GELD ODER BRIEF

Citigroup bereitet sich auf lange Krise vor

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 31.7.2020 Amerikanischen Investmentbanken wie Goldman Sachs geht es in der gegenwärtigen Krise gut, da sie stark von den Stützungspaketen der Notenbank Fed und der Regierung in Washington...

Citigroup bereitet sich auf lange Krise vor

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtAmerikanischen Investmentbanken wie Goldman Sachs geht es in der gegenwärtigen Krise gut, da sie stark von den Stützungspaketen der Notenbank Fed und der Regierung in Washington profitieren. Auch die gegenwärtige Blase am Aktienmarkt – vor allem im Technologiesektor – verleiht ihnen Rückenwind. Die US-Großbanken haben es da schon schwerer, weil sie stärker von der Realwirtschaft abhängig sind, die von der Pandemie schwer getroffen ist. Wer sich die Citigroup ansieht, kann dies eindeutig am Aktienkurs ablesen: Trotz der Rally am US Aktienmarkt kommt die Aktie im laufenden Jahr immer noch auf einen Kursverlust von rund 37 %. Zum Vergleich: Die Aktie von Goldman Sachs notiert derzeit nur noch 14 % unter dem Niveau von Ende Dezember. Citigroup steht damit aber nicht allein, denn auch Bank of America und J.P. Morgan Chase kommen auf eine ähnliche Börsen-Performance mit Verlusten gegenüber dem Stand vom Jahresanfang von mehr als 30 %. Vor dem Ausbruch der Krise notierten Citigroup noch auf rund 80 Dollar. Gegenüber seinem am 23. März auf dem Höhepunkt der Krise erreichten Tiefpunkt von 32 Dollar hat sich der Titel aber wieder um rund 60 % erholt. Kontrolle verlorenTrotz der Tatsache, dass die US-Regierung die Kontrolle über die Pandemie verloren hat und die Folgen für die amerikanische Realwirtschaft, die von Großbanken wie der Citigroup mit Krediten versorgt wird, damit noch gar nicht abgeschätzt werden können, sind die Analysten gegenüber der Aktie sehr positiv eingestellt. Nach Angaben von Factset raten 20 von 26 Banken zum Kauf des Titels mit dem einst von Chrysler übernommenen Börsenkürzel “C”. Zwei Häuser stufen ihn mit “Overweight” ein und vier mit “Hold”. Verkaufsempfehlungen gibt es gar keine. Nach Einschätzung der Analysten hat die Aktie auch einiges an Kurspotenzial. Das durchschnittliche Ziel für den Aktienkurs in zwölf Monaten liegt bei 69 Dollar. Damit hätte der Titel ein Kurspotenzial von immerhin rund 37 %. Die Anleger setzen offenbar darauf, dass die US-Regierung und die Fed alles unternehmen werden, um die US-Banken zu stützen und einen Kollaps des amerikanischen Bankensystems zu vermeiden – womit sie zweifellos auch richtig liegen. Die Fed hat bereits über Anleihenkäufe 2,4 Bill. Dollar an Liquidität in das amerikanische Bankensystem gepumpt. Allerdings preisen die Anleger derzeit auch eine recht zügige Erholung der amerikanischen Volkswirtschaft von der Pandemie ein, ein Szenario, hinter das immer mehr Fragezeichen zu setzen sind.Das jüngste Quartalsergebnis der Citigroup ist recht positiv ausgefallen, wozu vor allem das Investment Banking beigetragen hat. Allerdings haben sich die vier US-Großbanken, darunter auch die Citi-group, auf eine Fortsetzung und Verschlimmerung der Krise vorbereitet. Insgesamt verfügt das Institut über Reserven dafür, dass fast 4 % aller Kredite ausfallen. Damit geht die Citigroup eindeutig nicht von einer V-förmigen Konjunkturerholung, insbesondere in den USA, aus. In dem Bereich mit dem größten Kreditrisiko, dem Kreditkartengeschäft, betragen die Rückstellungen sogar 11,2 % der Kreditkartensalden. Insgesamt haben sich die faulen Kredite bei der Citigroup in Nordamerika seit Dezember verdoppelt, außerhalb dieser Region sind sie um 59 % gestiegen. In Nordamerika gehören bereits 1,2 % der Ausleihungen zu den faulen Krediten. Im ersten Halbjahr 2020 hat die Citigroup ihre Risikovorsorge verdoppelt, und zwar von 9,9 Mrd. Dollar im Consumer-Geschäft auf 19,6 Mrd. Dollar und von 4,3 Mrd. Dollar im Corporate-Geschäft auf 8,7 Mrd. Dollar. Die Citigroup verfügt selbst im relativ sicheren Hypothekengeschäft über eine deutlich höhere Risikovorsorge als beispielsweise die Bank of America.Ansonsten fällt auf, dass das bei der Citigroup wichtige Kreditkartengeschäft im Rahmen der Krise stark gesunken ist, und zwar von einem Kreditkarten-Volumen im vierten Quartal 2019 von rund 152 Mrd. Dollar auf 109 Mrd. Dollar im zweiten Quartal 2020. Im ersten Halbjahr kam die Sparte auf einen Verlust von 1,3 Mrd. Dollar, ein Ergebnis vor allem der höheren Risikovorsorge. Wie andere Banken auch bemüht sich die Citigroup offenbar auch darum, das Hypothekengeschäft mit risikoreicheren Kundengruppen zurückzufahren. Firmenkunden haben zudem ihr Kreditvolumen verkleinert. Auf der Aktivseite profitiert die Bank von einem krisenbedingt kräftigen Anstieg der Einlagen sowohl von Privat- als auch Firmenkunden. Letztlich gehen die meisten Analysten mit Blick auf die Zahlen davon aus, dass die Citigroup durch eigene Vorsorge und die massive Staatshilfe für den Sektor auch für eine Verschlimmerung der Krise in den USA gewappnet ist und nur bei einer starken Verschlechterung der Situation ihre Dividende kürzen muss. Freigebige AusschüttungenBei der Dividende hatte sich die Citigroup allerdings in letzter Zeit im Gleichschritt mit anderen US-Großbanken sehr freigebig gezeigt. Gemäß der “10k”-Pflichtveröffentlichungen hat die Großbank 2019 das 1,2-Fache ihres Nettogewinns an Dividenden und Aktienrückkäufen ausgeschüttet. Dies geht schon seit 2017 so, als bei einem Jahresverlust von 6,2 Mrd. Dollar insgesamt 17 Mrd. Dollar durch Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe ausgekehrt wurden. Mittlerweile hat die US-Notenbank die großen Banken angewiesen, im dritten Quartal auf Aktienverkäufe zu verzichten und die Dividenden nicht zu erhöhen. Die Fed möchte damit wohl eine peinliche Situation wie nach der Finanzkrise der Jahre 2007/08 vermeiden, als die Großbanken, die vorher gegenüber ihren Aktionären sehr großzügig gewesen waren, mit Staatsgeld gerettet werden mussten. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Citigroup im laufenden Jahr 37,3 Mrd. Dollar an langfristigen Schulden zurückzahlen muss, im kommenden Jahr 38,1 Mrd. Dollar und 2022 weitere 27,1 Mrd. Dollar. Aber mit dem Staat im Rücken ist das kein Grund zur Sorge.