Covered-Bond-Kaufprogramm endet: EZB steht weiter Gewehr bei Fuß
Kreditwürdig
Covered-Bond-Kaufprogramm endet: EZB weiter Gewehr bei Fuß
Von Jürgen Homey*)
Das dritte Covered-Bond-Kaufprogramm (CBPP3) der Europäischen Zentralbank (EZB) ist zum 30. Juni 2023 geendet. Fast neun Jahre lang war CBPP3 als Teil des Anleihekaufprogramms (APP) der EZB ein massiver Eingriff in den Covered-Bond-Markt. Kumuliert kauften die Währungshüter so gedeckte Bankanleihen im Volumen von insgesamt mehr als 490 Mrd. Euro (plus 6 Mrd. Euro im Rahmen von PEPP). Der Bestand des CBPP3-Portfolios lag Ende Juni bei über 295 Mrd. Euro und damit nur unweit von seinem historischen Höchststand von 304 Mrd. Euro von Anfang 2023 entfernt. Diese Summe entspricht rund der Hälfte aller CBPP3-fähigen Anleihen, die im iBoxx € Covered Index enthalten sind.
Spreadkompression nach 2014
Die Auswirkungen auf die Risikoaufschläge und die Liquidität von Covered Bonds waren angesichts des Umfangs der Käufe erheblich. Dies dürfte die EZB billigend in Kauf genommen haben. Bei CBPP3 ging es, anders als bei den zwei Vorgängerprogrammen, nicht um die Unterstützung des Covered-Bond-Markts. Die EZB verfolgte mit ihren APP-Käufen, zu denen auch CBPP3 zählte, ein geldpolitisches Ziel. Nämlich deflatorischen Tendenzen entgegenzuwirken. Deshalb kaufte sie preisunelastisch, um ihre Mengenziele zu erreichen. Die hohe Nachfrage der EZB nach Covered Bonds zog sich über die gesamte Eurozone hinweg. Als CBPP3 im September 2014 angekündigt wurde, betrug der Abstand zwischen dem Swap-Spread für den deutschen und französischen Subindex im iBoxx € Covered Index knapp 13 Basispunkte (BP). Der Abstand von Deutschland zum Gesamtindex lag bei rund 31 BP. Die Ankündigung von CBPP3 ließ bereits die Risikoaufschläge schmelzen. Als die Käufe im Oktober 2014 begannen, betrug die Spreaddifferenz zwischen Deutschland und Frankreich nur noch gut 6 BP und der Abstand von deutschen Pfandbriefen zum Gesamtindex war nur noch etwa 13 BP. Deutschland und Frankreich waren keine Einzelfälle. Die Risikoaufschläge der Covered Bonds aus der Eurozone wurde durch CBPP3 großflächig massiv komprimiert. Vor allem die Swap-Spreads südeuropäischer Covered Bonds profitierten am stärksten. Natürlich atmeten die Risikoaufschläge während der Phase der CBPP3-Käufe und reagierten damit auf Entwicklungen wie die Corona-Pandemie. Je länger CBPP3 lief, desto enger wurden die Spreads und Spreadabstände.
Negative Crowding-out-Effekte
Für Investoren ergab sich daraus eine willkommene Performance für die gedeckten Anleihen in ihrem Bestand. Gleichzeitig bedeutete die Kompression der Swap-Spreads, dass die Risikoaufschläge bei Neuanlagen für immer weniger Investoren eine angemessene Kompensation für die Kreditrisiken darstellten. In Kombination mit dem geringen Renditeniveau führte dies dazu, dass viele private Investoren in den Jahren 2015 bis 2021 dem Covered-Bond-Markt den Rücken kehrten (Crowding-out). Dies wiederum belastete die Marktliquidität.
