TECHNISCHE ANALYSE

Blue-Chip-Index arbeitet an der Trendwende

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 10.7.2019 Seit einigen Wochen gibt es zwei zentrale Themen an den Finanzmärkten. Dies sind der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie die Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks. Im Zollstreit...

Blue-Chip-Index arbeitet an der Trendwende

Von Christian Henke *)Seit einigen Wochen gibt es zwei zentrale Themen an den Finanzmärkten. Dies sind der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie die Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks. Im Zollstreit ist zuletzt ein wenig Ruhe eingekehrt. Beide Seiten reden wieder miteinander. Auf weitere Strafzölle wurde vorerst verzichtet. Die “Waffenruhe” wurde lediglich verlängert. Doch nur ein Tweet von US-Präsident Donald Trump würde schon reichen, um wieder für Verunsicherung zu sorgen.Im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses steht im Augenblick die Geldpolitik in den Vereinigten Staaten und der Eurozone. Die Marktteilnehmer rechnen in den USA mit einer Zinssenkung Ende dieses Monats. Allerdings wurde die Hoffnung darauf nach den jüngsten besser als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktdaten ein wenig gedämpft. Auf dem Alten Kontinent hat die doch ein wenig überraschende Nominierung von Christine Lagarde als mögliche neue EZB-Chefin die Börsen angeschoben. Die Anleger hoffen auf eine Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik. Diese war in den zurückliegenden Jahren der Treibstoff für die Handelsplätze in Europa.Seit Ende Dezember 2018 konnte der deutsche Leitindex deutlich Boden gutmachen. Die Frage ist nun, ob die Trendwende bereits gelungen ist. Wir werfen daher einen prüfenden Blick auf das Big Picture des Dax. Neues EinstiegssignalIm Langfristchart auf Monatsbasis sind die Bollinger-Bänder zu sehen. Diese wurden von John Bollinger ursprünglich zur Identifikation von überkauften und überverkauften Situationen entwickelt. Allerdings können diese auch als Trendfolgeansatz verwendet werden. Die Einstellung sind zwölf Monate und eine Standardabweichung. Die herkömmliche Herangehensweise sieht eine zweifache Standardabweichung vor. Allerdings sollen zur Signalgenerierung mehrere Kurse außerhalb der Bänder liegen. Bei einem Monatsschlusskurs oberhalb des oberen Bandes springt die technische Ampel auf Grün. Unterhalb des unteren Bandes liegt ein mittelfristiges Verkaufssignal vor. Im Mai dieses Jahres stand das obere Band dem Dax noch im Weg. Einen Monat darauf wurde mit dem Sprung über das besagte Band ein neues Einstiegssignal generiert. Somit könnte es für das heimische Börsenbarometer weiter in höhere Kursgefilde gehen. Als nächstes Etappenziel dient das Allzeithoch von Januar 2018 bei rund 13 600 Punkten. Es handelt sich hierbei um ein gut funktionierendes Handelssystem. Bei einer Überprüfung der vergangenen zwanzig Jahre konnten die Bollinger-Bänder als Trendfolgeindikator eine Trefferquote von mehr als 80 % verzeichnen. Solange der Dax nicht unter das untere Band bei derzeit 12 484 Punkten fällt, ist die Welt in Ordnung. Bei einem neuerlichen Ausstiegssignal müsste die Trendwende ad acta gelegt werden. Warten auf 200-Tage-LinieWir haben in der Vergangenheit bereits mehrmals auf die Bedeutung der 200-Tage-Linie hingewiesen. Vor allem funktioniert die Glättungslinie sehr gut zur Vorhersage über den mittelfristigen Trend. Die klassische Signalgenerierung – der Kurs des Basiswertes kreuzt die Durchschnittslinie von unten nach oben bzw. umgekehrt – wird nicht beachtet. Weitaus wichtiger ist, ob der Durchschnitt steigt und die Notierungen darüber liegen. Anfang April hat der gewichtete 200-Tage-Durchschnitt – hierbei werden die jüngeren Kurse stärker berücksichtigt – sein lokales Minimum erreicht. Mit anderen Worten, die Glättungslinie fiel nicht mehr. Seitdem steigt der beliebte Trendfolgeindikator wieder. Bereits in Kürze könnte die 200-Tage-Linie nachhaltig gen Norden gedreht haben. Dies würde die Wiederaufnahme des mittelfristigen Aufwärtstrends zur Folge haben.Wie bereits eingangs erwähnt, hat der Dax seit Anfang dieses Jahres schon eine beachtliche Strecke gen Norden zurückgelegt. Allerdings befindet sich der deutsche Leitindex immer noch in einer Korrekturphase. Die Konsolidierung fing im Januar des vergangenen Jahres an und erreichte im Dezember 2018 ihren Tiefpunkt. Ausgehend von dem damaligen Zwischentief bei 10 279 Punkten konnte der Dax eine Gegenoffensive starten. Bis zum Rekordhoch bei etwa 13 600 Zählern sind es noch rund 1 000 Indexpunkte. Erst oberhalb der besagten Rekordmarke könnte der mittelfristige Aufwärtstrend wieder fortgesetzt werden. Im Monatschart sollten noch die horizontale Widerstandslinie bei 12 840/12 860 Punkten sowie die psychologische Marke bei 13 000 Zählern zurückgewonnen werden. Schwache SommermonateDie Sommermonate zählen nicht unbedingt zu den stärksten eines Börsenjahres. Vor allem im August und September ging es in der Vergangenheit auf dem Frankfurter Börsenparkett abwärts. Ein rückläufiges Handelsvolumen könnte den Dax in den kommenden Wochen ein wenig bremsen. Deutlich besser sieht es dagegen im Schlussquartal aus. Statistisch betrachtet konnte der Dax in den zurückliegenden Jahren in diesem Zeitraum spürbar zulegen. Allerdings ist die Saisonalität nur ein Kann und kein Muss, wie das Jahr 2018 gezeigt hat. Zwischen Oktober und Dezember mussten die Anleger hierzulande herbe Kursverluste hinnehmen. *) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG.