Branchenaussichten

China-Fantasie stützt Bergbauaktien

Die Hoffnung auf eine anziehende chinesische Nachfrage stützt die Aktien der Bergbaukonzerne. Allerdings sind die Analysten für die Aussichten des Sektors eher zurückhaltend eingestellt.

China-Fantasie stützt Bergbauaktien

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

China ist einer der Haupttreiber der positiven Entwicklung der Aktienmärkte. Die Aufhebung der Corona-Restriktionen sowie Maßnahmen zur Stützung des angeschlagenen Immobiliensektors und zur Belebung der Konjunktur schüren Hoffnungen, dass die Wirtschaft des Landes an Fahrt gewinnen wird, mit positiven Auswirkungen für die gesamte Weltwirtschaft.

Metallprognosen erhöht

Zu den Branchen, die besonders stark betroffen sind von Veränderungen in China, dem größten Rohstoffimporteur der Welt, zählt der Bergbausektor. Einige Wertpapierhäuser haben ihre Prognosen für die Indus­triemetallpreise und Kursziele für Bergbauaktien angehoben, so zuletzt Berenberg. Das Institut, das neben der Entwicklung in China auf niedrige Lagerbestände und die Aussicht auf kleinere Zinsschritte der Fed sowie eine Metallpreise stützende Dollar-Schwäche verwies, hat seine Erwartungen für die Preise für Kupfer, Eisenerz, Aluminium und Nickel für den Zeitraum von 2023 und 2024 um zwischen 13% und 35% erhöht. Die Aktien von BHP und Rio Tinto hat es mit von 2300 auf 3100 (aktueller Kurs: 2805) Pence und von 4000 auf 6700 (derzeit 6204 Pence) erhöhten Kurszielen von „Hold“ auf „Buy“ und von „Sell“ auf „Buy“ hochgestuft. Für die weiter zum Halten empfohlene Anglo American hat die Bank ihr Kursziel von 2700 auf 3600 (3673) Pence erhöht. Zunächst rechnet sie u. a. aufgrund des chinesischen Neujahrsfests noch mit einer schwierigen Phase für die Metallpreise im ersten Quartal, ab dem Sommer aber mit anziehenden Notierungen.

Stoxx Europe 600 geschlagen

Die Aktien der diversifizierten Bergbaukonzerne quittieren die China-Fantasie mit steigenden Kursen. Mit Ausnahme von Glencore (8,3%) haben sie seit Mitte Dezember den Stoxx Europe 600 (6,4%) recht deutlich geschlagen, vor allem Anglo American (17,9%) gefolgt von BHP (12%) und Rio Tinto (9,7%). Allerdings sind die Experten nicht unisono von der Branche als „China Reopening Play“ überzeugt. „Unserer Meinung nach handeln die Metallpreise eher auf Basis von Erwartungen über die Nachfrage nach dem chinesischen Neujahrsfest als auf Basis fundamentaler Gegebenheiten“, so die UBS. Daher ergebe es im aktuellen Umfeld wenig Sinn, spezifische Niveaus anzusetzen. Aufgrund u. a. der Erwartungen über das Erreichen des Inflations- und Zinshochs, eines schwächeren Dollar und niedriger Lagerbestände hält die Bank zwar weitere Preisanstiege für möglich. Die fundamentalen Gegebenheiten stützten aber keine nachhaltigen Gewinne in den nächsten sechs bis zwölf Monaten, so dass das Risiko-/Ertragsverhältnis von Industriemetallen und Bergbauaktien nach den jüngsten Gewinnen nicht überzeugend sei. Nach Meinung der UBS wird die Erholung in China durchwachsen ausfallen. Ferner glaubt sie, dass die Aussicht auf eine milde Rezession bzw. geringes Wachstum in Europa und den USA nicht das Umfeld für eine starke Metallnachfrage darstellt.

Vor allem Halteempfehlungen

Durchwachsen ist auch die Einschätzung der Aktien durch die Analysten. In den von Bloomberg erfassten Empfehlungsbilanzen sind mehr Halte- als Kauf-Voten vorzufinden und auch einige Verkaufsempfehlungen. Eine Ausnahme ist Glencore mit 16 Kauf- und 2 Halteempfehlungen. Die Deutsche Bank etwa rät mit einem Kursziel von 575 (derzeit 577 Pence) zum Kauf, während sie Anglo American, BHP und Rio Tinto nur zum Halten empfiehlt. Für Glencore spricht der Bank zufolge eine in dem Sektor führende Position, was die Cashflow-Generierung und Auskehrungen an die Anteilseigner betrifft. Für 2023 erwartet sie Dividendenausschüttungen von 9,3 Mrd. Dollar, was einer Dividendenrendite von 9,2 % entspreche, sowie Aktienrückkäufe im Umfang von 5 Mrd. Dollar. Ferner sähen einige die Aktie mittlerweile als eine Art Energiewert an. Glencore sei jedoch auch der weltgrößte Produzent von Industriemetallen, und dieser Teil des Unternehmens sei nach wie vor unterbewertet. Das Marketing-Geschäft sei ein echtes Unterscheidungsmerkmal, das über den Zyklus hinweg für eine starke Cashflow-Generierung sorge. Ferner könnte eine mögliche Veräußerung der Agrarsparte dem Institut zufolge für Impulse sorgen. Barclays stuft den Titel mit einem Kursziel von 600 Pence mit „Overweight“ ein. Die Aktie ist der Branchenfavorit des Instituts. Für eine längere Zeit höhere Kohlepreise aufgrund von Veränderungen in der EU-Energiepolitik und Angebotseinschränkungen sollten für die absehbare Zukunft für starke Cashflows sorgen, so die Bank.

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