Jeder, der schon einmal versucht hat, sich das Rauchen oder Kaffee abzugewöhnen, kennt Entzugserscheinungen. Auch der Markt für Covered Bonds ist davon betroffen, wenngleich die EZB den Übergang in die Post-CBPP3-Zeit schonend gestaltete. Schon im Juli 2022 wurden die Nettoneukäufe im APP eingestellt. Im März 2023 wurden die Reinvestitionen reduziert, bevor sie Ende Juni komplett eingestellt wurden. Ähnlich wie zu Beginn von CBPP3 war es bereits die Ankündigung des Endes der Käufe, die zu einer schrittweisen Spreadausweitung der Covered Bonds führte. Zum Glück sind aufgrund des seit 2022 gestiegenen Renditeniveaus viele Investoren wieder zurückgekehrt (Crowding-in). Die Entzugserscheinungen von den CBPP3-Käufen in Form von Spreadausweitungen hielten sich deshalb in Grenzen.
Weitere Auswirkungen
Das Ende der CBPP3-Käufe wird dennoch weitere Auswirkungen haben. Im Gegensatz zu den geldpolitisch motivierten Käufen der EZB schwankt das Kaufinteresse privater Investoren je nach Nachrichtenlage. Deshalb dürften sich die Swap-Spreads von Covered Bonds künftig volatiler als in den vergangenen Jahren entwickeln. Die Risikoaufschläge von Covered Bonds werden außerdem wieder stärker durch Kreditthemen beeinflusst. Die Spreadlandschaft zwischen den Emittenten aus aller Herren Länder dürfte sich deshalb stärker differenzieren. Dabei gilt, dass die Risikoaufschläge von Anleihen, die durch CBPP3 am stärksten profitiert hatten, jetzt die größten Spreadrisiken aufweisen.
Bessere Liquidität
Es gibt aber auch Lichtblicke! Die Liquidität von Covered Bonds, die ab Juli aufgelegt werden, wird nicht mehr durch CBPP3 beeinträchtigt sein. Allerdings wird sich die Liquidität von gedeckten Anleihen, die die EZB im CBPP3-Bestand hält, nicht von allein erholen. Insgesamt wird sich die Lage am Covered-Bond-Markt nach knapp neun Jahren CBPP3 peu à peu normalisieren. Aber was heißt eigentlich normal nach Lehman, globaler Finanz- und europäischer Staatsschuldenkrise, TLTRO, CBPP3, Brexit, Corona, dem Ukraine-Krieg und der aktuellen Krise bei den US-amerikanischen Regionalbanken?
Vermutlich wünscht sich niemand CBPP4 herbei. Aber die EZB hat seit 2009 mit CBPP1 gezeigt, dass sie, falls nötig, bereit ist, den Covered-Bond-Markt zu unterstützen. Auch wenn CBPP3 nicht zur Unterstützung des Covered-Bond-Markts gedacht waren, dürften sie jedoch den Markt in schwierigen Phasen gestützt haben. Und Herausforderungen gab es seit Ende 2014 genug. Die Unterstützung durch die EZB könnte Teil der neuen Normalität am Covered-Bond-Markt sein. Falls wieder einmal eine Krise auf ihn zurollt, dürfte es eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür geben, dass die Zentralbank wieder eingreifen wird.
Mit ihrer mutmaßlichen Bereitschaft zur Unterstützung wird die EZB der hohen Bedeutung des Covered Bond für die Refinanzierung europäischer Banken gerecht. Ratingagenturen honorieren dies mit Boni in ihren Bewertungsmethoden. Beispielsweise wird die Anhebung des Ausgangspunkts für das Covered-Bond-Rating von Moody’s & Co regelmäßig anhand dieser und ähnlicher Argumentationen begründet.
Unterstützung durch die EZB
Künftig können sich die Risikoaufschläge wieder ungestört nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage entwickeln. Die Risiken und Nebenwirkungen sehen wegen der Aussicht auf eine Unterstützung durch die EZB, falls die in der Zukunft wieder nötig sein würde, überschaubar aus. Alles in allem ist es aber zu begrüßen, dass CBPP3 zu Ende geht. Dies wird dem Covered-Bond-Markt guttun. Hoffentlich wird CBPP4 nicht nötig werden.
*) Jürgen Homey ist Leiter des Covered-Bond-Research bei der DZ Bank.