IM BLICKFELD

CfD-Beschränkungen könnten nach hinten losgehen

Von Christopher Kalbhenn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 9.8.2018 In dieser Woche hat die BaFin vor Anbietern von CfDs (Contracts for Difference), binären Optionen und Forex-Handel gewarnt, die diese Geschäfte im Internet anbieten, nicht lizenziert sind...

CfD-Beschränkungen könnten nach hinten losgehen

Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtIn dieser Woche hat die BaFin vor Anbietern von CfDs (Contracts for Difference), binären Optionen und Forex-Handel gewarnt, die diese Geschäfte im Internet anbieten, nicht lizenziert sind und in vielen Fällen Offshore-Briefkastenanschriften als Sitz angeben. Es bestehe ein hohes Risiko, die Rückzahlung der eingezahlten Gelder beziehungsweise die Auszahlung erwirtschafteter Gewinne nicht durchsetzen zu können.Etliche, in vielen Fällen dubiose CfD-Anbieter mit Sitz außerhalb der EU wittern derzeit eine große Geschäftschance und sind aktiv auf Kundenfang. Hintergrund sind die von der europäischen Marktaufsicht ESMA erlassenen Beschränkungen für das Angebot von CfDs, die seit dem Monatsbeginn EU-weit gültig sind. So dürfen Privatkunden keine CfDs mehr angeboten werden, die eine Nachschusspflicht beinhalten, eine Einschränkung, die 2017 von der BaFin bereits für Deutschland verfügt wurde. Damit sollen Private vor Verlusten geschützt werden, die im Falle extremer Marktbewegungen über das auf ein CfD-Konto eingezahlte Kapital hinausgehen und potenziell ruinös hohe Nachzahlungen zur Folge haben könnten. So geschehen während des Franken-Schocks im Januar 2015: Ein Anleger erlitt bei 2 800 Euro Wetteinsatz einen Verlust von 280 000 Euro.Nach den neuen Regeln, die zunächst drei Monate lang gelten, sind CfD-Anbieter auch verpflichtet, Verlustbegrenzungsmechanismen zu implementieren, das heißt automatische Glattstellungen, sobald die Verluste 50 % des mindestens zu hinterlegenden Kapitals erreichen. Sie sind auch verpflichtet zu einer standardisierten Risikowarnung, die eine aktuelle Warnung über die auf einem CfD-Konto aufgelaufenen Verluste einschließt. Verboten sind ferner Anreize zum Handel, etwa ein nicht auszahlbares Gratis-Spielkapital. Zudem gelten Höchstgrenzen für die Hebel, mit denen Private auf Kursveränderungen setzen dürfen. Sie betragen u. a. 30:1 für große Wechselkurspaare sowie 20:1 für kleinere Wechselkurspaare, Gold und größere Aktienindizes.Die neuen Regeln bedeuten eine erhebliche Verbesserung des Schutzes von Privatanlegern, werfen aber auch Probleme auf. So gelten die Beschränkungen undifferenziert für alle Privaten, völlig unabhängig von ihrer Anlageerfahrung und damit ihrem Schutzbedarf. Sie betreffen sowohl die Anleger, deren Erfahrung sich auf das Sparbuch und Einlagen beschränkt und die in jedem Fall von CfDs fernzuhalten sind, als eben auch erfahrene Anleger, die die Risiken abschätzen können und wissen, was sie tun, wenn sie sich auf CfDs einlassen. Diese semiprofessionellen Akteure, von denen einige sogar ihren Lebensunterhalt mit dem CfD-Handel bestreiten, wollen nach wie vor etwa den Euro-Dollar-Kurs oder den Dax mit höheren Hebeln als den jetzt maximal zulässigen handeln können. AusweichreaktionenDamit besteht die Gefahr von Ausweichreaktionen, wodurch die Beschränkungen teilweise nach hinten loszugehen drohen. Eine Möglichkeit besteht darin, sich bei einem CfD-Anbieter als Profi registrieren zu lassen. Entsprechende Lösungen werden derzeit von den CfD-Anbietern aufgesetzt. So hat CMC Markets ein CMC Pro genanntes Angebot für den deutschen Markt gestartet. Dieses Angebot, das den ESMA-Beschränkungen für Private entsprechend keine Nachschusspflicht beinhaltet, ermöglicht weiterhin den Handel mit Hebeln von bis zu 200:1 und beinhaltet zudem Rabatte als Anreiz für aktive Trader. Kunden, die den Service nutzen wollen, müssen zwei von drei Voraussetzungen erfüllen: Mindestens zehn Geschäfte von “erheblichem” Umfang pro Quartal während des letzten Jahres an einem relevanten Markt, ein Bankguthaben und Finanzinstrumente im Wert von mehr als 500 000 Euro sowie mindestens ein Jahr relevante Berufserfahrung am Kapitalmarkt.Eine weitere Alternative ist der Handel auf Plattformen von CfD-Anbietern mit Sitz außerhalb der EU. Für sie gelten die Beschränkungen nicht, und die ESMA hat keinen Zugriff auf sie. In dem Maße, in dem sich Semiprofessionelle für diese Alternative entscheiden, werden die Beschränkungen unterlaufen bzw. konterkariert. Die “Flüchtlinge” würden damit auf der Kontrolle der ESMA unzugänglichen Plattformen handeln und sich ebenjenen Risiken, die die Beschränkungen aufheben sollen, darunter die Nachschusspflicht, wieder aussetzen. Hinzu kommen weitere Risiken wie erhebliche Schwierigkeiten, bei EU-ausländischen Anbietern Ansprüche geltend zu machen.Der CfD-Verband, dessen Mitglieder einen Teil ihres Geschäfts zu verlieren drohen, unterstützt die Beschränkungen weitgehend, übt aber Kritik, was insbesondere die niedrigeren Hebel angeht. “Mit den Beschränkungen hat die ESMA am Ziel vorbeigeschossen, und sie werden auch nicht zum Ziel führen”, sagte der Geschäftsführer des Verbands, Rafael Neustadt, der Börsen-Zeitung. “Gerade die nicht lizenzierten Anbieter schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden, weil die ESMA es schwierig macht, Produkte anzubieten, die die Anleger wollen.” Das Problem sei nicht das Produkt CfD, sondern der Vertrieb. “Wir hätten Regeln gewünscht, nach denen CfDs nur Kunden angeboten werden dürfen, für die das Produkt angemessen ist.” Der Verband befürchtet, dass zwischen 10 und 20 % der Kunden seiner Mitglieder zu einem EU-ausländischen Anbieter wechseln könnten. Er moniert, dass die Kundenklassifizierung der ESMA nur Gegenpartei, Professionelle und Private kennt und bei Letzteren nicht nach Erfahrung unterscheidet. Erfahrung berücksichtigenInsofern bietet sich aber auch eine potenzielle Lösung in Form einer differenzierten Klassifizierung der Privatinvestoren an, die nach Erfahrung unterscheidet. Anleger, die nach sorgfältiger Prüfung als CfD-geeignet eingestuft würden, könnten dann mit den gewünschten höheren Hebeln auf von der ESMA beaufsichtigten Plattformen handeln und dadurch mit besserem Schutz als auf EU-ausländischen Plattformen.