Covered-Bond-Spreads unter Aufwärtsdruck
Kreditwürdig
Covered-Bond-Spreads unter Aufwärtsdruck
Von Carsten Lüdemann*)
Die großen Notenbanken EZB und Fed haben die Kapitalmärkte auf ihren Zinsentscheiden im September aufgeschreckt. Die Euro-Notenbanker überraschten mit einer nochmaligen Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte (BP), hinterließen aber den Eindruck, dass dies die letzte Zinserhöhung in diesem Zyklus gewesen sein könnte. Die Fed wählte den umgekehrten Weg. Sie veränderte den Leitzins erstmals nach elf Anhebungen in Folge nicht, stellte aber klar, dass sie durchaus noch zu einer erneuten Zinsanpassung nach oben bereit wäre. Vor allem aber machte Chairman Powell deutlich, wie ernst es den Notenbankern mit dem „higher for longer“ ist, also der Ansage, die Leitzinsen tatsächlich noch für geraume Zeit auf hohem Niveau zu halten. In der Folge ist die Rendite vornehmlich von Bonds mit längeren Laufzeiten noch einmal kräftig angestiegen. Auch die europäischen Zinsmärkte zeigten sich hiervon beeindruckt: Die Renditen kletterten auf Höchststände, die seit dem Höhepunkt der Euro-Krise im Jahr 2011 nicht mehr gesehen worden sind.
Der kräftige Renditeanstieg der zurückliegenden Wochen belastete die Kapitalmärkte allgemein und zehrte nunmehr auch an Covered Bonds. Denn während diese die diversen Turbulenzen in der jüngeren Vergangenheit noch recht gut überstanden hatten und nur geringe Ausweitung der Risikoaufschläge gegenüber Swapsätzen erfuhren, hat sich der vorsichtige Aufwärtstrend bei den Spreads von gedeckten Anleihen nun weiter beschleunigt. Und auch am Neuemissionsmarkt für Covered Bonds wird die Luft dünner. Seit Ende August haben sich Emittenten die Aufnahme neuer Bonds mit zunehmend steigenden Neuemissionsprämien erkaufen müssen. Inzwischen werden auch für beliebte Adressen 10 bis 15 BP aufgeschlagen. Manche Neuemissionen hatten trotz hoher zusätzlicher Prämien Schwierigkeiten bei der Auflage. So leidet beispielsweise die Deutsche Pfandbriefbank schon länger unter einer schleppenden Nachfrage für ihre Bonds. Und angesichts der aktuell angespannten Lage am Gewerbeimmobilienmarkt stört viele Anleger der sehr hohe Anteil gewerblicher Deckungsmasse im Stock. Die Anleihe war daher trotz des erstaunlich hohen Spreads von Mid-Swaps 27 BP Marktberichten zufolge nicht vollständig gezeichnet und weitete sich in den ersten Handelstagen am Sekundärmarkt deutlich aus. Für nachfolgende Emittenten wurde der Markt dadurch nicht einfacher, und auch sie mussten tiefer in die Tasche greifen. In der Folge haben sich auch alte ausstehende Anleihen am Sekundärmarkt mittlerweile spürbar im Spread geweitet. Seit Jahresbeginn werden deutsche Pfandbriefe im Schnitt um etwa 10 BP, spanische und österreichische Covered Bonds auch bis zu 15 BP weiter gepreist. Dies sind allerdings nur Bildschirmpreise, Kundennachfrage blieb zunächst aus. Bei Anfrage von Geldkursen für größere Abschnitte ist sicherlich mit deutlichen Spreadaufschlägen zu rechnen.
Immobilienmarkt belastet
Eine qualitative Belastung für hypothekenbesicherte Covered Bonds droht durch die Immobilienmärkte. Hier müssen sich Investoren nunmehr erstmals seit vielen Jahren mit Preisrückgängen auseinandersetzen. So sind die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland im zweiten Quartal 2023 im Rekordtempo gesunken. Sie fielen im Jahresvergleich um durchschnittlich 9,9%, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Dies war der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Dieser Trend gilt auch für den gesamten Euroraum. Hier sind die Preise zwar weniger stark, aber mit 1,7% im Vergleich zum Vorjahresquartal erstmals seit 2014 wieder gefallen. Auch aus Euro-out-Ländern werden teils kräftige Preisrückgänge gemeldet.
Noch stärker ist der Preisverfall in Deutschland jedoch für Gewerbeimmobilien. Sie verloren im direkten Quartalsvergleich 2% und gegenüber Vorjahr 10,3% im Wert. Für die Bewertung der hinterlegten Deckungsstöcke für Pfandbriefe sollte die Preisentwicklung dennoch weiterhin keine größere Beeinträchtigung darstellen. Auch die Geschäftsergebnisse der Banken insgesamt leiden bisher nicht allzu sehr unter dem Wirtschaftsabschwung. Zwar haben europäische Banken im zweiten Quartal ihre Kreditvorsorge teils deutlich erhöht, dennoch sind die Berichte zum zweiten Quartal dank der gestiegenen Renditen überwiegend sehr positiv ausgefallen. Auch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hebt in ihrem Bericht zum ersten Quartal 2023 den erfreulich positiven Trend bei Non-Performing Loans (NPL) der Banken hervor. So sind die NPL-Quoten europäischer Banken im Jahr 2020 von 2,5% per März 2023 auf 1,6% gesunken. In Deutschland standen sie bei 1,0%, in Italien bei 2,4% und in Spanien und Portugal bei jeweils 3,0%, allesamt deutlich niedriger als noch vor wenigen Jahren.
Vor dem Hintergrund stark volatiler Rentenmärkte flaute die Neuemissionstätigkeit zum Herbstanfang weiter ab. Einige Emittenten zogen sich vorläufig zurück, andere waren aber durchaus erfolgreich. So konnte die leicht exotisch anmutende südkoreanische Kookmin Bank einen Bond mit 3,5 Jahren Laufzeit ordentlich platzieren. Des Weiteren hat die Compagnie de Financement Foncier SA für ihren Social Covered Bond über 500 Mill. Euro sogar Zeichnungen von mehr als 3 Mrd. Euro eingesammelt und konnte den anfänglich genannten Spread von Mid-Swap 40 BP auf Mid-Swap 32 BP reduzieren. Doch der Oktober könnte noch anspruchsvoll werden. In diesem Monat stehen Fälligkeiten von Euro-Covered-Bonds in Höhe von knapp 15 Mrd. Euro an, die noch auf Anschlussfinanzierungen warten, sofern dies nicht schon in den sehr kräftigen Neuemissionen im Jahresverlauf vorgeholt worden ist. Im schwachen Septembergeschäft ergab sich aber bereits eine Netto-Emissionslücke von 5 Mrd. Euro. Abgesehen davon ist der Oktober auch sehr beliebt für Vorfinanzierungen für das neue Jahr, doch diese werden wohl zunächst warten müssen.
In den kommenden Wochen bleibt das Marktumfeld für Covered Bonds herausfordernd. Aktuell bremst die Verunsicherung um den Israel-Krieg die Neuemissionspipeline zusätzlich aus. Somit dürften sich einige Mandate für neu geplante Covered Bonds aufstauen, was tendenziell steigende Neuemissionsprämien bedeuten sollte. Zusammen mit dem deutlichen Renditeanstieg der letzten Monate sollten sich in den nächsten Wochen Chancen auf attraktive neue Covered Bonds ergeben.
*) Carsten Lüdemann arbeitet im Makro Research der DekaBank.