China Risikofaktor für Autoaktien

Credit Suisse erwartet Einbußen für deutsche Hersteller - Favoriten sind Fiat Chrysler und Renault

China Risikofaktor für Autoaktien

Besonders die deutschen Autokonzerne haben lange vom Boom in China profitiert. Diese Zeiten sind nun vorbei, so eine Studie der Credit Suisse, Chinesen kauften zunehmend einheimische Marken. Bei den so beliebten SUV fehlten den Deutschen attraktive neue Modelle.amb Frankfurt – Durch den Einbruch an den chinesischen Börsen sind die Aktien europäischer Autobauer unter Druck geraten. Gerade die deutschen Autokonzerne, für die China enorm wichtig ist, mussten Federn lassen. Nun warnt Credit Suisse in einer Studie weiter zur Vorsicht und verweist auf Gefahren aus China, aber auch aus Europa. Allerdings wird differenziert, die größten Auswirkungen habe der Crash in China auf BMW und VW, die beiden deutschen Konzerne werden daher mit “Underweight” eingestuft. Auf “Overweight” gesetzt werden hingegen Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und Renault, bei Daimler und Peugeot wird mit “Neutral” votiert. Einheimische holen aufLange galt China als der Wachstumstreiber Nummer 1 für die europäischen Autokonzerne. Nun scheint der Motor aber ins Stottern zu geraten. Nicht nur, dass das BIP-Wachstum in China abflacht, die lange als Statussymbol schlechthin geltenden deutschen Premiummarken verlieren in der Gunst der Chinesen an Boden, wie Credit Suisse erläutert. Chinesische Autos würden immer beliebter. Das liege zum einen daran, dass China derzeit besonders in mittelgroßen Städten wachse, wo allein schon aus Preisgründen eher zu einheimischen Marken gegriffen werde. Zum anderen sei aber auch die Qualität der chinesischen Autos deutlich besser geworden, die Lücke zu den Europäern schließe sich. Nicht zuletzt passe sich Chinas Autoindustrie besser dem Geschmack der Chinesen an – und die haben eine Vorliebe für SUV (Sport Utility Vehicles).Für die deutschen Autobauer sind das schlechte Nachrichten: China steuert laut Studie mittlerweile 40 % zu den Gewinnen der drei deutschen Autokonzerne bei. Am größten sei die Abhängigkeit bei VW, der Konzern erwirtschafte 52 % seines Nettogewinns und 71 % seines Cash-flows in China, bei BMW seien es jeweils 36 %. Besser stehe Daimler da mit 27 % und 21 %. “Für VW und BMW wird sich die Lage auch nicht deutlich verbessern, vor allem wegen fehlender neuer SUV-Modelle”, heißt es in der Studie. Daimler könne in Sachen SUV hingegen mit dem neuen kompakten GLA punkten. Auf der anderen Seite hätten Konzerne wie Fiat Chrysler mit den neuen Jeep-Modellen durchaus gute Chancen in China. Peugeot habe ihre Angebotspalette deutlich verbessert und die Kosteneffizienz erhöht. Probleme auch in EuropaDoch nicht nur in China laufe es nicht mehr rund, für Europa zeichnet die Bank für die kommenden 12 bis 18 Monate ein zumindest gemischtes Bild: Der Autoabsatz in Deutschland und Großbritannien werde an Schwung verlieren, vor allem im Segment Firmenwagen, das in beiden Ländern den Markt dominiere. Erste Anzeichen seien ein nachlassendes Wachstum im Leasing-Geschäft in Deutschland sowie Preisrückgänge in Großbritannien.Besser sei die Lage in Italien und Frankreich, hier ziehe die private Nachfrage an. Für Frankreich prognostiziert Credit Suisse zum Beispiel ein Plus von 5,6 % bei den Absatzzahlen 2016. Risikobehafteter sei der spanische Markt. Der Grund: die im ersten Quartal 2016 auslaufenden Subventionen für Neuwagenkäufe. Nach einem Zuwachs von 19 % in diesem Jahr prognostizieren die Experten für 2016 daher einen Rückgang um 6 %.Favorit der Analysten ist Fiat Chrysler, die Aktie sei viel zu billig, als Kursziel werden 18,30 (aktuell 14,03 Euro) genannt. Der Konzern habe mit Italien und Frankreich die “richtigen” Absatzmärkte, auch in China und Nordamerika sei FCA gut positioniert. Im Übrigen werde am Markt der Wert der Tochtergesellschaft Ferrari, die noch in diesem Jahr an die Börse gebracht werden soll, unterschätzt: Ferrari müsse als Luxusgut bewertet werden, statt der am Markt geschätzten 3,3 bis 5,4 Mrd. Euro seien 10,5 Mrd. Euro angemessen. Beim Gewinn je Aktie von Fiat Chrysler rechnen die Analysten mit 1,02, 1,72 