IM INTERVIEW: CARL WONG, NEXUS INVESTMENT ADVISORS

"China-Bonds zunehmend attraktiv"

Portfoliomanager über chinesische Anleihen in einem sich sich wandelndem Umfeld

"China-Bonds zunehmend attraktiv"

– Herr Wong, die hohe Verschuldung chinesischer Unternehmen und lokaler Regierungen gilt als eines der größten Risiken für die Stabilität der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft. Jüngst hat die Ratingagentur Moody’s mit Verweis darauf Chinas Kreditwürdigkeit herabgestuft. Warum setzen Sie dennoch auf China?Wenn man Moody’s Modell folgt, sind die vorgebrachten Bedenken durchaus richtig am Platz, doch das nur mit Blick in den Rückspiegel. Sechs oder zwölf Monate nach vorn schauend bietet sich ein ganz anderes Bild. Wenn alles so wie von den chinesischen Konjunkturlenkern gewollt läuft, wird der Verschuldungsgrad der Wirtschaft Mitte 2018 deutlich gefallen sein und werden die Systemrisiken damit markant abgenommen haben. Gleichzeitig sind infolge der erneut steigenden Preise auch die Unternehmensgewinne im Steigen begriffen. Dadurch wird sich die Qualität privater wie auch staatlicher Verbindlichkeiten verbessert haben, was chinesische Anleihen dementsprechend attraktiv macht.- Das Emissionsvolumen auf dem chinesischen Markt für Unternehmensanleihen war in den vergangenen Monaten rückläufig. Gleichzeitig ist aber auch die Liquidität auf dem Markt infolge regulatorischer Eingriffe deutlich zurückgegangen. Das sieht nicht gerade nach einem Aufschwung aus.Das Volumen der auf dem Onshore-Markt aufgelegten Bonds ist tatsächlich zurückgegangen, doch dürfte sich das in der zweiten Jahreshälfte ändern. Wichtig für uns ist vor allem, dass das Emissionsvolumen des in Dollar denominierten Offshore-Markts in den vergangenen Monaten ein deutliches Wachstum aufgewiesen hat. Es erreichte in den ersten fünf Monaten des Jahres 30 Mrd. Dollar, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum einem Plus von beinahe 40 % entspricht.- Peking will den chinesischen Anleihenmarkt weiter öffnen. Wirkt sich das bereits heute auf Ihre Investitionsstrategie aus?Nicht groß, denn der Markt bleibt ja für Investoren, die von außerhalb Festlandchinas kommen, mit Ausnahme einzelner Nischen weiter weitgehend geschlossen. Wir investieren hier und heute, das heißt außerhalb des Festlands, in dollarnotierte und außerhalb des Festlands gehandelte chinesische Anleihen. Dabei konzentrieren wir uns voll auf das Kredit- und nicht das Wechselkursrisiko. Investoren sollten sich dabei das Beispiel Japan vor Augen halten, wo Investoren aus dem Dollarraum trotz einer günstigen Entwicklung auf dem Bondmarkt erhebliche wechselkursbedingte Verluste hinnehmen mussten.- Die Zinsen in den USA ziehen an. Wie wird sich das auf chinesische Anleihen auswirken?Steigende US-Zinsen müssen nicht unbedingt schlecht für chinesische Anleihen sein. Das heißt nicht, dass innerhalb kürzester Zeit sehr viel teurer werdendes Geld auf dem internationalen Bondmarkt keinen Schaden anrichten würde. Doch können die Folgen graduell steigender Zinsen weitgehend durch Termingeschäfte neutralisiert werden.- Chinas Premierminister Li Keqiang hat im März die Schaffung einer neuen Plattform angekündigt, durch die der chinesische Anleihenmarkt via die Börse Hongkong für ausländische Investoren weit geöffnet werden soll. Was heißt das für Sie?Zuerst einmal bringt es bürokratische Erleichterungen mit sich, was sich entsprechend positiv auf die Investitionskosten auswirken wird. Vorderhand bleibt es angesichts noch nicht bekannter Details aber noch offen, wie sich das auf unsere Investitionsstrategie auswirken wird. Jetzt schon steht aber fest, dass das Projekt schließlich nur dann zum Tragen kommt, wenn es einmal entsprechend vergleichbar attraktive Renditen abwirft.- China hat das ambitiöse Projekt einer neuen Seidenstraße lanciert, in dessen Rahmen in den kommenden Jahren von Fernost bis Europa reichend Billionen von Dollar in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden sollen. Wie wird sich das auf den chinesischen Anleihenmarkt auswirken?Das Projekt setzt langfristig laufende Finanzierungsmechanismen voraus. Bankkredite, die normalerweise eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren haben, sind dafür nicht das ideale Instrument. Anders Anleihen, die über zehn, zwanzig oder noch mehr Jahren laufen. Das bedeutet auch, dass die neue Seidenstraße für uns ganze neue Chancen bietet. Aber es bleibt abzuwarten, ob die Rahmenbedingungen gerade in weniger entwickelten und politisch riskanteren Ländern entlang der Seidenstraße gut genug sind. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, werden sich auch die Anleihenkurse entsprechend schlecht entwickeln, womit für Investoren auch die Anreize wegfallen würden.—-Das Interview führte Ernst Herb.