KRIM-KRISE

Crash an Moskaus Börse

Index Micex sackt um 10,8 Prozent ab - Euro steigt erstmals über die Schwelle von 50 Rubel

Crash an Moskaus Börse

Die Eskalation der Krim-Krise und die Befürchtung einer Staatspleite der Ukraine haben gestern an den osteuropäischen Finanzmärkten zu teilweise heftigen Kurseinbußen geführt. Die Börse Moskau erlitt mit einem Indexverlust von mehr als 10% einen Crash, der Euro erreichte erstmals Kurse oberhalb der Schwelle von 50 Euro.ck Frankfurt – Die sich weiter verschärfende Krim-Krise hat den Druck auf die osteuropäischen Finanzmärkte zum Wochenauftakt deutlich erhöht. Bereits durch die drohenden Staatspleite der Ukraine angeschlagen, brachen die Notierungen teilweise heftig ein. Betroffen war vor allem die Moskauer Börse, an der es zu einem regelrechten Crash kam.Der Index Micex sackte um 10,8 % ab. Ferner setzte die russische Währung ihre Talfahrt fort. Dadurch stieg der Euro erstmals über die Marke von 50 bis auf rund 50,50, ehe er zuletzt mit einem Plus von 1,1 % bei 50,27 Rubel gehandelt wurde. Die russische Zentralbank reagierte mit Interventionen und einer Anhebung des Leitzinses von 5,5 % auf 7 %. Letzteres begründete sie mit Inflationsgefahren und Risiken für die Finanzstabilität, die sich aus den Marktturbulenzen ergäben. Der im Jahr 2020 fällige Dollar-Bond Russlands lag am Abend mit 2,63 Prozentpunkten im Minus.Die osteuropäischen Aktien- und Anleihemärkte sowie die Währungen der Region standen mit nur wenigen Ausnahmen unter sehr starkem Druck. So büßte der Hauptindex der Kiewer Börse 6,7 % ein, während die ukrainische Währung zuletzt mit einem Plus von 1 % bei 9,75 Hrywnja pro Dollar lag. Der im Jahr 2017 fällige Dollar-Bond der Ukraine verlor 5,75 %. In Warschau und Budapest büßten die Hauptindizes 5,2 % und 3,6 % ein. Auch die Wiener Börse geriet aufgrund der engen Verzahnung mit Osteuropa in den Abwärtssog. Der ATX verlor 3,7 %. Der polnische Zloty und der ungarische Forint gaben zum Euro um 1,3 % und 1,1 % nach. An der Moskauer Börse waren unter den großen Standardwerten insbesondere die Staatsbanken schwach. VTB Bank sackten bis auf 0,03357 und damit auf den niedrigsten seit dem Juli 2009 ab, ehe sie mit einer Einbuße von 17,5 % bei 0,03475 Rubel schlossen. Sberbank verloren 14,9 %. Pikanter Investor DayDie Aktie des ebenfalls staatlich kontrollierten Öl- und Gasriesen Gazprom büßte 13,9 % ein. Pikant war dabei, dass gestern zeitgleich der jährliche Investor Day des Unternehmens in London stattfand. Gazprom bestreitet einen erheblichen Teil ihres Gasgeschäfts mit der Ukraine. Der ukrainische Partner Naftogaz, der Gazprom noch rund 1,5 Mrd. Dollar schuldet, droht auszufallen. Zudem könnte es zu Störungen beim Gasexport über die Ukraine kommen. Nach Einschätzung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) könnte Gazprom Ertragseinbußen zwischen 10 % und 15 % erleiden, wenn Naftogaz die Zahlungen aussetzen sollte. Deren im September 2014 fällige Dollar-Anleihe fiel gestern um 7,1 %. Lieferunterbrechungen nach Europa würden Gazprom laut der LBBW rund 1 % des Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen kosten). Das Institut hält zwar eine kurzfristige Eskalation der Krise für möglich, hält dies jedoch für eine “kurzfristige Thematik”. Angesichts der nun gestiegenen Risiken stuft sie die Gazprom-Anleihen, die sie grundsätzlich aber als “Additional Investment” einstuft, von “Buy” auf “Hold” zurück. Russland-Risiko reduziertRaiffeisen Capital Management hat auf die Verschärfung der Situation schon letzte Woche mit der Reduzierung des Russland-Risikos reagiert. “Wir haben in den Portfolien, in denen wir ein entsprechendes Mandat haben, ein Drittel der ukrainischen Assets verkauft und teilweise russische Assets abgesichert”, sagte Robert Senz, Chief Investment Officer (Fixed Income) von Raiffeisen Capital Management, gestern der Börsen-Zeitung. “Wir erwarten keinen Krieg, aber es gibt noch viele Fragezeichen, die zu beantworten sind. Die ukrainische Präsidentenwahl findet erst im Mai statt, und bis dahin wird es viel Säbelrasseln geben. Wichtig ist, wer in der Ukraine neuer Machthaber wird und wie die russische Führung mit ihm auskommt. Die Krise wird sich nicht so schnell verziehen.”Die DZ Bank begrüßte gestern die russische Leitzinserhöhung und äußerte sich zuversichtlich, dass sich die Lage relativ zeitnah wieder entspannen wird. Die jüngsten Kursverluste des Rubel hingen vor allem damit zusammen, dass die zunehmende politische Isolation zu Handelsbeschränkungen oder dem Ausschluss Russlands aus dem G 8-Staatenbündnis führen könne. Glaubwürdigkeit gestärktVor dem Hintergrund der inflationsgetriebenen Notenbankpolitik habe russische Zentralbank die richtige Entscheidung gefällt und damit die eigene Glaubwürdigkeit gestärkt. “Wir gehen davon aus, dass sich in der nächsten Zeit eine politische Lösung des russisch-ukrainischen Konflikts abzeichnen wird. Daraufhin sollte die Risikoaversion der Investoren zurückgehen und wieder verstärkt Fundamentaldaten eine Rolle spielen. Bei einer Stabilisierung der russischen Währung und einer Inflationsentwicklung, die den Erwartungen der Notenbank entspricht, halten wir eine Senkung der Leitzinsen in 2014 für möglich. Sichere Anzeichen für eine friedliche Lösung des Konfliktes sollten den Druck von der russischen Währung nehmen und für eine Konsolidierung von Euro-Rubel in Richtung des Vorkrisenniveaus von 48 Rubel führen.”