und 2,31 Euro für 2015 bis 2017.Für ebenfalls unterbewertet hält die Schweizer Bank Renault, hier wird das Kursziel bei 116 gesetzt (aktuell 93,24 Euro). Renault eigne sich als Investment für Anleger, die auf eine Erholung in Europa setzen wollten. Für den zum Renault-Konzern gehörenden rumänischen Autobauer Dacia werde es zwar langfristig schwierig, das Wachstumstempo beizubehalten, kurzfristig sehen die Analysten aber noch Chancen in Ländern wie Italien und Großbritannien. Außerdem werden noch Einsparpotenziale durch die Kooperation mit Nissan ausgemacht. Risiken gebe es allerdings durch Dacia in Spanien, wo der Konzern von den Subventionen sehr profitiert habe. Die Gewinnprognosen je Aktie belaufen sich auf 10,15, 12,84 und 13,90 Euro für 2015 und die Folgejahre. BMW und VW UnderweightGewarnt wird unterdessen vor BMW (Kursziel 94, aktuell 95,58 Euro) und VW (Kursziel 200, aktuell 200 Euro). Für beide lautet das Votum auf “Underweight”. Bei BMW komme zu den Risiken durch China noch das verlangsamte Wachstum in den wichtigen Absatzmärkten Deutschland, Großbritannien und den USA hinzu. Beim Gewinn je Aktie prognostiziert die Bank 9,78, 9,66 und 9,44 Euro für 2015, 2016 und 2017. Noch negativer fällt die Einschätzung von VW aus. Hier sei die Angebotspalette in China dürftig. Die Marktanteile bei SUV in China gingen zurück, neue Modelle werde es vorerst nicht geben. Die Vorteile des Baukastensystems (MQB) bei der Konstruktion seien zudem höchst fraglich, das Margenziel von über 6 % für die Marke VW im Jahr 2018 halten die Analysten für unrealistisch. Nicht zuletzt werde der Wert von Porsche überschätzt. Die Gewinnprognosen liegen für 2015 bis 2017 bei 24,54, 25,08 und 25,58 Euro je Aktie.Für mehr oder weniger angemessen bewertet halten die Experten Daimler (Kursziel 86, aktuell 84,44 Euro) und Peugeot (19,10, aktuell 18,23 Euro). Daimler werde durch die geringere Abhängigkeit noch am wenigsten unter einer China-Flaute leiden, problematisch seien allerdings die Verlangsamung im Lkw-Geschäft in Nordamerika und das sich eintrübende Europageschäft. Je Aktie wird für 2015 bis 2017 ein Gewinn von 7,55, 7,98 und 7,76 Euro erwartet. Peugeot biete eine solide Equity Story, die Kosten seien deutlich gesenkt worden, die Margen in China würden voraussichtlich steigen. Positiv gewertet wird auch das Joint Venture mit dem chinesischen Autobauer Dongfeng. Allerdings spiegelten sich die hohen Erwartungen bereits im Kurs wider. Die Gewinnprognosen liegen für 2015 bis 2017 bei 0,98, 1,58 und 1,80 Euro.Die meisten Analysten sind bezüglich BMW nicht ganz so pessimistisch wie Credit Suisse, es dominieren die Halteempfehlungen. Etwa haben Morgan Stanley, Bernstein Research, Warburg und Independent Research mit “Equal Weight”, “Market-Weight” oder “Hold” votiert, die Deutsche Bank und J.P. Morgan empfehlen den Kauf, Kepler Cheuvreux und Goldman Sachs den Verkauf. Allerdings hat Warburg trotz bestätigter Halteempfehlung das Kursziel für BMW von 118 auf 105 Euro gesenkt, die Analysten rechnen für das zweite Quartal, die Zahlen werden für den 8. August erwartet, mit einer gemessen am Vorjahresquartal gesunkenen Marge im Autogeschäft.Bezüglich VW fallen die Urteile viel positiver aus, es gibt überwiegend Kaufempfehlungen, darunter von der Deutschen Bank, Bernstein, J. P. Morgan, DZ Bank, BNP Paribas und der Commerzbank. Neben Credit Suisse rät nur Equinet zum Verkauf. J. P. Morgan hat trotz “Overweight”-Einstufung das Kursziel von 271 auf 253 Euro gesenkt, wegen geringerer Wachstumsannahmen für den chinesischen Automarkt für dieses und nächstes Jahr. VW wird am 29. Juli ihre Quartalszahlen vorlegen.Ähnlich sieht es bei Daimler aus, hier wird ebenfalls meist zum Kauf geraten, unter anderem von Equinet, der Deutschen Bank, J. P. Morgan und der Commerzbank. Equinet nennt ein Kursziel von 108 Euro. Das abgelaufene Quartal habe dem Autobauer voraussichtlich erneut eine positive Umsatz- und Gewinndynamik beschert, heißt es. Verwiesen wird auf die zuletzt starke Absatzentwicklung bei Mercedes-Pkw und -Lkw, mehr Modelleinführungen sowie Nachholeffekte im Chinageschäft. Die aktuellen Zahlen von Daimler werden für den 23. Juli erwartet.