Digitale Assets

Brücke zwischen Realwirtschaft und Kapitalmarkt bauen

Digitale Assets implizieren eine Vielfalt von Möglichkeiten – Trend zur Nutzung von Plattformen wird sich rasant weiterentwickeln

Brücke zwischen Realwirtschaft und Kapitalmarkt bauen

Die Mission, die Realwirtschaft mit dem Kapitalmarkt direkt zu verbinden, ist mit einer Reihe von Stolpersteinen verbunden. Aber die gute Nachricht: In den vergangenen Jahren hat es einen gehörigen Schub bei der Technologieentwicklung im Kapitalmarkt gegeben. Alles andere wäre auch ein Wunder: Selbstfahrende Autos, intelligentere Medikamente, pflanzenbasiertes Fleisch, aber Kreditvergabe und -refinanzierung noch genauso wie vor 30 Jahren? Das macht keinen Sinn.

Was können digitale Assets?

Ein Terminus hat Einzug gehalten in den Refinanzierungsjargon: digitale Assets. Aber wie kaum ein zweiter Begriff in der wunderbaren neuen Fintech-Welt versteht jeder unter diesem Begriff ein bisschen was anderes. Zeit also, einmal eine Bestandsaufnahme zu machen und anzuschauen, was digitale Assets sind und was sie vor allem können beziehungsweise ermöglichen.

Wenn man über digitale Assets oder Tokenisierung spricht, dann fällt auf, dass die allgemeine Wahrnehmung schwankt zwischen „das ist was mit Blockchain, und das passiert erst in zehn Jahren“ bis hin zu „ist ein alter Hut, machen wir schon lange“. Erst einmal ist ein Digital Asset genau das, was der Name sagt: Ein digitales Asset. Sehr wohl kann zum Beispiel im Rahmen einer Verbriefung das Underlying etwas Physisches sein. Wenn das repräsentieren-de Instrument digitaler Natur ist, dann haben wir es bereits mit einem digitalen Asset zu tun.

Ganz penible Zeitgenossen könnten somit zu dem Ergebnis kommen, dass schon die Schöpfung von Giralgeld die Schaffung eines digitalen Assets zur Folge hat. Insofern ist es zielführend, einmal einzugrenzen, was digitale Assets heute können und was nicht.

Es ist sinnvoll, dass Besitzverhältnisse von transferierbaren Assets heute digital und revisionssicher abgebildet werden, solange ge­währleistet ist, dass die Information nicht ungerechtfertigt verändert werden und nicht verloren gehen kann. Wer möchte schon Papier bedrucken, verwahren und transportieren?

Wenn man einmal gedanklich an diesem Punkt ist, dann wird schnell klar, dass digitale Assets aber noch mehr können, als die bloßen Besitzverhältnisse abzubilden. Vor und nach der Schaffung des digitalen Assets sitzt die Magie. Die Daten zur Schaffung des digitalen Assets können aus einem digitalen und automatisierten Workflow übernommen werden. Damit sind bezüglich Fragmentierung, Größe und Anzahl der Assets keine Grenzen mehr gesetzt. Digitale Assets können ein programmiertes Verhalten haben, besser gesagt, es können vertraglich festgelegte Logiken implementiert werden. Das Asset verwaltet sich somit zumindest teilweise selbst.

Die Realität sieht anders aus

Hierzu muss allerdings natürlich sichergestellt werden, dass die Schnittstellen, mit denen das Asset mit der Welt verknüpft wird, die richtigen Daten liefern und abnehmen können. Und hier genau liegt der Hase im Pfeffer. Die Realität im europäischen Bankenumfeld sieht leider so aus, dass zum Beispiel die Daten von Kreditbeständen häufig fehlerbehaftet oder nicht reibungsfrei und nicht in Echtzeit verfügbar sind. Da nützt die tollste smarte Logik des digitalen Assets nichts. Das Ergebnis ist ein „garbage in – garbage out“.

Die Voraussetzung dafür, dass das volle Potenzial von digitalen Assets ausgespielt werden kann, ist also nicht nur die Digitale-Asset-Infrastruktur, sondern 80% des Aufwandes bei Transaktionen bestehen in der Regel darin, Daten zu reinigen und Digital-Asset-fähig zu machen. Ob das zu transformierende reale Asset dann ein Kredit, ein Gemälde oder irgendeine Forderung ist, spielt keine Rolle mehr.

