Brexit bedrängt Personaldienstleister
Der Brexit-Entscheid wird einer Studie der UBS zufolge europäischen Personaldienstleistern zu schaffen machen, Gewinnschätzungen und Kursziele werden gekappt. Allerdings sehen die Analysten auch Chancen, etwa bei Hays. Mehr oder weniger ungeschoren kämen Prüftechniker weg.amb Frankfurt – Sicherheitsdienste, Zeitarbeitsunternehmen, Anlagenvermieter, Outsourcing- und Callcenter-Spezialisten – hinter dem Begriff Industriedienstleister verbergen sich ganz unterschiedliche Tätigkeiten. Ganz unterschiedlich wird sich nach Ansicht der UBS auch das Brexit-Votum auf diese Branche auswirken. Besonders leiden unter der erwarteten schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung in Großbritannien und Kontinentaleuropa werden einer Studie der Schweizer Bank zufolge die Personaldienstleister. Für relativ robust halten die Analysten Unternehmen, die Prüftechnik oder Sicherheitsdienste anbieten. Favoriten bleiben die Prüf- und Testfirma Applus, der Personaldienstleister Hays, der irische Industriedienstleister DCC und der Callcenter-Anbieter Teleperformance, außerdem noch der technische Dienstleister Spie. Abgeraten wird unverändert von Adecco, Aggreko, Brenntag, Securitas und Serco. Noch hohe AbwärtsrisikenDie Analysten haben in ihren neuen Schätzungen das schwierigere wirtschaftliche Umfeld in Großbritannien und Kontinentaleuropa sowie veränderte Wechselkurse berücksichtigt – allerdings keine Rezession. Die Unsicherheiten durch das Referendum der Briten seien mittlerweile eingepreist, heißt es. Sehr gute Namen mit vorhersehbarer Cashflow-Entwicklung und robustem Geschäftsmodell wie Prüftechnik seien nach wie vor hoch bewertet – allerdings zu Recht.Abwärtsrisiken gebe es eher bei stark konjunkturabhängigen Unternehmen, vor allem den Personaldienstleistern. Komme es, anders als erwartet, doch noch zu einer Rezession, könnten die Aktien wieder auf die Bewertungsniveaus von 2009 (EV/Ebitda) fallen – und die Kurse damit um weitere 35 % sinken. Für die Personaldienstleister werden die Gewinnschätzungen kräftig reduziert, ebenfalls die Kursziele. Auch einige britische Unternehmen kommen jetzt deutlich schlechter weg. Keine größeren Auswirkungen erwarten die Experten in der Prüftechnik. Unterschiedlicher fielen die Folgen in anderen Bereichen aus, etwa der Anlagenvermietung oder dem Handel. Robuste PrüftechnikZu den Favoriten gehört das spanische Prüfunternehmen Applus (“Buy”), als Kursziel werden 10,50 nach 11 Euro (aktuell 9,28 Euro) genannt, die Gewinnschätzungen für 2017 werden leicht von 0,70 auf 0,71 Euro je Aktie angehoben. Bei Applus, die zuletzt stark unter der Abhängigkeit von der Öl- und Gasbranche gelitten hat, sei die Talsohle durchschritten, die Gewinnaussichten würden unterschätzt. Applus sei in einigen Bereichen Marktführer, zudem sei die Umstrukturierung gelungen. Ebenfalls auf “Buy” gestuft wird der britische Personaldienstleister Hays, das Kursziel wird aber von 1,70 auf 1,30 Pfund (aktuell 1,18 Pfund) gesenkt. Hier spiegele der Aktienkurs einen Abwärtstrend à la 2009 wieder, was nicht gerechtfertigt sei. Hays sei die beste Adresse unter den Personaldienstleistern – mit einer extrem starken Stellung in einigen Bereichen wie Buchhaltung und IT. Die Gewinnschätzungen für 2017 werden allerdings um 9,2 % gesenkt auf 8,98 Pence je Aktie.Auch zu DCC wird geraten, dem irischen Unternehmen, Dienstleister in den Bereichen Öl/Gas, Healthcare, Technologie und Abfallwirtschaft, werden unverändert 70 Pfund (aktuell 67,92 Pfund) zugetraut. Die Analysten verweisen auf das robuste Geschäftsmodell und halten Übernahmen für möglich. Die Gewinnschätzungen für das kommende Jahr werden von 280 auf 278 Pence reduziert. Der technische Dienstleister in den Bereichen Energie und Kommunikation Spie wird ebenfalls auf “Buy” gestuft mit einem Kursziel von