GELD ODER BRIEF

Cemex-Aktie gilt als Trump-Profiteur

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 2.12.2016 So einig sind sich Analysten selten hinsichtlich ihrer Empfehlung einer Aktie: Alle acht internationalen Banken, die den mexikanischen Zementkonzern Cemex laut Bloomberg auf ihrem...

Cemex-Aktie gilt als Trump-Profiteur

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtSo einig sind sich Analysten selten hinsichtlich ihrer Empfehlung einer Aktie: Alle acht internationalen Banken, die den mexikanischen Zementkonzern Cemex laut Bloomberg auf ihrem Radarschirm haben, raten zum Kauf. Sie sehen ein deutliches Kurspotenzial: Auf Sicht von zwölf Monaten halten sie im Schnitt einen Kurs von 18,30 Pesos für angemessen. Bezogen auf das aktuelle Niveau von rund 16 Pesos wäre das eine Steigerung von rund 14 %.Neben einer Notierung in Mexico City ist Cemex auch mittels American Depository Receipts (ADR) an der New York Stock Exchange notiert. Nimmt man den wichtigsten US-Benchmark-Index, den Standard & Poor’s 500 (S & P 500) als Maßstab, so hat die Aktie diesen in den vergangenen sechs Monaten abgehängt. Das Papier kommt auf eine Performance in dieser Zeit von rund 25 %, während der S & P 500, obwohl er sich derzeit von Allzeithoch zu Allzeithoch bewegt, nur ein Plus von 7 % aufweist. Kurz vor der amerikanischen Präsidentenwahl hatte die Aktie an der Wall Street sogar noch ein Plus von 40 % aufgewiesen. Dann jedoch wurde der Titel im Abwärtssog praktisch aller mexikanischen Titel nach dem Wahlsieg Donald Trumps mit nach unten gerissen. Auch in der Peso-Notierung hat sich der Titel gut entwickelt. Binnen zwölf Monaten ergibt sich ein Kursplus von 60 %, während der Leitindex IPC auf einen Anstieg von gerade einmal rund 5 % kommt.Auch wenn sich die Aktie dem allgemeinen Abwärtstrend mexikanischer Titel im Gefolge der Trump-Wahl nicht wirklich entziehen konnte, kommt man der Realität näher, wenn man das Unternehmen nicht als mexikanischen Wert, sondern als einen internationalen Konzern auffasst, der seinen Sitz “south of the border” hat. Von den Gesamterlösen des vergangenen Geschäftsjahres 2015 von 14,1 Mrd. Dollar stammten nur noch 2,8 Mrd. Dollar oder 20 % aus dem Heimatmarkt. Von den massiven Wirtschaftsproblemen und der wachsenden Armut in Mexiko bekommt der Konzern also wenig mit. Wichtigster Einzelmarkt sind die aktuell wegen der veränderten politischen Lage für Cemex besonders interessanten USA mit 3,9 Mrd. Dollar Umsatz im vergangenen Turnus (28 % Anteil), vor Nordeuropa mit 3,1 Mrd. Dollar.Der Anteil des US-Geschäfts könnte in Zukunft noch deutlich steigen. So sind beispielsweise die Analysten der US-Bank Sanford C. Bernstein der Ansicht, dass Cemex zu den größten Profiteuren einer von Trump angekündigten Mauer an der Grenze zum südlichen Nachbarn zählen würde.Ob Trump wirklich eine Mauer baut, ist noch völlig offen. Nach der Wahl ist er auf die Idee bislang nicht mehr zurückgekommen. Bauwerke dieser Art, mit denen sich wohlhabende Regionen von ihren armen Nachbarn abzuschotten versuchen, gibt es aber auch woanders. So hat sich beispielsweise Israel gegenüber seinen palästinensischen Nachbarn eingemauert. Und falls Cemex – wie bereits geäußert – mit Blick auf ihren Sitz in Mexiko Skrupel wegen der Lieferung von Beton für die Mauer haben sollte, dürften diese auf Druck des international geprägten Aktionariats nicht lange anhalten. Größte Einzelinvestoren sind BlackRock mit einem Anteil von 8,6 % der Aktien und Vanguard mit 2,9 %. Der mexikanische Wettbewerber Cementos Chihuahua, an dem Cemex mit 23 % beteiligt ist, hat schon durchblicken lassen, dass man gerne Zement für das Projekt liefern würde. Lange GrenzeDie Grenze der USA zu Mexiko ist ungefähr 2 000 Meilen lang. Schätzungen zufolge würde das Projekt zwischen 15 und 25 Mrd. Dollar kosten. In dem Gebiet von jeweils bis zu 200 Kilometern nördlich und südlich der Grenze sind in vielen Abschnitten vor allem Cemex-Werke angesiedelt. Die neue US-Administration käme also trotz aller Ressentiments gegen Mexikaner kaum an Cemex vorbei. Aber auch für den Fall, dass sich im Weißen Haus die Erkenntnis durchsetzt, dass der Bau einer extrem teuren Mauer angesichts der massiven Infrastrukturschwächen innerhalb der USA eher unsinnig wäre, sieht es für Cemex gut aus. Von dem angekündigten Infrastrukturprogramm Trumps von bis zu 1 Bill. Dollar würde der mexikanische Konzern ohne Zweifel stark profitieren. Zumindest teilweise ist das auch schon im Aktienkurs eingepreist. Verschuldung im DollarInsofern kann man bei Cemex nicht mehr von einer günstigen Aktie sprechen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19,6 auf Basis der Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate befindet sich der Titel inzwischen auf dem Niveau der Wettbewerber. Ein Problem stellt aus Sicht von Analysten die hohe Verschuldung des Konzerns dar, wovon ein Großteil, nämlich etwa 80 %, in Dollar lautet. Die Schulden betrugen per Ende September rund 14 Mrd. Dollar bzw. das 6,5-Fache des operativen Ergebnis (Ebitda). Per Ultimo 2015 waren es noch 15,3 Mrd. Dollar bzw. das 5,8-Fache des Ebitda. Das ist insofern ein Problem, als die Verschuldung zu einem hohen Anteil im Dollar besteht, der Cash-flow aber nur zu einem deutlich geringeren Anteil im Dollar erwirtschaftet wird. Cemex ist somit wie auch andere lateinamerikanische Zementhersteller durchaus anfällig für Währungskursschwankungen.Der Konzern hat daher angekündigt, seine Verbindlichkeiten zu reduzieren. In den Jahren 2016/17 soll es Desinvestments über 1,5 bis 2 Mrd. Dollar geben. Gemessen an den angekündigten, aber noch nicht abgeschlossenen Verkäufen wären 2016 bereits 1,2 Mrd. Dollar eingetütet. Erst vor wenigen Tagen wurde der Verkauf des US-Geschäfts mit Betonröhren im Volumen von 500 Mill. Dollar an den US-Wettbewerber Quikrete bekannt gegeben.Die Analysten von Goldman Sachs nahmen den jüngsten Verkauf in den USA zum Anlass, ihre Kaufempfehlung für die Aktie noch einmal zu bestätigen. Sie verweisen aber darauf, dass eine weitere Aufwertung des Dollar zu den wichtigsten Risiken gehört.