IM INTERVIEW: ULF KRAUSS, HELABA

"Bundesanleihen immer noch beliebt"

Bondmarktstratege: Begrenzte Rückschlagrisiken im ersten Halbjahr - Renditeanstieg erst im Jahresverlauf

"Bundesanleihen immer noch beliebt"

Deutsche Staatstitel sind aufgrund der Italien-Unsicherheit gut unterstützt. “Der Kursverlauf zeigt, dass Bundesanleihen immer noch als Safe Haven beliebt sind”, sagt Ulf Krauss, Rentenmarktstratege der Helaba, im Interview der Börsen-Zeitung. Seiner Ansicht nach werden die Rückschlagrisiken im ersten Halbjahr deshalb begrenzt bleiben. Für den Fall, dass die zyklische Erholung der Konjunktur im Jahresverlauf deutlicher sichtbar werden sollte, geht er von steigenden Renditen aus.- Herr Krauss, die Italien-Wahl hat zu einem verstärkten Ansteuern des sicheren Hafens Bund geführt. Das Italien-Downgrade durch Fitch wirkt in die gleiche Richtung. Bleiben Bunds in naher Zukunft aufgrund der Italien-Unsicherheiten gut unterstützt?Das Wahlergebnis hat auf den Bund-Future wie ein Jungbrunnen gewirkt, obwohl der Anstieg der italienischen Risikoaufschläge insgesamt überschaubar blieb. Der Kursverlauf zeigt, dass Bundesanleihen immer noch als Safe Haven beliebt sind. Dies dürfte zumindest noch im ersten Halbjahr die Rückschlagrisiken begrenzen.- Welche politische Entwicklung in Italien erwarten Sie angesichts der Pattsituation? Könnte Italien am Primärmarkt deshalb deutlich unter Druck geraten? Die Spreads wie CDS- und Bund-Spread haben sich deutlich ausgeweitet. Im Vergleich zu Spanien steht Italien derzeit wieder schlechter da.Die Anleger sind nicht nur aufgrund der Patt-Situation verunsichert, sondern auch, weil die Hälfte der italienischen Wähler für Parteien gestimmt hat, die der Währungsunion mehr oder weniger ablehnend gegenüberstehen. Gleichwohl ist nicht mit einer erneuten Zuspitzung der Euro-Schuldenkrise zu rechnen, auch wenn der Euro zuletzt unter die Marke von 1,30 Dollar gesunken ist. Der fortgesetzte Rückgang der spanischen Renditen sowie der beeindruckende Kursanstieg an den Aktienmärkten haben gezeigt, dass das Vertrauen in den sogenannten “Draghi-Put” relativ ausgeprägt ist. Die Chancen stehen gut, dass die Krise im Euroraum weiter abklingt.- Nicht nur am langen Ende der Kurve, das heißt bei zehnjährigen Bundesanleihen, sondern auch im kurzen Laufzeitenbereich sind die Renditen deutlich zurückgekommen. Erwarten Sie, dass das zweijährige Bund-Segment erneut in den negativen Bereich rutscht? Am Geldmarkt, das heißt bei sechsmonatigen Bundestiteln, sind wir ja bereits wieder an der Nulllinie.Dies hängt stark vom geldpolitischen Kurs ab. Sinkende Inflationsraten und mitunter verhaltene Konjunkturdaten haben die Zinssenkungsfantasie zuletzt erneut befeuert. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte jedoch auf die konjunkturelle Bodenbildung setzen und sich eher ruhig verhalten. Eine weitere Senkung hilft den Krisenländern konjunkturell kaum weiter. Stattdessen drohen ansteigende langfristige Inflationserwartungen, Blasen an den Finanzmärkten und ein noch größerer Anlagenotstand.- Ist nach den bis jetzt erfolgten Rückzahlungen bei den beiden Dreijahrestendern (Long Term Refinancing Operations, LTRO) der EZB noch genügend Überschussliquidität im System? Ab wann erwarten Sie durch das Absinken der Überschussliquidität Auswirkungen auf die Bundesanleihen?Seit Beginn der Finanzkrise ist ein erstaunlicher Gleichlauf zwischen Bund-Future und EZB-Bilanzsumme zu erkennen. Auf eine Verschärfung der Krisenlage reagierten sowohl die EZB mit einer Ausweitung der Liquidität als auch das Kursbarometer Bund-Future mit einem Ausschlag nach oben. Wird die Rückführung der LTRO letztlich als Normalisierungsprozess wahrgenommen, wovon wir ausgehen, dann sollten die Rentenkurse ebenfalls niedrigere Niveaus ansteuern.- Mit welchem Rückzahlungsvolumen beider Tender rechnen Sie per Ende dieses Jahres?Bislang haben die Banken Tilgungen im Umfang von insgesamt knapp 230 Mrd. Euro vorgenommen. Damit dürfte schon der überwiegende Teil in diesem Jahr vollzogen sein. Es läuft also wohl darauf hinaus, dass gut ein Viertel der beiden Dreijahrestender im Volumen von rund einer Billion Euro vorzeitig zurückgezahlt wird.- Wo sehen Sie die zehnjährige Bund-Rendite per Jahresende? Wo erwarten Sie die zweijährige Rendite?Wenn die zyklische Erholung im Jahresverlauf deutlicher sichtbar wird, wovon wir ausgehen, dann dürfte am Jahresende bei den Bunds eine zwei vor dem Komma stehen. Auch die Rendite zweijähriger Bundesanleihen wird vermutlich ansteigen und bei rund einem halben Prozent notieren. Die extrem expansive Ausrichtung der wichtigen Notenbanken spricht für weltweit tendenziell steilere Zinsstrukturen.- Sehen Sie makroseitig Aufwärtsdruck auf die Bund-Renditen zukommen?Lassen Sie mich die Frage im Stil einer Wettervorhersage beantworten. Vergangenes Jahr schien aufgrund der Kapitalflucht, eines zyklischen Abschwungs und der Zinssenkung überwiegend die Sonne, was sich in historischen Renditetiefs und einer guten Performance niederschlug. Die Großwetterlage hat sich gegenüber 2012 allerdings verändert. Die ersten Tiefausläufer waren bereits im Januar spürbar. Zwar spricht einiges im Moment für eine atmosphärische Beruhigung, zumal sich die Teuerung zuletzt sichtbar reduziert hat. Entwarnung kann für deutsche Renten angesichts einer zu erwartenden konjunkturellen Stabilisierung im Euroraum jedoch nicht gegeben werden. Auch die positiven Impulse vom US-Rentenmarkt, die vergangenes Jahr noch für beständigen Rückenwind gesorgt haben, scheinen deutlich nachzulassen.—-Die Fragen stellte Kai Johannsen.