Brexit-Ängste überlagern Inflationsanstieg
sts Frankfurt – Die Ängste vor den Folgen eines ungeordneten britischen EU-Austritts haben am Dienstag am Währungsmarkt den unerwartet kräftigen Preisanstieg im Vereinigten Königreich überlagert. Dieser gab dem Pfund zunächst Auftrieb bis auf 1,3215 Dollar, doch Berichte über weiterhin festgefahrene Verhandlungen zwischen der EU und den Briten über die Brexit-Modalitäten haben die Gewinne dann wieder abschmelzen lassen. Im späten Handel kostete Sterling kaum verändert 1,3162 Dollar. Der Euro kostete unverändert 88,80 Pence.Nach Veröffentlichung der Inflationsdaten war das Pfund erstmals seit Ende Juli wieder über die Marke von 1,32 Dollar gesprungen. Die britischen Verbraucherpreise waren im August um 2,7 % gestiegen, während der Marktkonsens nur auf ein Plus von 2,4 % eingestellt war. Dies löste Spekulationen aus, die Bank of England könne früher als erwartet den nächsten Zinsschritt gehen. Der Geldmarkt rechnet Bloomberg-Daten zufolge nun mit dem nächsten Zinsschritt im August nach zuvor November 2019. Im Hinblick auf die Zinsentwicklung herrscht allerdings Streit zwischen den Beobachtern der britischen Notenbank. Ein Großteil von ihnen rechnet eher mit Zinssenkungen, falls es zu einem ungeordneten No-Deal-Brexit Ende März kommt. Andere rechnen jedoch eher mit Zinserhöhungen, weil die Bank of England dann ähnlich wie ein Schwellenland versuchen muss, einen Absturz des Pfundes zu stoppen. Der Pfund-Kurs ist bislang das Ventil, über den sich die Brexit-Ängste am Kapitalmarkt äußern. Für die Briten bringt die bisherige Abwertung einen Verlust an Kaufkraft, weil Importe deutlich teurer geworden sind.Entsprechend dem bekannten Muster reagierte das Pfund gestern auf Nachrichten, wonach eine Einigung über die Brexit-Modalitäten beim EU-Gipfel in Salzburg zu scheitern droht. Die britische Zeitung “The Times” hatte zuvor berichtet, Premierministerin Theresa May bereite sich darauf vor, den überarbeiteten Verhandlungsvorschlag der EU zur irischen Grenze abzulehnen. Zugleich erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk, die Briten müssten ihre Vorschläge überarbeiten.Die Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Provinz Nordirland wird künftig die EU-Außengrenze und damit auch Zollgrenze sein. Die britische Regierung möchte einerseits aus der Zollunion austreten, aber zugleich keine Zollkontrollen am Boden durchführen. Ins Gespräch gebrachte technische Lösungen werden kritisch gesehen, weil das Vorbild der Grenze zwischen Schweden und Norwegen nicht vergleichbar ist. Beide Länder gehören nämlich der EU-Zollunion an.Unterdessen stieg der Euro um 0,2 % auf 1,1685 Dollar. Dass sich die jüngste, von Italien ausgehende Unsicherheit rund um die Währungsunion wieder etwas legt, zeigt die Abwertung des Schweizer Franken. Für einen Euro wurden 1,1303 Franken gezahlt, 0,4 % mehr als am Vortag. Die italienischen Renditen waren jüngst gefallen.