt, da sie erstmals den Kurswert von 4 000 Dollar übersprungen hat. Noch zu Beginn des Jahres lag der Kurs bei ca. 1 000 Dollar. Vergleichbare Entwicklungen sieht man bei den nicht ganz so bekannten Kryptowährungen Ethereum oder Ripple, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau.Die Protagonisten virtueller Währungen betonen die schnelle, kostengünstige und fälschungssichere Übertragung von Geldbeträgen durch die Nutzung von kryptografischen Verfahren. Die Transaktionen werden mit Hilfe mathematischer Algorithmen in sogenannten Peer-to-Peer-Computernetzwerken validiert und zu Blöcken zusammengefasst. Banken benötigt man für diese Transaktionen ebenso wenig wie eine Zentralbank zur Geldschöpfung. Dennoch muss man feststellen, dass Bitcoins als Zahlungsmittel im Güter- und Dienstleistungsverkehr auch fast zehn Jahre nach deren Erfindung im Jahre 2008 ein Nischendasein führen. Woher kommt also der plötzliche Kursanstieg?Marktbeobachter führen eine Reihe möglicher Ursachen an, die jedoch alle keine befriedigende Antwort auf diese Frage geben. Dazu gehört die Gabelung der bisherigen Bitcoin(BTC)-Blockchain, indem die neue Kunstwährung Bitcoin Cash (BCH) und damit eine parallele Blockchain zum 1. August 2017 eingeführt wurde. Dabei erhält jeder Besitzer von herkömmlichen Bitcoins eine gleich große Anzahl von Bitcoin-Cash-Einheiten. Unterschiedliche StrategienHintergrund der Spaltung der Bitcoin-Währung ist die Diskussion darüber, wie man die Abwicklung der Transaktionen auf der Blockchain schneller gestalten kann, da sich die Abwicklung von Transaktionen zunehmend verlangsamte und man gleichzeitig einen Anstieg der Transaktionskosten verzeichnet hat. Das Core-Entwickler-Team von Bitcoin arbeitet an einer Beschleunigung der bestehenden Core-Software, indem man die Transaktionsdaten von den Signaturen trennt. Durch diesen sogenannten “SegWit” (Segregated-Witness-Ansatz) will man zusätzliche Kapazitäten zur Erhöhung der Transaktionsgeschwindigkeit im Netzwerk freisetzen. Die Vertreter von Bitcoin Cash verfolgen hingegen die Strategie, die Blockgröße deutlich zu erhöhen. Diese Auseinandersetzung hat letztlich zu der Gabelung der Blockchain geführt und zu einem separaten Handel von Bitcoin Cash. Diese hat bislang noch eine sehr kurze Kurshistorie und notiert bei etwa 0,1 Bitcoin. Letztlich bedeutet diese Spaltung eher eine Schwächung der Bitcoin Chain, so dass dieser Vorgang wenig zur Begründung der Kursexplosion beiträgt.Andere Erklärungen sehen die Ursache in der steigenden Akzeptanz von Bitcoin als Zahlungsmittel in Ländern wie Japan, in denen gerade die Generation Y für die Verwendung von Bitcoin offen ist. Dieser Effekt ist jedoch quantitativ viel zu gering, als dass er ein nennenswerter Kurstreiber sein könnte. Fundamental nicht erklärbarLetztlich gibt es keine plausible Erklärung für die rasante Kursentwicklung – und das ist ein Grund zur Besorgnis. Denn fundamentale Daten, die Kursbewegungen von klassischen Währungen erklären können, wie z.B. Zinsdifferenzen, unterschiedliche Inflations- oder Wachstumserwartungen, fallen als Erklärungsfaktoren weg. Bleibt die Vermutung, dass es sich primär um eine spekulative Blase handelt, die von sich selbst erfüllenden Erwartungen getrieben wird. Ob dahinter auch gezielte Manipulationen von großen Marktteilnehmern stehen, kann ebenso wenig geprüft werden wie eine alternative Hypothese, dass sich Bitcoin einer wachsenden Beliebtheit für illegale Geschäfte im Darknet erfreut. Vielleicht ist es auch eine Mischung all dieser Faktoren. Aufsicht muss handelnIn jedem Fall ist der plötzliche Preisanstieg ein weiterer Beleg dafür, dass sich die internationale Finanzaufsicht des Themas “Kryptowährungen” verstärkt annehmen muss. Bislang ist dieser Markt weitestgehend unreguliert, intransparent und unbeaufsichtigt. Keiner weiß, wer aus welchen Gründen Geld in diese Verrechnungseinheiten investiert. Höchste Zeit, dass sich dies ändert. Wie groß das Phänomen inzwischen ist, zeigt die Tabelle in diesem Artikel. Der Marktwert der fünf größten Kryptowährungen liegt bei mehr als 120 Mrd. Dollar.—-Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies an der Goethe-Universität, Frankfurt