China hadert mit der Yuan-Schwäche
Chinas Zentralbank hat seit Frühjahr alle Hände voll damit zu tun, sich gegen den Abwärtstrend des Yuan am Devisenmarkt zu stemmen. Die chinesische Währung hat zwischen April und Juli-Beginn gut 5% gegenüber dem Dollar abgewertet, obwohl der Greenback in dieser Periode im weltweiten Maßstab keineswegs zur Stärke neigte. Ende Juni läuteten die Alarmglocken, als man mit 7,26 Yuan zum Dollar wieder sehr nahe an das Ende Oktober verbuchte Fünfzehnjahrestief bei 7,33 Yuan je Dollar herankam.
Bewährungsprobe für den Yuan
Chinas Zentralbank geht Wechselkursschwäche offensiver an – Spekulationsdruck nimmt ab
Chinas Zentralbank stemmt sich energischer gegen eine auffällige Talfahrt des Yuan. Nun lassen auch die Wetten auf ein neues Fünfzehnjahrestief der chinesischen Währung gegenüber dem Dollar nach. Für eine kräftigere Erholung braucht es allerdings neue Hoffnungswerte an der Konjunkturfront.
nh Schanghai
Von Norbert Hellmann, Schanghai
Die Lage hat sich zuletzt etwas entspannt, nachdem die Aussicht auf eine Inflationsdämpfung in den USA den Dollar jüngst auf ein Zweimonatstief dirigierte. Im Onshore-Handel verhalf das dem Yuan am Mittwoch zu einer deutlichen Erholungsbewegung auf 7,17. Allerdings könnten die am Donnerstag einlaufenden chinesischen Außenhandelsdaten für Juni in Form eines verschärften Exportknicks neue Unruhe erzeugen. Den nächsten Orientierungspunkt bieten dann kommenden Montag die Daten zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal sowie zu Produktion und Konsum im Juni.
Verletzter Währungsstolz
Für die chinesische Regierung und die ihr gegenüber weisungsgebundene Zentralbank ist die prononcierte Yuan-Schwäche der letzten Monate in mehrfacher Hinsicht ein Ärgernis. Zum einen konterkariert sie die Sichtweise, dass ausländische Investoren dem chinesischen Kapitalmarkt nach der Aufhebung der harten Corona-Restriktionen neues Vertrauen schenken und auf eine stark anziehende Wirtschaftsdynamik setzen. Damit wird das von Peking sorgsam gepflegte Bild des Yuan als ultrastabile asiatische Safe-Haven-Währung getrübt. Zum anderen limitiert der Abwertungsdruck den Spielraum der Zentralbank, mit klaren Zinssenkungsimpulsen der im zweiten Quartal eindeutig aus dem Tritt gekommenen Konjunktur stärker unter die Arme zu greifen. Bislang war ein vorsichtiges Herabschleusen der chinesischen Leitzinsen um gerade einmal 10 Basispunkte das Höchste der Gefühle.
Seit Wochen mangelt es an verheißungsvollen Konjunkturdaten, die den von Peking geschürten Optimismus hinsichtlich eines flotteren Erholungstempos der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte rechtfertigen. Entsprechend hat sich die People’s Bank of China (PBOC) seit Juli-Beginn mächtig ins Zeug gelegt, um ein Abgleiten der Währung jenseits der Marke von 7,30 Yuan je Dollar zu verhindern. Dabei wurden mit strammen Vorgaben beim Fixing des Referenzkurses zum Dollar, um den die Währung handelstäglich bis zu 2% schwanken darf, erste Erfolge erzielt.
PBOC im Stützungsmodus
Wenn der von der PBOC gesetzte Mittelkurs deutlich von Marktvorgaben des Vortages abweicht, wissen die Marktteilnehmer, dass der Währungshüter in den Stützungsmodus übergeht, um nach seinen Worten „einseitige Wetten“ auf fundamental nicht gerechtfertigte Wechselkurse zu unterbinden. Anders als in heißen Devisenmarktphasen in den vergangenen Jahren hat die Zentralbank bislang auf Notmaßnahmen zur Erschwerung oder Verteuerung von Baissespekulationen verzichtet.
Als während des Handelsstreits zwischen China und den USA der Kurs unter die damals als marktpsychologisch eminent wichtig angesehene Marke von 7 Yuan je Dollar zu fallen drohte, ließ die PBOC eine gesonderte Mindestreserve für Forward-Kontrakte, sprich Yuan-Terminverkäufe erheben, um das Eingehen von Short-Positionen auf die heimische Währung prohibitiv teuer zu machen. Vor zwei Jahren wiederum wählte die PBOC in einer Schwächephase einen sanfteren Weg, indem sie den chinesischen Geschäftsbanken eine Mindestreserve auf Fremdwährungseinlagen abverlangte.
Derzeit verzichtet man lieber auf sichtbare Maßnahmen, die Alarmstimmung signalisieren. So sah man zuletzt eine diskretere Beeinflussung der Dollar-Nachfrage von heimischen Unternehmen und Privatinvestoren. Seit Juni haben die durchweg staatskontrollierten Großbanken damit begonnen, die Zinsen auf Dollar-Einlagen ihrer heimischen Kunden zu reduzieren. So haben die Institute den üblicherweise gebotenen Aufschlag auf die sogenannte Secured Overnight Financing Rate (Sofr) in den USA stark zusammengestrichen. Effektiv hat sich die Verzinsung von einjährigen Dollar-Depositen der Geschäftskunden, die Anfang Juni noch bei 6% lag, auf etwa 5,1% reduziert.
Die chinesischen Privatkunden gebotene Verzinsungsrate für einjährige Einlagengelder im Dollar wurde wesentlich drastischer von 4,5 auf 2,8% gekappt. Dies ist ein beredtes Zeichen dafür, dass der chinesische Staat Umschichtungen fürchtet, die mangelndes Vertrauen des breiten Publikums in Yuan-Anlagen signalisieren und den schwächelnden Aktienbörsen Liquidität entziehen.
Entspannte Prognose
Aller Voraussicht nach wird man es bei diesen Maßnahmen vorerst belassen. Seit Anfang Juli hat der Spekulationsdruck in Sachen Yuan-Baisse abgenommen. Das Gros der Marktteilnehmer geht nicht mehr davon aus, dass die Marke von 7,3 Yuan je Dollar überschritten wird und der Yuan auf ein Fünfzehnjahrestief zum Dollar geht. Gegenwärtig pendeln sich die Prognosen für Yuan-Dollar zu Septemberende auf 7,2 ein, um dann bis Jahresultimo auf die 7er Marke einzuschwenken.