Wir merken uns also: Wenn die Daten strukturiert angeliefert werden können, kann das ganze Asset Handling relativ einfach digitalisiert werden. Das spart Kosten, erhöht Liquidität und befreit von Limitierungen bezüglich Größe, Granularität und Art der Assets.

In der Folge kann man im Markt beobachten, dass plötzlich völlig neue Arten von Geldanlage bestehen und auch die Produktlandschaft, insbesondere im Kreditbereich, auf den Kopf gestellt wird. Letztlich ist die Entscheidung darüber, was einen Wert als Geldanlage hat, von der Produktschmiede der Bank auf die Gesellschaft übergegangen: Ob CO2-Emissionsrechte, Kryptowährungen oder partielle Eigentumsrechte an Kunstwerken – die Anleger bestimmen selbst, welchem digitalen oder physischen Gut sie einen Wert beimessen. Und digitale Assets liefern die operative Grundlage für den Handel.

Im Kreditbereich kommt digitalen Assets eine ganz besondere Bedeutung zu. War früher noch die Bank der Begeber und Halter von Krediten, so etablieren sich rasend schnell Modelle, bei denen Kredite sehr nahe am Produkt entstehen. Erstes Beispiel dafür war die mit einem Handyvertrag gekoppelte Finanzierung. Natürlich war es keine Magie, dass man zum teuren Vertrag ein Handy „geschenkt“ bekam, sondern ein integriertes Finanzierungsprodukt (embedded lending) der ersten Generation.

Heute sehen wir am Markt Modelle, die von Miet- und Leasingmodellen über Buy-now-pay-later (der alte gute Ratenkauf) bis hin zu Finanzierungen basierend auf der Nutzung (pay-per-use oder auch pay-per-part) reichen.

Das bedeutet, wir sehen hier eine Bewegung, ja gar einen Trend, zur Konvergenz von Zahlungsdienstleistungen, klassischen Refinanzierungslösungen und dem Kapitalmarkt auf einen Punkt hin. Dieser Punkt ist relativ einfach zu benennen. Es ist exakt der Moment im Leben einer Privatperson oder eines Unternehmens, wo es um den Bezug einer Dienstleistung oder den Erwerb eines Gegenstandes geht. Das kann der Fernseher im Elektrofachmarkt sein, der Abschluss eines Mobilfunkvertrages zusammen mit einem Gerät, der Erwerb einer Immobilie, die Neuanschaffung eines großen Laserschneiders für das Industrieunternehmen und so weiter.

Wenn man es also schafft, zu dem Zeitpunkt der Entstehung eines realen Assets direkt die Transformation hin zu einem digitalen Asset zu vollziehen, dann eröffnet das eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten und auch die direkte Einbindung des Kapitalmarktes bei der Refinanzierung. Dadurch wird der Prozess nicht nur schneller, sondern auch deutlich effizienter, was für alle Beteiligten entsprechende Vorteile mit sich bringt.

Beispiel aus der Praxis

Durch diesen Ansatz und die dafür benötigte digitale Infrastruktur sowie das dazugehörige Know-how bauen wir die Brücke zwischen der Realwirtschaft und dem Kapitalmarkt. Um vielleicht etwas konkreter zu werden, hier ein Beispiel eines Projektes aus den zurückliegenden Wochen. Gemeinsam mit der Meag, der Ergo und dem Unternehmen Bikeleasing haben wir erfolgreich daran gearbeitet, eine direkte Refinanzierung von granularen Leasingforderungen für Dienstfahrräder abzubilden.

Zusätzlich wurde in diesem Projekt auch noch ein entsprechendes Investment-Grade-Rating erzielt und eine Entsprechung der ICMA Green Bond Principles (ICMA steht für International Capital Market Association). Solche direkten und effizienten Kopplungen zwischen der Realwirtschaft und dem Kapitalmarkt werden durch den Einsatz von Technologie und Erfahrung ermöglicht.

Wir sind der festen Überzeugung, dass wir durch digitale Assets noch mehr Innovationen sehen werden und der Trend zur Nutzung von Plattformen sich weiterhin rasant entwickeln wird.

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