Bundrendite knackt 1-Prozent-Marke

Wachstumsminus in Deutschland treibt Anleger in sicheren Hafen - Anleiheangebot könnte 2015 sinken

Bundrendite knackt 1-Prozent-Marke

Die zehnjährige Bundrendite ist gestern erstmals unter 1% gefallen. Schwache Konjunkturdaten aus Deutschland trieben die Anleger wieder in den sicheren Hafen des Bundes. Aber auch die Aussicht auf ein womöglich geringeres Bundesanleihenangebot im Jahr 2015 drückte die Renditen. Gefragt waren neben Bundestiteln französische, belgische und niederländische Staatspapiere, die ebenfalls rekordtiefe Renditen markierten.kjo/wf Frankfurt/Berlin – Gestern Vormittag wenige Minuten nach 10 Uhr MESZ ist es so weit gewesen, auch wenn es bei manchem Datenanbieter nicht auf dem Schirm angezeigt wurde: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel unter die Marke von 1 %. Das berichteten Banken. Sowohl auf der Geld- als auch auf der Briefseite waren die Notierungen für die aktuelle zehnjährige Bundesanleihe (fällig im Mai 2024) so weit gestiegen, dass bei der Rendite die Null vor dem Komma zu beobachten war. Im Mittel lag die Rendite bei 0,998 %. Damit stand erstmals entlang der Kurve von Geldmarktlaufzeiten bis hin zu den zehnjährigen Bundesanleihen bei der Rendite eine Null vor dem Komma – allerdings nur für wenige Augenblicke. Dann lag die Rendite der Zehnjahrespapiere wieder über der 1 %-Marke. In den vergangenen Tage hatte der Markt in einem urlaubsbedingt ausgedünnten Handel immer wieder Anläufe in Richtung dieser Schwelle unternommen. Kurz davor kam der Markt aber immer wieder zum Stehen.Ausgelöst wurde der neuerliche Schub nach unten durch die enttäuschenden Wachstumszahlen aus Deutschland. Im zweiten Vierteljahr war die Wirtschaftsleistung Deutschlands gegenüber dem Vorquartal um 0,2 % zurückgegangen. Experten hatten schon seit einiger Zeit befürchtet, dass die geopolitischen Krisenherde, insbesondere die Ukraine-Krise, die Wirtschaft in der Eurozone belasten werden. Für das zweite Quartal waren sie beim deutschen Bruttoinlandsprodukt aber noch von einem unveränderten Wert ausgegangen. Das Abrutschen in die Minuszone sorgte infolgedessen für Überraschung und ließ die Anleger damit einmal mehr den sicheren Hafen der Bundesanleihen ansteuern. Bund-Future über 150Der Bund-Future mit September-Fälligkeit knackte die Marke von 150 %. Das Tageshoch wurde bei 150,16 % gesehen. Im Verlauf pendelte er um diese Marke. Bei den Bundesanleihen blieb es somit bei leicht oberhalb von 1 % liegenden Renditen. Abends lag der Bund-Future bei 149,93 % mit 20 Ticks im Plus. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe lag bei 1,017 % nach 1,03 % am Mittwoch. Bei der Aufstockung der zehnjährigen Bundesanleihe zur Wochenmitte bekamen die Anleger das Papier noch zu 1,08 %.Die Anleger griffen aber nicht nur bei den deutschen Anleihen zu. Gefragt waren auch Staatspapiere aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden. In diesen Ländern lagen die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen ebenfalls auf einem Rekordtief. Im Vergleich zu den Bundesanleihen gibt es hier für die Investoren immer noch einen kleinen Rendite-Pick-up zu verdienen. In Frankreich lag das Rekordtief im Zehnjahresbereich gestern bei 1,39 %, in Belgien ebenfalls bei 1,39 % und bei den niederländischen Pendants bei 1,19 %.Gedrückt wurde die Bundrendite auch dadurch, dass sich für das kommende Jahr womöglich ein geringeres Angebot an Bundesanleihen abzeichnet. Der Bundeshaushalt 2015 soll erstmals seit Jahrzehnten ohne weitere neue Schulden auskommen, nachdem für dieses Jahr noch 6,5 Mrd. Euro an Nettokreditaufnahme eingeplant sind. Gleichwohl benötigt der Bund auch 2015 Mittel zur Tilgung fällig werdender Kredite. Nach dem vom Bundeskabinett Anfang Juli gebilligten Kreditfinanzierungsplan soll die Bruttokreditaufnahme mit Einnahmen von 189,4 Mrd. Euro um 16,7 Mrd. Euro hinter dem für 2014 geplanten Betrag von 206,1 Mrd. Euro zurückbleiben. Für Laufzeiten von mehr als vier Jahren sind danach 99,8 (2014: 118,2) Mrd. Euro eingeplant, für die Laufzeit von ein bis vier Jahren fast unverändert 49,6 Mrd. Euro und für die Laufzeit von weniger als einem Jahr 39,9 (38,4) Mrd. Euro. Der Bundestag berät den Etat erstmals Anfang September. Verabschiedet wird das dann überarbeitete Rechenwerk im November. Gute Aussichten für LänderAuf der Suche nach Rendite greifen die Anleger auch bei Länderanleihen oder Schuldtiteln der deutschen Gebietskörperschaften zu. Die Ratingagentur Moody’s geht davon aus, dass die Gebietskörperschaften noch einige Jahre von günstigen Refinanzierungsbedingungen profitieren werden. Mittelfristige Länder-Bonds lägen derzeit noch bei Spreads von 30 Basispunkten über den Renditen der entsprechenden Anleihen des Bundes. Die engeren Spreads reflektierten die steigende Nachfrage seitens der Investoren nach Anleihen der Gebietskörperschaften. Die Investoren sehen hier begrenzte Kreditrisiken aufgrund der finanziellen Solidität dieser Adressen.—– Wertberichtigt Seite 8