TECHNISCHE ANALYSE

Bundesanleihen geraten unter Druck

Von Stefan Salomon *) Börsen-Zeitung, 4.5.2016 Die kommenden Monate werden an den Finanzmärkten interessant. Der Euro im Höhenflug - hier lässt sich aus charttechnischer Sicht sogar ein Kursziel bis ungefähr 1,30 Dollar ableiten. Auch der Goldpreis...

Bundesanleihen geraten unter Druck

Von Stefan Salomon *)Die kommenden Monate werden an den Finanzmärkten interessant. Der Euro im Höhenflug – hier lässt sich aus charttechnischer Sicht sogar ein Kursziel bis ungefähr 1,30 Dollar ableiten. Auch der Goldpreis mit deutlichen Zugewinnen und einem Test der runden Marke von 1 300 Dollar. Diese Aufwärtstendenz sollte anhalten. Kursziele für den Goldpreis dürfen bis ca. 1 500 Dollar bestimmt werden.Nach oben gedeckelt erscheinen jedoch die deutschen Anleihen. Der Bund-Future hatte in den vergangenen Wochen mit Gewinnmitnahmen zu kämpfen. Zudem zeigt sich in den langfristigen Monatskerzen der japanischen Chartmethodik, den Candlesticks, ein potenzielles Trendwendemuster in dem Kontrakt. Im übergeordneten Blick auf den fortlaufenden, einfach zusammengesetzten Kontrakt des Bund-Future ist der Aufwärtstrend nach einer kleinen Märzkerze mit Lunte (ein sogenannter Hanging Man, ein Trendwendemuster) angeschlagen. Die Lunte zeigt die Bereitschaft des Marktes zu Gewinnmitnahmen an. Die Kraft der Bullen hat gelitten. Auch die Aprilkerze spiegelt diese Verkaufsneigung auf hohem Niveau wider. Würde nun im weiteren Verlauf des Jahres 2016 das Märztief bei 160,81 % unterschritten sowie folgend auch eine weitere wesentliche Unterstützungszone im Bereich 160 % bis 159 % geknackt werden, so würde eine Trendwende vorliegen. Ein Ziel wäre sodann das Tief der langen weißen Monatskerze vom Januar 2016 und letztlich auch der langfristige, seit 2011 bestehende Aufwärtstrend. Mittelfristige WarnsignaleNoch aber ist das Tief des Hanging Man vom März nicht unterschritten. Die Aufwärtsbewegung ist intakt. Doch auch die Wochenkerzen als mittelfristige Signalgeber zeigen Warnsignale an, dass die Aufwärtsbewegung sich erschöpft haben könnte. Schon im Februar 2016 bildete sich in den Wochenkerzen der Candlesticks ein Shooting Star, gefolgt von einem Dark-Cloud Cover Ende Februar/ Anfang März sowie letztlich einem kleinen Bearish Engulfing Mitte April.Diese Candlestick-Muster zeigen nach oben deutlichen Widerstand an und dürfen als Trendwendemuster interpretiert werden. Mit den kräftigen Abgaben bis Ende April und drei schwarzen, negativen Wochenkerzen in Folge seit Mitte April hat sich die Stimmung für die deutschen Bundesanleihen gedreht. Der langfristige Aufwärtstrend und das Vertrauen in das Kaufprogramm der EZB dürften zwar zu temporären Erholungen im Bund-Future führen. Das Vertrauen in steigende Kurse im Bund-Future wird nicht von einem Tag auf den anderen vernichtet werden. Eine Überraschung aus charttechnischer Sicht wären neue Hochs im Bund-Future. Die Monatskerzen ließen sodann Kursziele bis ca. 170 % zu – die Rendite der zehnjährigen Bundestitel würde gen null streben. Auch Negativrekorde in der Zinslandschaft der deutschen Bundesanleihen wären in diesem jedoch unwahrscheinlicheren Szenario zu erwarten. Denn die Trendwendemuster in den Monats- und Wochenkerzen signalisieren, dass der Weg nach oben verbaut sein sollte und Erholungen in Richtung 163 bis 164 % eher verkauft werden dürften. Positives Bild für den EuroPositiv hingegen stellt sich die Chartsituation im Euro zum US-Dollar dar. Weiterhin ansteigende Kurse auch über 1,17 Dollar, vor allem per Wochen- oder Monatsschlusskurs, würden eine langfristige Bodenbildung abschließen. Im Euro hat sich über ein Jahr, seit Februar 2015, eine W-Formation ausgebildet, eine potenzielle Trendwendeformation. Mit den jüngsten Kursgewinnen im Euro und einem Ausbruch über 1,15 Dollar zum Anfang dieser Woche besteht nun die Chance, die W-Formation nach oben hin zu verlassen. Hieraus lassen sich Kursziele bis ca. 1,20/1,21 Dollar sowie im zweiten Schritt bis 1,25 und letztlich bis ca. 1,30 Dollar ableiten. Rücksetzer hingegen finden im langfristigen Bild zwischen 1,11 bis 1,10 Dollar Kaufneigung, und erst ein Monatsschlusskurs unter 1,10 Dollar würde die Lage wieder eintrüben. Als Fazit für den Euro darf festgehalten werden, dass sich für Devisenhändler eine Möglichkeit entwickeln könnte, auf eine langfristige Aufwärtsbewegung im Euro zu setzen und kurzfristige Kaufsignale eine erhöhte Aussagekraft erhalten.Kräftiges Aufwärtspotenzial verspricht die Chartanalyse auch für den Goldpreis, der schon im Februar mit einer langen weißen Monatskerze aus einer langfristigen Keilformation nach oben ausgebrochen ist mit Zielen bis 1 500 Dollar. Die Keilformation im Goldpreis entwickelte sich von Mai 2013 und spiegelte mit abnehmender Schwankungsbreite im zurückliegenden Jahr die abwartende Haltung der Anleger im Goldmarkt wider. Gold bricht nach oben ausMit dem Ausbruch nach oben und steigenden Kursen hat sich das Interesse der Anleger für Gold wieder deutlich verstärkt, und Mittelzuflüsse sind zu beobachten. Mit dem jüngsten Kursanstieg über das bisherige Jahreshoch 2016 ist der Goldpreis aus einer mehrwöchigen Range nach oben ausgebrochen und hat das Kursziel aus dem Keil aktiviert. Kritisch hingegen wäre hier ein Rückfall unter ca. 1 250 Dollar. Ein solches Szenario würde die Bullen enttäuschen und den Goldpreis nach oben deckeln.—-*) Stefan Salomon ist technischer Analyst bei wallstreet-online.de.