Chinas ältester Leitindex erhält eine Mini-Reform

Erstmals Tech-Werte im Shanghai Composite

Chinas ältester Leitindex erhält eine Mini-Reform

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDer Shanghai Stock Exchange Composite Index (SSEC), der die Gesamtheit der an der Börse Schanghai notierten A-Aktien abbildet, ist mit einer am Donnerstag wirksam gewordenen Indexanpassung zum ersten Mal überhaupt in seiner Zusammensetzung verändert worden. Ziel der Indexanpassung ist es, erstmals Technologiesektorwerte, die auf dem vor genau einem Jahr aufgezogenen neuen Schanghaier Börsensegment Star Market lanciert wurden, sukzessive auch in die offizielle Benchmark aufzunehmen. Gleichzeitig wurde eine knappe Hundertschaft von besonders riskant eingestuften oder praktisch kaum gehandelten Titeln in einer Art Reinigungsprozedur aus dem vor 30 Jahren geschaffenen, ältesten Börsenbarometer Chinas verbannt.Der Börsenbetreiber Shanghai Stock Exchange versucht somit nach eigenen Angaben, gewissen Indexverzerrungen zu begegnen. Diese führen unter anderem dazu, dass der Shanghai Composite seiner eigentlich angedachten Funktion einer Abbildung der Dynamik des chinesischen Wirtschaftsspektrums nicht so recht nachzukommen vermag. Erstaunlicherweise hat der Shanghai Composite als eine weltweite Ausnahmeerscheinung in den zehn Jahren nach der großen Finanzkrise, also zwischen 2009 und 2019, rund 7 % an Wert verloren. Im gleichen Zeitraum allerdings hat sich das Bruttoinlandsprodukt der mittlerweile weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft fast verdreifacht.Ob die jetzt eingeleiteten Indexveränderungen den Shanghai Composite tatsächlich an eine realistischere Abbildung der realwirtschaftlichen Performance heranrücken können, wird von Marktexperten stark bezweifelt. Letztlich handelt es sich wohl weniger um eine grundsätzliche Reform als um ein bisschen Kosmetik, mit der die aufstrebenden und neu an den Star Market gekommenen Technologiefirmen ein wenig von ihrer Dynamik auf den Index abfärben lassen.An der Grundkritik institutioneller Anleger am Shanghai Composite hat sich allerdings nichts geändert: Nach wie vor basiert der Index nämlich auf dem Marktwert aller dort gehandelten Aktien und nicht auf dem der tatsächlich handelbaren Titel. Dies führt allein deshalb zu Verzerrungen, weil bei zahlreichen chinesischen Staatsriesen überwiegend de facto nicht handelbare Anteile vorliegen. Dies gilt insbesondere für die chinesischen Großbanken, die als Schwergewichte in den Index eingehen, obwohl ihre handelbaren Aktien nur einen relativ geringen Anteil des Gesamtkapitals ausmachen.