IM BLICKFELD

Bonität zählt am Zertifikatemarkt

Von Werner Rüppel, Frankfurt Börsen-Zeitung, 31.1.2019 Im schwierigen Kapitalmarktjahr 2018 hat das Volumen am deutschen Zertifikatemarkt leicht von 68,9 Mrd. Euro Ende 2017 auf 71,5 Mrd. Euro im November des vergangenen Jahres zugelegt. Auch wenn...

Bonität zählt am Zertifikatemarkt

Von Werner Rüppel, FrankfurtIm schwierigen Kapitalmarktjahr 2018 hat das Volumen am deutschen Zertifikatemarkt leicht von 68,9 Mrd. Euro Ende 2017 auf 71,5 Mrd. Euro im November des vergangenen Jahres zugelegt. Auch wenn es bereits mehr als zehn Jahre her ist, so liegt seit der Lehman-Insolvenz im September 2008, die damals rund 50 000 Zertifikateanleger traf, ein wesentlicher Schlüssel für das Wachstum der Derivatebranche in der Bonität der Emittenten.Und hier gibt es cum grano salis Positives zu vermelden. Denn mit der DZ Bank (Marktanteil laut Deutschem Derivate Verband per 30. September 2018: 18,1 %), der Deka (Marktanteil: 17,6 %), der LBBW (Marktanteil 12,3%) und der Helaba (Marktanteil: 12,3 %) rangieren als besonders bonitätsstark geltende Volksbanken und Sparkassenvertreter vorne in der Emittentenrangliste (gemessen am Marktvolumen). Hingegen hat die Deutsche Bank, deren Bonität inzwischen nicht mehr als “allererste Sahne” gilt, an Boden verloren und liegt mit einem Marktanteil von 8,2 % nur noch auf Rang 5. Kein Verlass auf AgenturenZertifikate sind bekanntlich Inhaberschuldverschreibungen einer Bank und weisen somit wie eine Anleihe ein Emittentenrisiko auf. Lehman hat gezeigt, dass die Beurteilung der Bonität eines Hauses keine einfache Sache ist. Auf die Ratingagenturen war damals kein Verlass, so hat Standard & Poor’s Lehman wenige Tage vor der Insolvenz noch mit der guten Note “A+” bewertet. Die Qualität der Ratings der großen Agenturen mag sich verbessert haben, jedoch hat der deutsche Markt für Mittelstandsanleihen in den vergangenen Jahren gezeigt, dass das Urteil von Ratingagenturen stets kritisch zu hinterfragen ist.Im Fall Lehman hat allerdings der massive kurzfristige Anstieg der Werte für Kreditausfallversicherungen auf Anleihen des Instituts, der sogenannten Credit Default Swaps (CDS), die Bonitätsverschlechterung angekündigt. Wobei der CDS-Anstieg nicht zwangsläufig zur Insolvenz führen musste, diese zuzulassen war nicht zuletzt auch eine politische Entscheidung der Amerikaner.Entsprechend ist seit der Lehman-Insolvenz der CDS-Wert von Zertifikateemittenten in den Vordergrund gerückt. Und der Deutsche Derivate Verband (DDV), der sich eine möglichst hohe Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat, veröffentlicht denn auch CDS-Werte der einzelnen Institute auf seiner Website.In den vergangenen Monaten ist vor allem der CDS-Wert der Deutschen Bank deutlich angestiegen, sprich die Bonität der Blauen hat sich doch merklich verschlechtert. Mit einem Wert von 180 Basispunkten p.a. für eine Kreditversicherung liegt die Deutsche jedenfalls viel höher als die LBBW mit 43 und die Helaba mit 47 Basispunkten p.a. Wie der Balkenchart zeigt, weisen auch Emittenten wie BNP Paribas, HVB/Unicredit und die Société Générale deutlich niedrigere CDS-Werte als die Deutsche Bank auf.Interessant ist die Commerzbank, deren CDS-Wert aktuell bei 105 Basispunkten p.a. liegt. Denn nachdem der geplante Verkauf der Derivatesparte der Commerzbank an die Société Générale vollständig in trockenen Tüchern und der Übergang vollzogen ist, würde die französische Großbank für die emittierten Zertifikate haften. Und damit würde den Inhabern der Papiere automatisch ein besserer CDS-Wert zuteilwerden. Die Inhaber von Commerzbank-Zertifikaten, die vor der Ankündigung des Verkaufs der Derivatesparte emittiert wurden, haben sogar einen doppelten Vorteil: Für diese Emissionen haften dann sowohl die Société Générale als auch die Commerzbank.Doch was ist nun mit der DZ Bank und der DekaBank? Warum gibt es für diese Institute keine CDS-Werte? Die DZ Bank refinanziert sich kaum über herkömmliche Anleihen. Vielmehr werden überwiegend Inhaberschuldverschreibungen an Banken im genossenschaftlichen Verbund sowie deren Privatkunden ausgegeben. Da diese nicht frei gehandelt werden, existiert laut DDV kein hinreichender Credit Spread. Auch die DekaBank kann sich, anders als die Deutsche Bank, in ihrem Verbund finanzieren. Dass es für DZ und DekaBank keine CDS-Werte gibt, ist also nicht als Nachteil oder als Hinweis auf eine mangelnde Bonität zu werten. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.Die beiden Spitzeninstitute weisen nicht nur gute Ratings auf. Ihre Bonität gilt jeweils als eine der besten am deutschen Zertifikatemarkt. So stuft zum Beispiel das Fachmagazin “ZertifikateBerater” die Bonität der DZ Bank und der DekaBank mit “Rating-Scores” von 17,7 und 17,0 als wesentlich höher ein als die der Deutschen Bank mit einem Score von 13,3 oder von Leonteq Securities mit 11,0 (wobei die Stufen von 1 bis 20 reichen). Gute WachstumschancenAlles in allem hat der deutsche Zertifikatemarkt damit eine gute Chance, im Volumen in diesem Jahr weiter zuzulegen. Denn gerade im aktuellen Nullzinsumfeld eröffnen ausgewählte strukturierte Produkte risikoarme bzw. risikobegrenzte Alternativen zu den riskanten Aktien. Und auch zu Anleihen, die derzeit erhebliche Rückschlagrisiken bergen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Emittenten mit guter Bonität zur Verfügung stehen. Dies ist wie beschrieben der Fall.