Bondmärkte

Kampf mit der 3-Prozent-Marke

Die zehnjährige Bundrendite kämpft seit rund einem Monat mit der Marke von 3%. Nachlassende Inflationssorgen und ein schwächelndes Wachstum sind nur zwei Gründe dafür, warum die Marke nicht überwunden wird.

Kampf mit der 3-Prozent-Marke

Mehrere Anläufe hat die zehnjährige Bundesanleihe nun schon seit Anfang Oktober unternommen, die Marke von 3% deutlicher und vor allem dann auch länger zu überwinden. Anfang Oktober erreichte sie 3,02% und damit den höchsten Stand seit zwölf Jahren. In den vergangenen vier Wochen kletterte sie zwar verschiedentlich bis kurz vor diese Marke, dann fiel der Markt aber immer wieder zurück. In dieser Zeit pendelte die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe von gut 2,70% bis knapp unter 3%.

Kampf mit 3-Prozent-Marke

Zehnjährige Bundrendite unternimmt mehrere Anläufe – US-Bondangebot im Blick

Die zehnjährige Bundrendite ist nun mehrfach an der Renditemarke von 3% gescheitert. Nachlassende Inflation, schwächelndes Wachstum und die restriktiven Finanzierungsbedingungen haben Bondanleger in diesem Zusammenhang im Blick. Im Fokus steht auch das US-Staatsanleiheangebot.

kjo Frankfurt

Deutliche Erfolge

Die Bondanleger befinden sich derzeit in einem Spannungsfeld aus verschiedenen Einflussfaktoren. Angetrieben wurde der Renditeanstieg der Bundesanleihen und der Renditen in diversen anderen Anleihemarktsegmenten von den Leitzinssteigerungen der Notenbanken im Kampf gegen die ausufernde Inflation seit Anfang des vergangenen Jahres. Die Erwartung immer höherer Leitzinsen, die zur Eindämmung der Teuerungsraten erforderlich werden würden, führte zu den Renditesteigerungen am Bondmarkt. Mittlerweile zeigen sich aber deutliche Erfolge im Kampf gegen die Inflation. Der Preisdruck im gemeinsamen Währungsgebiet etwa geht im Zuge der mittlerweile zehn Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) immer mehr zurück und dämpft damit auch die Erwartungen der Anleger an etwaige künftige Inflationsschübe. Die Verbraucherpreise kletterten im Oktober nur noch um 2,9% im Vergleich zum Vorjahresmonat (Erwartung: 3,1%). Damit nähert sich die Teuerung in der Eurozone dem EZB-Zielwert von um die 2% an. Leitzinssteigerungen werden damit in Zukunft weniger dringlich sein, im Gegenteil: Sie könnten das Ende der Fahnenstange erreicht haben. Die EZB ist derzeit im Pausenmodus, was ihre restriktivere Gangart betrifft.

Deutlichere Renditesteigerungen und damit Renditeschübe der zehnjährigen Bundesanleihe über die Marke von 3% blieben aber auch noch aus einem anderen Grund bislang aus. Weite Anlegerkreise an den Bondmärkten stellen sich darauf ein, dass die Wirtschaft in der Eurozone in den nächsten Monaten schwächeln wird. Die EZB wartet derzeit die Wirkungen der Serie von Zinserhöhungen auf die Teuerung sowie die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen, Banken und staatlichen Stellen ab. Denn Zinsanhebungen wirken bekanntlich nicht sofort mit vollumfänglicher Intensität, sondern zeitverzögert. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Renditesteigerungen am Bondmarkt selbst wiederum ihren Einfluss auf die Wirtschaft haben, verschlechtern sie doch das Finanzierungsumfeld für die betreffenden Adressen, wirken also wie eine Leitzinserhöhung. Auf die Wirtschaft durchgeschlagen haben die höheren Leitzinsen und Bondrenditen offenkundig schon. So ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank um 0,1%.

Ein weiterer Faktor, der Anläufe zum Überwinden der Marke von 3% in den kommenden Wochen zumindest behindern könnte, ist das absolute Renditelevel selbst. Sehen Anleger, dass die Marke von 3% erreicht wird, so greifen sie zu, um diese laufende Verzinsung in ihren Portfolios festzuzurren. Allein diese Käufe von Bundesanleihen bremsen den Renditeanstieg aber oder kehren ihn gar um. Unternimmt der Markt dann neuerliche Versuche, das 3%-Level zu erreichen, und scheitern diese wiederholt, greifen Anleger schon kurz vor dem Erreichen der Marke wieder zu, etwa bei 2,95%, was die Renditesteigerungen abbremst.

Zudem gilt der Blick der Anleger auch den Entwicklungen auf anderen Bondmärkten, allen voran am US-Staatsanleihemarkt. Dort ziehen die Renditen ebenfalls seit Anfang 2022 deutlich an, die zehnjährigen US-Papiere haben jüngst die Marke von 5% erreicht, ein Level, das seit 2007, also dem Ausbruch der damaligen Subprime- und Immobilienmarktkrise, nicht mehr gesehen wurde.

Steilere Zinskurve

Tiffany Wilding, Managing Director und Nordamerika-Ökonomin beim Anleiheriesen Pimco, macht darauf aufmerksam, dass der Anstieg der Anleiherenditen in den USA mit einer Versteilung der Renditekurve zusammenfällt – insbesondere der realen Renditekurve –, was darauf hindeute, dass Investoren ein höheres „Renditepolster“ – d.h. eine höhere Laufzeitprämie – für den Kauf von Staatsanleihen mit längerer Laufzeit verlangen. „In dieser Situation erscheint es unlogisch, dass eine geringere Rezessionswahrscheinlichkeit die Investorenerwartungen an die zukünftige Angebotsfülle an Anleihen auf dem Markt erhöhen könnte. Normalerweise führt Wachstum zu höheren Steuer- und Staatseinnahmen, wodurch der Finanzierungsbedarf des Staates sinkt. Dies geschieht jedoch derzeit nicht, denn ohne eine bevorstehende Rezession können die Zentralbanken ihre Anleihebestände stärker reduzieren. Darüber hinaus könnte sich der fiskalische Ausblick weiter verschlechtert haben, da staatliche Anreize zur Förderung erneuerbarer Energien die Steuereinnahmen in diesem wachsenden Sektor verringern könnten“, sagt Wilding. In welchem Maße sich dieses künftige Angebot bereits in den aktuellen Anleihepreisen widerspiegele, sei aufgrund größerer Fehlermargen bei ökonometrischen Schätzungen schwer zu sagen. „Dennoch können wir anhand von elf wissenschaftlichen Studien eine vernünftige Schätzung abgeben, dass der Markt bereits etwa 3,5 Bill. Dollar zusätzliches Angebot an US-Staatsanleihen eingepreist hat“, sagt sie.

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