GELD ODER BRIEF

Campari glänzt auf dem Allzeithoch

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 30.9.2016 Eine rasante Kursbewegung haben die Aktien des für seine AperolSpritz-Aperitifs bekannten Spirituosen-Herstellers Davide Campari in den letzten Wochen hingelegt. Die Kurse verzeichneten...

Campari glänzt auf dem Allzeithoch

Von Thesy Kness-Bastaroli,MailandEine rasante Kursbewegung haben die Aktien des für seine AperolSpritz-Aperitifs bekannten Spirituosen-Herstellers Davide Campari in den letzten Wochen hingelegt. Die Kurse verzeichneten am 29. September ihr Allzeithoch von 10,28 Euro. Innerhalb der letzten zwölf Monate hat der Campari-Kurs um 47 %, seit Jahresbeginn um 26 % zugelegt. Der Branchenindex Food & Beverage an der Mailänder Börse legte seit 30. Dezember 2015 rund 13 % zu, hingegen sank der allgemeine FTSE-MIB-Index seit Jahresbeginn um 23 %.Mehrere Analysten haben in den vergangenen Wochen das Kursziel für Campari nach oben revidiert. Berenberg korrigierte das Kursziel auf 11,60 von 7,20 Euro mit einem Upside-Potenzial von rund 20 % auf den gegenwärtigen Kurs. J.P. Morgan erhöhte das Kursziel auf 9 von 8 Euro. Und während die Analysten von Berenberg, Kepler und Merrill Lynch ihre Empfehlung von “Hold” auf “Buy” angehoben haben, korrigierten J.P. Morgan und Mediobanca ihre Empfehlung auf “Neutral” von zuvor “Underweight”. Citigroup ernennt Campari zu ihren Blue-Chip-Favoriten am Mailänder Aktienmarkt: “Es gibt in Mailand interessante Raritäten wie etwa Campari, die ein Gegengewicht zum Druck auf die Mailänder Kursliste sind.” Marktwert verdoppeltDer Emissionspreis lag im Jahr 2001 bei 1,55 Euro pro Aktie. Während der letzten zwei Jahre hat Campari die Börsenkapitalisierung auf derzeit 5,7 Mrd. Euro verdoppelt. Andrew Brown, Gründer von Cedar Rock Capital, meinte kürzlich, Campari zähle zu den besten Investitionen des Fonds. Dieser hält 10,8 % Anteile an dem Getränkehersteller. Die dem Unternehmensgründer Davide Campari nahestehende Unternehmerfamilie Garavoglia hält noch mit 51 % die absolute Mehrheit an dem Unternehmen. Morgan Stanley Investment Management und Independent Franchise Partners halten je 2 % Anteile. Mark Nichols vom Fonds Thredneedle European Select ist von dem Titel ebenfalls angetan: “Es handelt sich um eine Aktie, die nicht für ein paar Monate, sondern für fünf bis zehn Jahre zu halten ist. Das Wachstumspotenzial ist groß, die Nettogewinne legen jährlich um 5 % zu.” Er vergleicht Campari infolge der vorhersehbaren und langfristigen Marken-Entwicklung mit der Schweizer Nestlé-Gruppe. Vor allem in den weniger gesättigten Märkten außerhalb Italiens und Deutschlands sehen die Analysten Wachstumschancen.Für die jüngste Kursrally sind zwei Gründe ausschlaggebend. Campari hat im vergangenen März die größte Akquisition der vergangenen Jahre getätigt und für 683 Mill. Euro die französische Marke Grand Marnier, besser gesagt die Kontrolle der französischen Société des Produits Marnier Lapostolle (SPML) übernommen. Und vor wenigen Tagen gelang dem Aperitif-Hersteller eine Umschuldung, die die Zinsbelastung verringert und die finanzielle Flexibilität erhöht. Campari hat Anleihen über 310 Mill. Dollar vorzeitig zurückgezahlt. Die neue Finanzierung erfolgte mittels eines 300-Mill.-Euro-Darlehens seitens Banco Popolare, Intesa Sanpaolo und Unicredit. Auch wurde die Umschuldung eines weiteren 450-Mill.-Euro Darlehens vorgenommen. Die Analysten des Finanzberaters Equita werten die Transaktion positiv angesichts 28 Mill. Euro niedrigerer Kosten für den Schuldendienst 2016 und weiterer Einsparungen von 6 bis 7 Mill. Euro ab 2017.Dennoch zählen die durch die Übernahme von Grand Marnier erhöhten Verbindlichkeiten zu den neuralgischen Punkten des Konzerns. Ende Juni wies Campari Nettoschulden von 1,34 Mrd. Euro aus, gegenüber 826 Mill. Euro per Ende 2015. Mediobanca Securities erwartet bis Jahresende einen Schuldenstand von 1,24 Mrd. Euro, die sich dann 2017 auf 1,08 Mrd. und 2018 auf 855 Mill. Euro verringern sollen. Jedenfalls erwartet Analyst Nicolo Pessina von Mediobanca, dass Campari vorerst nach der jahrelang anhaltenden Kauf-Kampagne kürzertreten muss. Auch Campari-CEO Bob Kunze-Concewitz zeigt sich diesbezüglich vorsichtiger. Der Unternehmenschef erklärte, dass bei einem keineswegs günstigen internationalen Umfeld derzeit der Fokus auf eine Verbesserung der Marktanteile bei den Kernprodukten gelegt werden soll. Ab der zweiten Jahreshälfte werde sich die Akquisition von Grand Marnier positiv auf Umsatz und Ertrag auswirken. GewinnanstiegFür das gesamte Jahr erwarten die Mediobanca-Analysten einen Umsatz von 1,7 Mrd. Euro (+ 2,8 %), der sich bis 2018 auf 1,95 Mrd. Euro erhöhen soll. Stärker als der Umsatz soll sowohl im laufenden Jahr der Nettogewinn um 8,2 % auf 190 Mill. Euro und in den folgenden beiden Jahren um 22,8 % bzw. 11,4 % zunehmen. Gleichzeitig soll das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 392 Mill. Euro im laufenden Jahr (+ 9,6 %) 2017 um 16,7 % und 2018 um 7,5 % zunehmen. Der Gewinn je Aktie soll von 30 Cent im laufenden Jahr auf 45 Cent per 2018 steigen. Die Dividende pro Aktie soll von 9 Cent für 2016 auf je 10 Cent 2017 und 2018 zunehmen. Die Dividendenausschüttung soll von 27 % des Gewinnes für 2016 auf 25 % im kommenden Jahr und von 22 % für 2018 sinken.Die 1860 in Mailand gegründete Aperitif-Firma, die sich vorerst auf die Herstellung des tiefroten Bitter-Aperitifs Campari und den Likör Cordial Campari konzentrierte, hat seit den neunziger Jahren rasant expandiert. Inzwischen umfasst das Portefeuille 50 Marken, im Aperitif-, Wermut- und Grappa-Bereich, bei Tequila und Likören sowie Whisky und Jamaica-Rum – ganz zu schweigen vom reichen Weinsortiment, das von Schaumweinen bis hochqualitativen Rotweinen reicht. Auch wenn bereits vor über zwanzig Jahren mit der Wachstumsstrategie begonnen wurde, als der Wermut-Weltmarktführer die Cinzano-Gruppe erworben hatte, geht die Expansionspolitik vorrangig auf den seit 2007 dem Getränkekonzern vorstehenden Bob Kunze-Concewitz zurück.