GELD ODER BRIEF

Daimler überzeugt die Analysten

Von Isabel Gomez, Stuttgart Börsen-Zeitung, 17.7.2015 Bei öffentlichen Auftritten von Dieter Zetsche, dem Vorstandsvorsitzenden des Autokonzerns Daimler, sieht man ihm die Entspannung deutlich an. Es läuft gut bei dem Stuttgarter Autokonzern. Kein...

Daimler überzeugt die Analysten

Von Isabel Gomez, StuttgartBei öffentlichen Auftritten von Dieter Zetsche, dem Vorstandsvorsitzenden des Autokonzerns Daimler, sieht man ihm die Entspannung deutlich an. Es läuft gut bei dem Stuttgarter Autokonzern. Kein Vergleich zu früheren Jahren, in denen sich Sorgenfalten auf Zetsches Stirn zeigten und er verkappte Gewinnwarnungen ausgeben musste. Daimler hat spätestens nach einem guten Gesamtjahr 2014 und einem von Analysten gelobten ersten Quartal Oberwasser.Davon hat seit Jahresbeginn auch die Aktie profitiert. Der Kurs stieg in diesem Zeitraum um gut 20 %. Bei den Wettbewerbern der Marke Mercedes, die den Großteil des Konzernumsatzes bringt, BMW und Audi, fiel der Anstieg mit 10 % und 14 % deutlich geringer aus.Erst in den vergangenen Monaten ließ der Schwung nach. Auf Sicht von drei Monaten verloren Daimler 10 %, BMW 19 % und VW 17 %. Grund dafür waren vor allem die Sorgen um das abflauende Wachstum in China, dem weltweit wichtigsten Absatzmarkt. Die meisten Analysten können das bei Daimler nicht nachvollziehen, eine Woche vor Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Quartal.Von 36 Analysten empfehlen laut Bloomberg-Konsensus 25 den Kauf, acht raten, das Papier zu halten, und drei empfehlen den Verkauf. Der durchschnittliche Zielkurs für die Aktie liegt bei 101 Euro. Am Donnerstag schloss das Papier bei 85,08 Euro. Die Gründe der Optimisten unter den Analysten sind vielfältig. China, Trucks, ModelleChina ist für die Autobauer die größte Chance und das größte Sorgenkind gleichermaßen. Bisher konnte sich Daimler dem abflauenden Wachstum entziehen. Im ersten Halbjahr verkaufte der Konzern in China fast 22 % mehr Pkw der Marke Mercedes als im Vorjahreszeitraum. Alleine im Juni stieg der Absatz um 38,5 %. Audi, der Marktführer in China, kam im Halbjahr auf ein Plus von knapp 2 %, bei BMW waren es 2,5 %.Daimler wurde viel später in China aktiv als die Wettbewerber. In absoluten Verkaufszahlen liegen die Schwaben nach wie vor hinter der Konkurrenz. Analysten sehen darin einen Grund für das Aufwärtspotenzial der Aktie. Sollte die Konjunktur in China weiter stottern, steht bei Daimler weniger auf dem Spiel. Zudem verkaufen sich in China vor allem Luxuswagen sowie SUVs. Autos für eine Kundengruppe, die von einer geringeren Wirtschaftskraft weniger betroffen sein dürfte. Der Daimler-Vorstand selbst rechnet für das Gesamtjahr 2015 mit einem zweistelligen Wachstum der Pkw-Verkäufe in China.Ein weiterer Grund ist die breite Aufstellung in der Nutzfahrzeugsparte durch die Vielzahl an Marken. Insbesondere im wichtigen US-Markt hat Daimler Analysten zufolge dadurch eine sehr gute Position. Die schweren Freightliner-Trucks steigerten ihren Marktanteil in den letzen fünf Quartalen sukzessive auf 40,5 %, schreibt das Bankhaus Lampe. Bis Ende des dritten Quartals sei DTNA (Daimler Trucks North America) nach Konzernangaben ausgebucht.Weil Daimler mit dem starken US-Geschäft und einem anziehenden europäischen Markt Schwächen in Lateinamerika ausgleichen könne, dürfte der Trucks-Bereich “eine signifikante Ergebnissteigerung zum Konzernergebnis beitragen” schreibt Lampe.Der dritte Wachstumsfaktor sind der seit geraumer Zeit vorangetriebene Ausbau der Modellpalette und das Streben nach mehr Effizienz. Mit dem im Juni präsentierten GLC wurde das Portfolio um einen weiteren margenstarken Geländewagen erweitert, 2016 steht eine neue E-Klasse an. Zudem rechnen Analysten mit einer Verbesserung der Gesamtmarge, da Daimler mit dem Ende 2014 abgeschlossenen Programm “Fit for Leadership” 2 Mrd. Euro Kosten eingespart hat.Eine kritische Analystenstimme ist bei Morgan Stanley zu finden. Für Harald C. Hendrikse ist die europäische Autoindustrie seit Oktober 2014 heiß gelaufen – angeführt vom Zulieferer Continental und Daimler. Alle deutschen Autoaktien handelten deutlich über durchschnittlichen Kurs-Buchwert-Verhältnissen, “aber nur Daimler handelt auf einem Allzeithoch”, schreibt der Analyst. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,3 liege jedoch 5 bis 10 % unter dem bisherigen Rekord. Und auch Morgan Stanleys China-Analyst räumt der Aktie Luft nach oben ein. Er traue der Marke Mercedes in China weiter ein sehr starkes Wachstum zu.Mit “Fit for Leadership Next Stage” sollen bis 2020 mehr als 2 Mrd. Euro eingespart werden. Durch Investitionen in Produktionsstandorte im vergangenen und laufenden Jahr und durch mehr Flexibilität innerhalb der Belegschaft will der Konzern bald eine Produktionszeit von 30 Stunden pro Fahrzeug erreichen. 2005 waren es doppelt so viele Stunden. Am Donnerstag gab der Konzern zudem bekannt, die Logistikkosten pro Auto in den kommenden Jahren um ein Fünftel senken zu wollen.Damit eng verbunden ist das Ziel, die operative Rendite der Automobilsparte auf nachhaltige 10 % zu trimmen und so an jene Margen heranzureichen, die BMW und Audi im Premiumsegment längst erwirtschaften. Im ersten Quartal lag die Kennziffer bei 9,2 %, für das zweite Quartal reichen die Schätzungen der Analysten bis 10,3 %. Zetsche sagte Mitte Juni, dass das Ziel bereits greifbar sei.Das neue Kostenprogramm hat sich auf das zweite Quartal noch nicht ausgewirkt. Auch der von Daimler erwartete gute Absatz des GLC wird sich erst im vierten Quartal durchschlagen. Dennoch gehen Analysten davon aus, dass die Aktie von den Zahlen profitiert. Auch, weil Konzernchef Zetsche vor Analysten andeutete, das zweite Quartal werde sehr gut ausfallen. Positive WährungseffekteDabei dürfte Daimler nicht nur operativ zugelegt haben, die Analysten erwarten auch positive Währungseffekte aus dem Währungspaar Euro-Dollar. Holger Schmidt von Equinet rechnet für das zweite Quartal mit einem Beitrag zum Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 150 bis 200 Mill. Euro. Auf Jahressicht könnten es bis zu 1 Mrd. Euro sein.Die Analysten rechnen für das zweite Quartal im Schnitt mit 36,4 Mrd. Euro Umsatz, das wäre ein Anstieg um 15 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Im ersten Quartal lag der Umsatz bei 34,2 Mrd. Euro. Alle Analysten sehen Daimler auf einem sehr guten Weg, das Ergebnis 2015 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu steigern.