unverändert 22 Euro (aktuell 16,98 Euro). Laut UBS werden am Markt das robuste Geschäftsmodell und die Perspektiven des Unternehmens ignoriert. Die Gewinnschätzungen bleiben bei 1,40 Euro für 2017. Zum Kauf geraten wird auch beim Callcenter-Spezialisten Teleperformance, das Kursziel bleibt bei 86 Euro (aktuell 83,24 Euro). Das Unternehmen agiere in einem boomenden Markt und sei selbst seit 2002 organisch jedes Jahr um 7 % gewachsen. Wegen der gesunden Bilanz halten die Analysten auch Übernahmen für möglich. Die Gewinnschätzungen werden leicht von 5 auf 4,90 Euro gesenkt. Adressen ohne PotenzialAls Underperformer unter den Industriedienstleistern sieht die UBS hingegen Securitas und Aggreko, die beide auf “Sell” gesetzt werden, aber auch Adecco, Brenntag und Serco, für die mit “Neutral” votiert wird. Die positive Entwicklung beim schwedischen Sicherheitsunternehmen Securitas (Kursziel 105 skr, aktuell 144,90 skr) aus dem vergangenen Jahr dürfte nicht fortgeschrieben werden, heißt es, die Analysten rechnen mit Margendruck in Europa und Nordamerika. Der britische Vermieter von Großanlagen zur Stromerzeugung Aggreko wird ebenfalls kritisch gesehen, die Wettbewerbssituation habe sich deutlich verschlechtert. Das Kursziel wird aber von 8 auf 8,50 Pfund (aktuell 10,75 Pfund) angehoben.Für die Schweizer Zeitarbeitsfirma Adecco wird das Kursziel von 67 auf 53 sfr (aktuell 53,60 sfr) gesenkt. Adecco könne zwar von einem Aufschwung in Frankreich profitieren, anderswo in Europa lauerten aber Risiken. Die UBS rät, lieber abzuwarten. Das Unternehmen, das am 10. August seine Zahlen für das zweite Quartal vorstellen will, berichtete schon im Mai, also vor dem Brexit-Votum, von einem negativen Einfluss bei der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Finanzbereich. Im ersten Quartal konnte der Konzern seinen Umsatz insgesamt zwar um 4 % steigern, in Großbritannien und Irland stagnierte er aber.Für den Chemikalienhändler Brenntag sprächen zwar die soliden Cash-flows und die gute Marktstellung, nach vielen Enttäuschungen sind die Analysten aber vorsichtiger bezüglich Wachstum und Margenentwicklung. Als Kursziel werden unverändert 49 Euro (aktuell 44,70 Euro) genannt. Das Kursziel für Serco liegt bei 0,95 Pfund (aktuell 1,28 Pfund). Das Unternehmen, dessen Aktivitäten Dienstleistungen für den Staat umfassen – etwa technische Unterstützung für das britische Verteidigungsministerium, IT-Support und Flugsicherung -, habe das Schlimmste zwar hinter sich. Allerdings könnten die Gewinne langsamer steigen als erwartet.Die Brenntag-Aktie hat derzeit wenige Anhänger. So votieren DZ Bank, Baader Bank und Commerzbank mit “Halten”, Hauck & Aufhäuser rät zum Verkauf, nur die Deutsche Bank zum Kauf. Die DZ Bank hat den fairen Wert für Brenntag vor den für den 10. August erwarteten Zahlen für das zweite Quartal von 46 auf 44 Euro gesenkt und die Einstufung auf “Halten” belassen. Die Analysten gehen davon aus, dass sich die gute Entwicklung in Europa und Asien fortgesetzt hat, in Nordamerika sei aber noch keine positive Trendwende in Sicht. Die mit der Vorlage der Quartalszahlen erwartete Konkretisierung der Jahresziele könne leicht enttäuschen. Laut Baader Bank (“Hold”, Kursziel 48 Euro) bewegt sich Brenntag in einem schwierigen Umfeld, für das zweite Quartal wird kein organisches Wachstum prognostiziert. Für Hauck & Aufhäuser (“Sell”, Kursziel 41,50 Euro) bleibt die Lage für den Chemikalienhändler trüb, die Umsatz- und Gewinnerwartungen wurden reduziert. Die Deutsche Bank stufte Brenntag Mitte Juli hingegen von “Hold” auf “Buy” hoch (Kursziel 51 Euro). Aufgrund des weiterhin herausfordernden Konjunkturumfelds reduzierten die Analysten zwar ihre Schätzungen für 2016 bis 2018, die Free-Cash-flow-Rendite von 6 % sei jedoch sehr attraktiv und werde die Nettoverschuldung per Ende 2017 merklich reduzieren können.